Unterstützung für Afrikas Kleinunternehmer
3. April 2020Afrika ist der Kontinent der Kleinunternehmen: Rund 95 Prozent aller Firmen fallen dort in diese Kategorie. Sie trifft die Corona-Pandemie besonders hart: In vielen Ländern müssen Geschäfte und Betriebe geschlossen bleiben. Rücklagen für Mietzahlungen oder die Gehälter der Mitarbeiter haben nur die wenigsten. Immer mehr Firmen droht die Pleite.
"Die Inhaber kleiner Unternehmen sind entsetzt darüber, was gerade passiert", sagt John Dludlu, Leiter des Südafrikanischen Instituts für Kleinunternehmen (SBI), einer lokalen Lobbyorganisation. "Unsere Mitglieder sind sehr besorgt, sie haben Angst", macht auch Femi Egbesola deutlich, der Präsident des Verbands der Kleinunternehmer in Nigeria.
Afrikanische Regierungen, internationale Organisationen, Unternehmen und sogar Einzelpersonen arbeitet an Maßnahmen, um die Wirtschaft des Kontinents zu unterstützen.
Südafrika
In Südafrika, der größten Industrienation des Kontinents, gilt seit dem 27. März eine Ausgangssperre - zunächst für drei Wochen. Alle nicht notwendigen Geschäfte und Betriebe müssen seitdem geschlossen bleiben.
Die Regierung hat einen Solidaritätsfonds für Spenden eingerichtet, der privat gemanagt wird. Neben der Regierung wollen sich auch einige der reichsten Südafrikaner beteiligen. Die Familien Oppenheimer, Rupert und Motsepe haben angekündigt, jeweils eine Milliarde Rand (umgerechnet rund 50 Millionen Euro) in den Fonds einzubezahlen.
Unklar ist jedoch, wie die Gelder verwendet werden sollen. Laut der südafrikanischen Onlinezeitung "Daily Maverick" soll ein Großteil genutzt werden, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Ein Teil soll jedoch auch Kleinunternehmen zur Verfügung gestellt werden.
Die Regierung hat angekündigt, notleidenden kleinen und mittleren Unternehmen Schuldenerlasse von mehr als zwei Milliarden Rand zu gewähren, also von rund 100 Millionen Euro. Angestellte mit besonders geringen Einkommen sollen außerdem Steuerzuschüsse erhalten, kleine Unternehmen vier Monate lang Steuererleichterungen in Anspruch nehmen können.
Auch die großen Banken des Landes bieten Hilfe an: Betroffene Betrieben können die Rückzahlung von Krediten für drei Monate aussetzen. Doch viele Kleinunternehmer sind von der Vielzahl an Hilfsprogrammen verwirrt, so John Dludlu vom SBI. "Viele Firmeninhaber zeigen sich uns gegenüber frustriert", sagte er der Deutschen Welle.
"Es gibt viele Hilfen von der Privatwirtschaft und vom Staat, um kleine Unternehmen in Südafrika zu unterstützen. Aber viele Inhaber kleiner Unternehmen haben keinen Zugang zu diesen Informationen", so Dludlu. So ist beispielsweise die staatliche Internetseite oftmals nicht erreichbar, über die Firmen Schuldenerlasse beantragen können. "Das war wie bei jedem neuen System auch zu erwarten. Wir bitten unsere Mitglieder daher um Geduld", so Dludlu.
Nigeria
In Nigeria, Afrikas größter Volkswirtschaft, gelten je nach Bundesstaat unterschiedliche Regeln für Ausgangssperren und Unternehmensschließungen. In der Wirtschaftsmetropole Lagos und der Hauptstadt Abuja sind seit Montagabend diverse Einschränkungen in Kraft.
Nach Angaben der Regierung haben bereits Barzahlungen an die 10,7 Millionen ärmsten Einwohner des Landes begonnen. Unklar ist jedoch, wer zu dieser Gruppe gehört und in welchen Regionen das Geld ausgezahlt wird.
