"Verheerende Lage in Zentralafrika"
30. November 2018Gut fünf Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs in der Zentralafrikanischen Republik schlägt das Kinderhilfswerk UNICEF Alarm: Mehr als eine Million Menschen sind demnach vor der Gewalt aus ihren Häusern geflohen. Etwa zwei Drittel aller Kinder in Zentralafrika - das sind 1,5 Millionen - benötigten dringend humanitäre Hilfe. Die Hilfsorganisation spricht in ihrem jüngsten Bericht von einer "vernachlässigten Krise". Es gebe kaum internationale Aufmerksamkeit und zu wenig finanzielle Unterstützung, doch die Lage in dem bitterarmen Land spitze sich weiter zu.
"Die Lage der Kinder ist verzweifelt", beklagt Christine Muhinga, UNICEF-Leiterin in der Zentralafrikanischen Republik. Jedes vierte Kind habe in den vergangenen Jahren vor Gewalt fliehen müssen. Tausende Mädchen und Jungen seien von bewaffneten Gruppen als Kindersoldaten rekrutiert oder Opfer von sexueller Gewalt geworden. UNICEF geht davon aus, dass im kommenden Jahr mehr als 43.000 Kinder unter fünf Jahren lebensbedrohlich mangelernährt sein werden.
Lebenserwartung: 52 Jahre
Der Staat ist laut einem UN-Index hinter dem Niger das zweitärmste Land der Welt. Die Lebenserwartung in der Zentralafrikanischen Republik beträgt nur 52 Jahre - und ist damit die niedrigste weltweit. Die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, was häufig zu Krankheiten führt. In dem Land stirbt UNICEF zufolge jeder 24. Säugling noch im ersten Lebensmonat (Deutschland: jeder 435.). Das ist nach Pakistan die zweithöchste Rate weltweit. Zudem sterben bei 100.000 Geburten rund 882 Mütter (Deutschland: 6). Schlimmer ist die Situation nur im westafrikanischen Sierra Leone. Ein Drittel der Mädchen in Zentralafrika wird schon vor dem 15. Geburtstag verheiratet.
Ende 2012 war in Zentralafrika ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem sich Milizen der christlichen Mehrheit und der muslimischen Minderheit gegenüberstanden. Erst infolge einer französischen Militärintervention und einer UN-Friedensmission stabilisierte sich die Lage. Allerdings gibt es seit 2017 wieder verstärkt Kämpfe. Dabei geht es laut UNICEF inzwischen meist um Weidegebiete oder um die Kontrolle der Bodenschätze wie Diamanten, Gold und Uran. "Immer öfter greifen bewaffnete Gruppen sich nicht gegenseitig an, sondern die Zivilbevölkerung", klagt UNICEF.
Die Hilfsorganisation unterstützt in Zentralafrika unter anderem Impfkampagnen und stellt Spezialnahrung für Zehntausende mangelernährte Kinder bereit. Bis Ende Oktober war jedoch weniger als die Hälfte der benötigten 56 Millionen US-Dollar (49 Millionen Euro) eingegangen, wie UNICEF erklärt.
se/qu (kna, epd, dpa, rtr)