Unterwegs mit Wildhütern
11. April 2017Männer in grüner Militärkluft rennen am Ufer des Kariba-See entlang. Die ersten Sonnenstrahlen drängen sich durch die dichten Wolken des noch jungen Morgens. Die Schlachtrufe der Männer sind das einzige Geräusch in der morgendlichen Stille.
Die Männer sind Mitglieder der Bumi-Hills-Anti-Wilderei-Gruppe. Die Gruppe geht massiv gegen Wilderer vor. Am Ufer des Sees trainieren sie für den Einsatz, jeden Tag aufs Neue, zum Schutz der Wildtiere in Simbabwes Sebungwe-Region, rund 400 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Harare.
"So bleiben die Wildhüter an der Spitze ihrer Leistungsfähigkeit, sie bleiben bei der Sache, lernen Respekt und Teamarbeit", sagt Nicholas Milne, als sich die Gruppe nach der Übung für den Einsatz fertigmacht. Der 34-jährige ist der Gründer der gemeinnützigen Bumi Hills-Stiftung.
Das sind überlebenswichtige Übungen, wenn man die Elefanten in der Region schützen will, sagt er. Und die Sebungwe-Region hat mehr Elefanten verloren als jedes andere Gebiet. Insgesamt brach die Population um 74 Prozent ein, so das Ergebnis von Luftaufnahmen, die hier zwischen 2007 und 2014 gemacht wurden.
Milne, eigentlich ein fröhlicher Mensch, der gern und schnell spricht, kann auch sehr ernst werden, wenn es um die Rolle der Elefanten in seinem Leben geht. "Wenn das Schlachten im großen Stil unvermindert weitergeht", sagt er, "dann werden in den nächsten zehn Jahren alle Elefanten verschwunden sein." Damit das nicht passiert, kommt seine Anti-Wilderei-Einheit ins Spiel.
Tradition und Technologie
In den frühen Morgenstunden macht sich die Gruppe auf, um Spuren von Wilderern zu finden. Sie setzt sich zusammen aus Wildhütern aus der Region und ganz Simbabwe. Aus Sicherheitsgründen gibt die Organisation nicht bekannt, wie viele es tatsächlich sind.
Der Job ist gefährlich. Wilderer haben Waffen bei sich, und so sind auch die Wildhüter bewaffnet. Trotzdem wollen sie die Artenvielfalt ihres Landes erhalten, für die Generationen nach ihnen, wie es der ehemalige Polizeibeamte Lewis ausdrückt. Lewis ist nicht sein richtiger Name, wir haben ihn geändert, um seine Identität zu schützen.
"Wenn wir genug Mittel haben und Willensstärke, dann können wir den Krieg gegen die Wilderer gewinnen. Und es ist ein Krieg, wir können unser Leben verlieren. Aber wer würde es an unserer Stelle machen, wenn wir unsere Hände in den Schoß legen?", fragt er.
Die illegalen Jäger zu finden, ist keine leichte Sache. Das Gebiet, das die Wildhüter überwachen müssen, ist riesig. Die Wilderer sind vor allem in der Dämmerung aktiv. So können sie sich in die Dunkelheit flüchten, sollten ihre Schüsse gehört werden.
"Wenn wir sie nicht finden, dann bleiben die Banden für längere Zeit in einem Gebiet und schießen sehr viele Tiere. Erst wenn sie deren Elfenbein nicht mehr transportieren können, hören sie auf. Dann verlassen sie ihren Stützpunkt, um sich mit Mittelsmännern oder Händlern zu treffen", sagt Milne.
In ihrem Patrouillen-Gebiet jedenfalls arbeiten die Wildhüter sehr erfolgreich. Durch den Einsatz moderner Datenanalyse in Echtzeit, kombiniert mit traditionellem Wissen, haben sie die Wilderei von Elefanten weitgehend gestoppt. Vor zwei Jahren wurden noch drei Elefanten am Tag geschossen, heute keiner mehr.
Falscher Alarm
Während unseres Gesprächs greift Milne plötzlich zu seinem Funkgerät. "Da ist ein Mann westlich von …", sagt er und beginnt einen detaillierten, technischen Austausch. Er hat einen möglichen Wilderer am Ufer des Sees gesehen, keine 500 Meter entfernt. Die Ranger bleiben im ständigen Funkkontakt, während Milne ihnen den Weg zu ihrem Ziel weist.
Nach wenigen Minuten huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Die Einheit hat die verdächtige Person gestellt. Es handelt sich nur um einen örtlichen Fischer, der am falschen Ort unterwegs war. Es gibt ausgewiesene Angelgründe entlang des Sees, weit weg von den wichtigsten Schutz-Arealen. Die Ranger nehmen die Daten des Fischers auf und vermerken alles in einer speziellen Software. Nach einer Verwarnung winken sie in durch.
Organisiertes Verbrechen
Personen, die beim Wildern erwischt werden oder Elfenbein besitzen, droht eine neunjährige Freiheitsstrafe. Abschreckend wirkt diese Aussicht allerdings nicht. Der Handel mit Elfenbein ist ein zu lukratives Geschäft mit einem gut organisierten, weltweit aktiven Netzwerk im Hintergrund.
"Angeworben werden die Wilderer von einem Mittelsmann, meist aus einem weiter entfernten Gebiet", sagt Milne. "Der versorgt sie mit Waffen, Munition und Geld im Austausch für Elfenbein und andere Wilderei-Produkte."
Am Ende der Kette zahlen Interessenten zwischen 1000 und 2100 US-Dollar (950 - 1980 Euro) pro Kilogramm Elfenbein. Der Wilderer am Anfang der Kette erhält davon etwa 150 bis 200 Dollar pro Kilogramm, haben die Umweltschützer in Befragungen der Bevölkerung ermittelt. Das ist schon ein kleines Vermögen für die Menschen, die in extremer Armut leben. Deshalb arbeitet die Stiftung auch mit den Menschen zusammen, um nach neuen Einnahmequellen zu suchen und ein Bewusstsein gegen Wilderei zu schaffen.
Im Alleingang
Oppah Muchinguri, die als Ministerin für das Wohlergehen der wildlebenden Tiere zuständig ist, gibt zu, dass es in der Sebungwe-Region ein Wilderei-Problem gibt. Sie macht dafür die löchrige Grenze zu Sambia verantwortlich, die auf der gegenüberliegenden Seite des Kariba-See verläuft. Über diesen Weg komme das Elfenbein außer Landes, zu Händlern und am Ende zu Käufern in Ländern wie China.
"Wir können daran nichts ändern. Aber wir setzen Drohnen ein, um für mehr Kontrollen entlang des Flusses so sorgen, der in den Kariba-See mündet", sagt Muchinguri. "Wir müssen auch Boote und Technik einsetzen, um sicherzustellen, dass wir mit den Wilderern mithalten können."
Bislang sind allerdings keine Regierungsboote oder Drohnen am Kariba-See im Einsatz. Die Tierwelt ist weiterhin der Gnade der Wilderer und dem Einsatz der Wildhüter der Bumi-Hills-Einheit überlassen.
"Es gibt Zeiten, da fragen wir uns, ob sich das alles lohnt. Aber wenn wir es nicht tun, wer wird es dann tun? Wir bleiben Optimisten, so wie es die meisten Simbabwer sind. Wir glauben, dass unsere Bemühungen eines Tages einen Unterschied machen werden, also müssen wir einfach dran bleiben", sagt Milne, während er die Küstenlinie und den See in der Ferne überwacht.