Ungarn: Umstrittenes Hochschulgesetz in Kraft
11. April 2017Das neue Gesetz zielt auf die vom US-Milliardär George Soros in der ungarischen Hauptstadt gegründete Central European University (CEU). Es legt Bedingungen für den Betrieb von Hochschuleinrichtungen fest, die die CEU nicht erfüllen kann. So wird vorgeschrieben, dass in Ungarn ansässige ausländische Universitäten auch einen Campus in ihrem Heimatland haben müssen. Die CEU ist in den USA registriert, unterhält dort aber keine Universität. Zudem schränkt die Neuregelung die Befugnis von Universitäten mit Hauptsitz außerhalb der EU ein, ungarische Abschlüsse zu verleihen.
CEU will sich juristisch wehren
Der ungarische Staatspräsident Janos Ader verteidigte das neue Hochschulgesetz. Das Gesetz schränke die von der ungarischen Verfassung zugesicherte "Freiheit zu studieren oder zu unterrichten" nicht ein, erklärte Ader laut der staatlichen Nachrichtenagentur MTI.
Die CEU kündigte umgehend juristische Schritte gegen die Neuregelung an. "Wir werden uns diesem Gesetz unter Ausschöpfung aller Rechtsmittel entgegenstellen", erklärte die Hochschule, an der rund 1800 Studenten aus etwa hundert Ländern eingeschrieben sind. Das Gesetz sei "diskriminierend" und eine "vorsätzliche politische Attacke" auf eine unabhängige Institution, die seit mehr als 25 Jahren ein "stolzer Teil" des ungarischen Lebens sei.
Nationale Proteste und internationale Kritik
Die CEU war 1991 von dem aus Ungarn stammenden Soros gegründet worden, um die Ideen der liberalen Demokratie im ehemals kommunistischen Raum zu verbreiten. Der rechts-konservative ungarische Regierungschef Viktor Orban bekennt sich hingegen zum Aufbau eines "illiberalen" Staates und sieht in der CEU eine Bedrohung für seine Pläne.
Gegen das neue Hochschulgesetz hatten am Sonntag Zehntausende Menschen in Budapest demonstriert. Die Bundesregierung, das US-Außenministerium und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sowie zahlreiche führende Wissenschaftler und Nobelpreisträger aus aller Welt hatten die Regelungen scharf kritisiert. EU-Justizkommissarin Vera Jourova sieht jedoch trotz Bedenken gegen das Universitätsgesetz keine Handhabe gegen die ungarische Regierungspolitik.
Muss die EU hilflos zusehen?
Sie glaube nicht, dass "Vertragsverletzungsverfahren oder andere Maßnahmen der Europäischen Kommission" in der Frage "viel helfen", sagte Jourova in Brüssel. Die tschechische Kommissarin begrüßte aber, dass sich die Menschen in Ungarn "sichtbar und lautstark" zu dem umstrittenen Universitätsgesetz äußerten.
Ihre Befürchtung sei, dass es in Ungarn Bestrebungen gebe, "die Macht und den Einfluss der Zivilgesellschaft und den politischen Pluralismus zu verringern", sagte Jourova. Sie habe die Analyse zu dem Uni-Gesetz noch nicht abgeschlossen. Wenn ein Gesetz jedoch "ausschließlich auf eine Institution zielt", fehle ihm der typische Charakter einer allgemeingültigen Vorschrift, sagte sie. Die EU-Kommission will sich in ihrer wöchentlichen Sitzung am Mittwoch mit dem Vorgehen der ungarischen Regierung gegen die CEU befassen.
ww/jj (afp/dpa)