Ungesättigter Markt
28. Juni 2003In kühlen Hallen schichten Arbeiter mit weißen Kitteln, Mundschutz und einer Plastikhaube an langen Tischen Fleischstücke auf große Spieße. "Ein guter Döner hat maximal 20 Prozent Fett", erklärt Enfil Tütücünbasi, Verkaufsmanager der Firma Karmez. Täglich werden 20 Tonnen Drehspieße mit Döner-Fleisch produziert und zu Großhändlern oder Imbissen im In- und Ausland transportiert.
1983 fing alles an: Nachdem die in den 1970er Jahren aus der Türkei eingewanderte Familie Tütüncübasi ihr eigenes Lebensmittelgeschäft wegen zu geringer Nachfrage aufgeben musste, belieferte sie kleine Läden, Supermärkte und Restaurants mit Fleisch. Ein Imbiss-Betreiber in Frankfurt am Main brachte die Brüder dann auf die richtige Idee: Statt sich nur das Fleisch für den Döner anliefern zu lassen und sie selbst zusammenzustecken, orderte er den Drehspieß gleich fix und fertig. Damit war der Anfang für die Massenproduktion gemacht.
Die Döner-Fabrik
"Was seit den 1970er Jahren von Berlin aus die Republik eroberte, gleicht einem kleinen türkischen Wirtschaftswunder", stellt das Essener Zentrum für Türkei-Studien in einer Studie fest. Die Döner-Produktion sei nur in Deutschland zu einer Industrie geworden: Bundesweit gibt es etwa 400 Hersteller und etwa 12.000 Imbissläden, 42.000 Menschen haben dort einen Arbeitsplatz. Inzwischen hat sich der Döner zum Fastfood-Produkt Nummer eins entwickelt: mit einem Gesamtumsatz von fast zwei Milliarden Euro jährlich. Und der Appetit wächst von Jahr zu Jahr. Auch die Firma Karmez setzt auf Wachstum.
Multikulturelle Belegschaft
Karmez hat die Produktions- und Lagerfläche am Standort Frankfurt am Main um 70 Prozent auf 8000 Quadratmeter erweitert. Dies reicht aus, um im Ein-Schicht-Betrieb täglich 35 bis 40 Tonnen herzustellen. Derzeit beschäftigt die Firma 140 Männer und Frauen aus verschiedenen Ländern. "Wir haben eine multikulturelle Belegschaft", betont Finanzchef Önder Tütücünbasi. Zwei Drittel der Beschäftigten kommen aus der Türkei, die anderen aus Deutschland und anderen EU-Ländern sowie aus Afrika. Die meisten von ihnen arbeiten schon jahrelang bei Karmez – bis aus ungelernten Arbeiter Fachkräfte werden, das dauere eine Weile. 70 Prozent der Döner-Herstellung ist immer noch reine Handarbeit.
Fastfood-Produkt Nummer eins
Den Erfolg der Firma Karmez erklärt Önder Tütücünbasi mit drei Worten: Qualität, Vielfalt und Innovation. Die Qualität wird seit fünf Jahren regelmäßig von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) prämiert. Auch an Neuerungen soll es nicht fehlen: Auf der Ernährungsmesse Anuga im Oktober 2003 will Karmez Döner als Fertigprodukt vorstellen. "Das Fleisch ist dann schon gegrillt und muss nur noch warm gemacht werden", sagt Enfil Tütücünbasi.
Über Kantinen, Cateringfirmen und Restaurants will die Firma eine neue Klientel ansprechen. Bislang lassen sich vor allem junge Menschen den Döner schmecken, künftig sollen auch ältere und kaufkräftigere Menschen anbeißen. Und die Pläne der sieben Brüder gehen noch weiter: Sie planen eine europaweite Döner-Kette im Franchising-System, um McDonald's, Burger King oder Pizzahut Paroli zu bieten. (arn)