US-Botschafter verteidigt seinen "Klartext"
11. Mai 2018"Natürlich ist jedes Land souverän und kann für sich selbst über Sanktionen entscheiden", sagte Richard Grenell der "Bild"-Zeitung. Der 51-Jährige hatte nur wenige Stunden nach seinem Amtsamtritt als neuer US-Botschafter in Berlin deutsche Unternehmen auf Twitter dazu aufgefordert, sich "sofort" aus dem Iran zurückziehen.
Die umstrittene Aussage sei "kein Befehl, keine Anweisung" gewesen, erklärte Grenell nun. Allerdings sprächen Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit Blick auf den Iran selbst von einer Bedrohung. "Wollen Sie mit einer Bedrohung Geschäfte machen?", so der Botschafter. Die Frage, was mit deutschen Unternehmen geschehen solle, die weiter Geschäfte mit dem Iran machen, müsse "die deutsche Regierung beantworten, nicht wir". Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Grenell zur Kritik an seinem Tweet, Diplomat zu sein bedeute für ihn "Klartext zu sprechen - gerade gegenüber Freunden".
Hintergrund der Äußerungen ist die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, sich aus dem Atomabkommen mit dem Iran zurückzuziehen und Sanktionen gegen das Land wieder einzusetzen. Viele deutsche Firmen sehen ihre Geschäfte mit der Islamischen Republik in Gefahr, obgleich der Iran für Deutschland eine wirtschaftlich vergleichsweise kleine Rolle spielt: Der Wert der Warenexporte betrug 2017 drei Milliarden Euro. Das entspricht etwa 0,2 Prozent der deutschen Ausfuhren.
"Ein bisschen Nachhilfe scheint er zu gebrauchen"
Nach Angaben der Funke Mediengruppe sprach sich Grenell auch gegen ein "Gruppendenken" in der Diplomatie aus. Dies habe in der Vergangenheit "großen Schaden" angerichtet. "Nordkorea ist auf dem Weg zur Atommacht - und in Syrien findet seit Jahren ein Völkermord statt. Ich bin gegen Gruppendenken in der Diplomatie."
SPD-Chefin Andrea Nahles hatte den Tweet des Republikaners kritisiert. Es sei zwar nicht ihre Aufgabe, Diplomatie zu lehren, "aber ein bisschen Nachhilfe scheint er zu gebrauchen". Die Linke forderte die Einbestellung Grenells ins Auswärtige Amt. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und ehemalige Botschafter Deutschlands in Washington, Wolfgang Ischinger, riet Grenell, die Politik seines Landes zu erklären, aber niemals dem Gastland zu sagen, was es zu tun habe.
US-Präsident Donald Trump hatte Grenell im September für den Posten ernannt, die Bestätigung durch den Senat hatte sich allerdings hingezogen. Zwischen dem Abgang John Emersons im Januar 2017 und Grenells Amtsantritt hatten die USA keinen Botschafter in Berlin.
hk/sti (dpa, rtr, afp)