NSA belauscht nun Merkels Vertraute
23. Februar 2014Laut der Zeitung "Bild am Sonntag" (BamS) überwacht der US-Geheimdienst NSA derzeit 320 Menschen in Deutschland, darunter vorwiegend hochrangige Politiker und Wirtschaftsbosse. Dafür hat die NSA nach Recherchen der Zeitung 297 Mitarbeiter in Deutschland stationiert. Die Zeitung zitiert einen der NSA-Mitarbeiter mit den Worten: "Wir haben die Order, keinerlei Informationsverluste zuzulassen, nachdem die Kommunikation der Kanzlerin nicht mehr direkt überwacht werden darf."
Bereits im vergangenen Jahr hätten die USA Thomas de Maizière (Artikelbild) abgehört. Damals war er im Gespräch für den Posten des NATO-Generalsekretärs, der nicht ohne Zustimmung der USA vergeben wird. "Wir wollten wissen, ob er für uns wirklich ein verlässlicher Partner ist", erklärte der ranghohe Geheimdienstler den Lauschangriff.
Keine Stellungnahme von de Maizière
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte dazu auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa: "Die Aussagen namentlich nicht genannter Personen werden nicht kommentiert." De Mazière habe sich laut der Zeitung ebenfalls nicht zu den Vorwürfen äußern wollen. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz hatte der CDU-Politiker den USA jedoch Maßlosigkeit in der Spionage vorgeworfen.
Hingegen nahm die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Caitlin Hayden, gegenüber der BamS Stellung: "Die US-Regierung hat deutlich gemacht, dass die Vereinigten Staaten nachrichtendienstliche Informationen der Art sammeln, wie sie von allen Staaten gesammelt werden", sagte sie. Hayden dementierte allerdings in der BamS die Meldung, der Software-Konzern SAP aus Walldorf, ein Konkurrent des US-Unternehmens Oracle, sei im Visier des Nachrichtendienstes. "Die Vereinigten Staaten sammeln keine nachrichtendienstlichen Informationen, um US-Unternehmen Wettbewerbsvorteile zu verschaffen", sagte sie.
"Was soll ich denken?"
Aus der Überwachung de Maizières sei hervorgegangen, wie eng sein Vertrauensverhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel sei. So habe die Kanzlerin den Minister vor wichtigen Entscheidungen mehrfach am Telefon um Rat gefragt. Dabei habe sie zum Erstaunen der Lauschenden die Formulierung gebraucht: "Was soll ich denken?"
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier reist am Donnerstag in die USA. Bei seinen Treffen mit US-Außenminister John Kerry wolle er auch über die Spionage-Affäre sprechen. Der SPD-Politiker geht "nicht davon aus, dass die Amerikaner so weitermachen wie bisher". Dem Magazin "Der Spiegel" sagte er: "Washington hat hoffentlich verstanden, dass die Art des Umgangs mit seinen Partnern auch einen politischen Preis haben kann. Ich bin mir sicher, dass die Überwachung der politischen Führung befreundeter Staaten beendet wird."
nem/sti (afp, dpa, rtr)