Nigerias Zentralbank hat die Leitzinsen rückwirkend vom 1. März von neun auf fünf Prozent gesenkt. Die Regelung soll für ein Jahr gelten. Sie hat zudem Kredithilfen in Höhe von umgerechnet 125 Millionen Euro für Unternehmen angekündigt, die von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Dazu gehören auch kleine Händler und Firmen. Experten glauben jedoch, dass die Summe zu gering ist.
Es gibt zudem Steuererleichterungen und die Regierung plant ein Programm, das Unternehmen davon abbringen soll, Mitarbeiter zu entlassen.
"Angesichts einer Bevölkerung von fast 200 Millionen hat die Regierung nicht genug getan", kritisiert Femi Egbesola vom Verband der Kleinunternehmer Nigerias. "Ich glaube auch nicht, dass sie genug tun können, denn die Staatskassen sind leer." Die fallenden Rohölpreise an den Weltmärkten haben ein riesiges Loch in den Etat des westafrikanischen Landes gerissen. Nigeria ist Afrikas größer Ölproduzent. Die Exporte des Rohstoffs sorgen für gut 90 Prozent der Deviseneinnahmen aus dem Ausland.
Wie in Südafrika kommt auch in Nigeria aus dem Privatsektor Unterstützung, um die Ausbreitung des Coronavirus und die Auswirkungen der Kontaktsperren zu reduzieren. Doch noch gibt es dafür keinen zentralen Fonds. Bei den Kleinstunternehmen kommt allerdings bis jetzt kein Geld an. "In den Nachrichten und im Netz wird so viel Wirbel gemacht", so Verbandspräsident Egbesola. "Aber wir kennen niemanden, der schon Geld erhalten hätte. Der Prozess läuft noch."
"Die wenigen, die Lebensmittelhilfe erhalten haben, waren eher schockiert: Was sie bekommen haben, würde vielleicht für einen Dreijährigen ausreichen, aber nicht für einen Erwachsenen", schildert Egbesola die Reaktionen auf das Programm für Lebensmittelhilfe im Bundesstaat Lagos.
Sein bisherige Fazit: "Es ist noch zu früh zu sagen, ob all die Maßnahmen funktionieren oder nicht. Wir müssen abwarten, was noch passiert."
Globale Institutionen
Nationale Maßnahmen allein werden nicht reichen, um die Auswirkungen der Pandemie in Afrika abzuschwächen. Laut Schätzungen brauchen die Regierungen Milliarden zusätzlicher Mittel. Um die zu akquirieren hat die Afrikanische Entwicklungsbank einen "Social Bond" in Höhe von drei Milliarden Euro aufgelegt. Social Bonds sind eine besondere Form von Anleihen: Die Erlöse aus dem Verkauf werden für soziale Zwecke genutzt. "Wir sind hier für Afrika und werden betroffenen Ländern schnelle Unterstützung geben", so Bankpräsident Akinwumi Adesina in einer Stellungnahme.
Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben alle bilateralen Geber aufgerufen, betroffenen Ländern auf Wunsch zu erlauben, die Rückzahlungen von Krediten vorläufig auszusetzen. Im März kündigte der IWF an, Entwicklungs- und Schwellenländer in ihrem Kampf gegen die Pandemie mit rund 46 Milliarden Euro zu unterstützen. Die Weltbank hat ein Finanzpaket in Höhe von 14 Milliarden Euro bereitgestellt, um Firmen und betroffenen Staaten zu unterstützen.
Angst vor Korruption
Angesichts der hohen Summen wächst die Angst vor Veruntreuung. In den sozialen Medien warnen User bereits davor, dass die Hilfen die kleinen Unternehmern und Händlern nicht erreichen. "Viele Menschen haben gute Gründe, skeptisch zu sein, ob die Hilfen der Regierungen bei ihnen ankommen", sagt auch John Dludlu aus Südafrika. Sein Land habe in den letzten Jahren eine "exponentielle Steigerung der Korruption" gesehen.
Femi Egbesola aus Nigeria hofft, dass die schwerwiegende Lage Menschen davon abhalten wird, die Finanzmittel zu veruntreuen. "Ich möchte glauben, dass das Gewissen diejenigen, die diese Mittel verteilen, dazu bringt, das Richtige zu tun", sagt er. Schließlich gehe es jetzt um Leben und Tod.