Unionen der Uneinigkeit
22. September 2003Sie nennen sich Afrikanische Union (AU) oder Verbund südostasiatischer Staaten (ASEAN). Mit der UNO als Vorbild, sollen sie im regionalen Rahmen ihren Mitgliedern Sicherheit und Stabilität sowie Wachstum und Wohlstand gewähren. Nur selten halten jedoch die hehren Ziele mit der Wirklichkeit Schritt. Mit einer gemeinsamen Stimme für die Belange ihrer Region sprechen diese Vereinigungen längst nicht immer.
Das Dilemma Südostasiens
Die zehn Staaten der südostasiatischen Gemeinschaft – darunter die "Tigerstaaten" wie Thailand, Malaysia und Singapur, aber auch Sorgenkinder wie Indonesien oder Myanmar – sahen sich durch den Irakkrieg in eine schwierige Lage versetzt. Einerseits protestierten die Bevölkerungen lautstark gegen die Intervention der USA. Den Stimmungen der Straße versuchten die ASEAN-Länder durch mehr oder weniger brüske Ablehnungen des Einmarsches zu entsprechen. Andererseits sind sie nach wie vor an guten Handelsbeziehungen mit den USA interessiert – die letzte verbliebene Supermacht ist schließlich der wichtigste Handelspartner der Region.
Besonders in den islamisch geprägten Nationen Malaysia und Indonesien droht eine Spaltung zwischen Regierung und Volk. Aber auch die Menschen in den anderen Ländern empfinden Misstrauen gegenüber den USA. "Die Philippinen, wie auch Indonesien und Thailand, waren für die Amerikaner wichtige Vorposten im Kampf gegen den Kommunismus in den 1950er- und 1960er-Jahren", erläutert der malaysische Politikwissenschaftler Farish Noor. Geheimdienstoperationen, bei denen unzählige Menschen starben oder verschwanden, hätten keinen guten Eindruck hinterlassen. Doch auch zwischen den ASEAN-Staaten läuft nicht alles rund. Die Militärdiktatur in Myanmar steht wegen ihrer Gewaltherrschaft international im Kreuzfeuer. Die Bündnispartner aus der Region, die lange Zeit Stillschweigen bewahrten, üben nun offene Kritik.
"Liga der Lahmen"
Nach außen hin hat sich die Arabische Liga gegen den Krieg im Irak gestellt. Eine Reihe arabischer Staaten gehört jedoch zu den Verbündeten der USA, beispielsweise Jordanien oder die Golfstaaten Qatar und Kuwait. Zunächst hatte die Liga auch den vorläufigen Regierungsrat im Irak abgelehnt. Auf massiven amerikanischen Druck hin konnten sich die Araber nun aber nicht mehr verweigern. Eine aktive Rolle im politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau des Irak spielen die Mitgliedsstaaten immer noch nicht, weshalb die "Süddeutsche Zeitung" sie als "Liga der Lahmen" betitelte.
Von Marokko über Ägypten und Syrien bis nach Jemen erstreckt sich die Arabische Liga. Der lose Bund aus 22 Nationen hat seinen Hauptsitz in Kairo. Bei den halbjährlichen Treffen der Außenminister prallen die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Länder immer wieder aufeinander. So konnte bis heute keine einheitliche Linie zur Unterstützung der Palästinenser – die seit 1976 Vollmitglieder sind – gefunden werden.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Jüngstes Mitglied im Reigen internationaler Kooperationen ist die 53 Länder umfassende Afrikanische Union. Vergangenes Jahr löste sie die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) ab. Die Strukturen der neuen Union lehnen sich an die der EU an. Eine Kommission gibt es bereits. Die Gründungsverträge für ein Parlament und einen Gerichtshofs wurden von den Regierungen aber bisher ebensowenig ratifiziert wie die zur Einrichtung eines afrikanischen Friedens- und Sicherheitsrats als Pendant zum UN-Sicherheitsrat.
Notorischer Geldmangel, politische Unentschlossenheit und Uneinigkeit plagen die AU genauso wie ihre Vorgängerin, die einst der libyschen Staatschef Ghaddafi maßgeblich ins Leben gerufen hatte. Auf eine gemeinsame Linie in der Frage, wie mit Simbabwes Staatschef Mugabe umgegangen werden soll, konnten sich die afrikanischen Regierungen bisher nicht verständigen. Bei den Unruhen in Liberia machte die AU ebenfalls keine besonders gute Figur. Die Krisenlösung auf dem eigenen Kontinent konnten die Afrikaner nur selten in die eigene Hand nehmen.