Unruhen nach Benzinpreiserhöhung
17. November 2019Die Unruhen im Iran eskalieren. Am Samstag hätten Iraner mehr als 100 Banken und mehrere Kaufhäuser in Brand gesetzt, deshalb seien bislang rund 1000 Menschen festgenommen worden, berichtete die Nachrichtenagentur Fars. Im Westiran wurde nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna ein Polizist getötet. Er sei bei Zusammenstößen mit Demonstranten in der Stadt Kermanschah umgekommen.
Wie inzwischen offiziell bestätigt wurde, gab es auch bei Krawallen in der südiranischen Stadt Sirdschan am Freitag einen Toten und mehrere Verletzte. Demonstranten hätten dort versucht, Tankstellen und Öldepots in Brand zu stecken. Daraufhin hätten die Polizei und sogar Revolutionsgarden eingreifen müssen, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung. Für Berichte über mehrere weitere Tote bei Protesten gab es zunächst keine Bestätigung.
Der Iran steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die durch die harten US-Sanktionen gegen das Land ausgelöst wurde. Als Konsequenz daraus hatte die iranische Regierung in der Nacht zum Freitag Benzin rationiert und zugleich die Kraftstoffpreise erhöht, was heftige Proteste auslöste. Viele Iraner befürchten, dass sich die Wirtschaftskrise damit noch weiter verschlimmert und fordern eine umgehende Aufhebung der Beschlüsse der Regierung. Die nationale Währung Rial ist schon seit Monaten nur noch die Hälfte wert.
Chamenei verteidigt Beschluss
Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei verteidigte den Beschluss und verurteilte die Proteste. "Die politische Führung des Landes hat eine technische Entscheidung getroffen, die logischerweise auch umgesetzt werden muss", sagte er. Er könne nachvollziehen, dass einige Menschen darüber verärgert seien. Aber Beschädigungen und Brandstiftungen seien das Werk von Unruhestiftern, die vom Ausland gelenkt würden, so Chamenei, der das letzte Wort in allen strategischen Belangen hat.
Das Auswärtige Amt in Berlin riet von Film- oder Tonaufnahmen von Demonstrationen und dem Umfeld ab, da dies als Spionagetätigkeit gewertet werden könne.
Regierung stellt das Internet ab
Die Berichterstattung über die Proteste wurde massiv erschwert, weil der Zugang zum Internet stark eingeschränkt war. Nach Angaben des iranischen Telekommunikationsministeriums wurde er auf Anweisung des Nationalen Sicherheitsrats für 24 Stunden "limitiert". Die Nichtregierungsorganisation Netblocks, die Blockaden des Internets registriert, schrieb auf Twitter, die landesweite Internetnutzung sei binnen etwa einer Stunde auf nur noch sieben Prozent der normalen Nutzung gefallen.
Mit einer staatlichen Benzinkarte können die Iraner nur noch bis zu 60 Liter Benzin im Monat zu einem Literpreis von umgerechnet 12 Cent tanken. Wer mehr tanken will, muss pro Liter 24 (Normalbenzin) bis 30 Cent (Super) zahlen - fast das Dreifache des bisherigen Preises. Da die 60 Liter kaum für einen Monat ausreichen, müssen die Iraner nun de facto den neuen, höheren Benzinpreis bezahlen.
nob/gri (dpa, afp)