Ungarn überrascht Österreich
14. Juni 2016Erstes Spiel bei einer EM-Endrunde seit 1972, gleich der erste Sieg. Am Ende feierten die ungarischen Spieler mit ihren Fans, während die Österreicher lange Gesichter machten. Die als krasser Außenseiter geltenden Ungarn hatten gegen das mit großen Erwartungen ins Turnier gestartete Team Austria das bessere Ende für sich und gewannen mit 2:0 (0:0). Die Tore in der insgesamt niveauarmen Partie erzielten Adam Szalai von Hannover 96 (62. Minute) und der eingewechselte Zoltan Stieber, der zuletzt für den 1. FC Nürnberg aktiv war (87.). Bei den Österreichern sah Aleksandar Dragovic wegen wiederholten Foulspiels die Gelb-Rote Karte (66.).
Alaba mit frühem Weckruf
Als die Fernsehkamera bei den Nationalhymnen an den Spielern vorbei wanderte, sah man fast ausschließlich in Gesichter, die man aus der deutschen Bundesliga kennt: Auf Seiten Österreichs waren mit David Alaba (München), Martin Harnik, Florian Klein (beide Stuttgart), Zlatko Junuzovic (Bremen), Martin Hinteregger (Mönchengladbach) und Julian Baumgartlinger (Mainz) sechs Profis in der Startelf, die in der abgelaufenen Saison in der Bundesliga spielten. Hinzu kamen drei Ex-Bundesliga-Spieler: Torhüter Robert Almer (Düsseldorf), Marko Arnautovic (Bremen) und Christian Fuchs (Mainz, Schalke). Für die Ungarn begannen mit Adam Szalai (Hannover) und Laszlo Kleinheisler (Bremen) zwei Akteure aus der 1. deutschen Liga. Außerden stand mit Gabor Kiraly - ehemals bei 1860 München und Hertha BSC unter Vertrag und nun mit 40 Jahren ältester EM-Spieler aller Zeiten - ein weiterer Bekannter im ungarischen Tor.
Und die Bundesliga-Spieler waren auch von Anfang die Aktivposten: Zunächst fasste sich Alaba schon nach wenigen Sekunden ein Herz und hämmerte den Ball aus rund 20 Metern Torentfernung an den Pfosten. Dann prüfte Kleinheisler auf der anderen Seite Almer ebenfalls mit einem Weitschuss, den der Keeper aber locker abfangen konnte. Gefährlicher war die zweite gute Aktion Alabas: Bei seinem flachen Direktschuss aus zwölf Metern war Kiraly jedoch zur Stelle (10.).
Danach verflachte das Spiel und es dauerte bis zur 35. Minute, bevor wieder Aufregung vor einem der Tore herrschte. Junuzovic prüfte Kiraly mit einem Volleyschuss aus 18 Metern, doch obwohl der Ball noch kurz vor ihm aufsetzte konnte der 40-Jährige zur Ecke abwehren. Kurz vor der Pause hatte Österreich eine weitere gute Gelegenheit: Arnautovic konterte über links und brachte den Ball gefährlich nach innen. Doch Harnik rutschte aus, schoss sich selbst an die Hand, und die Chance war dahin (41.). Auf der anderen Seite ging ein Schuss von Balazs Dzsudzsak einige Meter am langen Pfosten vorbei (43.).
Szalai bricht den Bann
Nach dem Seitenwechsel dauerte es einige Zeit, bis die Partie ein wenig Fahrt aufnahm. Das Spiel war langsam und geprägt von Fehlern. Dzsudzsak durchbrach das allgemeine Vor-sich-hin-Traben mit einem wuchtigen Weitschuss. Almer riss beide Fäuste hoch und konnte klären (55.). Sechs Minuten später durften die Ungarn und ihr deutscher Trainer Bernd Storck dann doch jubeln. Nach einem langen Pass aus der eigenen Hälfte legte Kleinheisler für Szalai auf, der sich den Ball im Strafraum noch einmal vorlegte und ihn dann flach unter Almer hindurch zum 1:0 ins Tor spitzelte (62.). Riesenjubel in der ungarischen Kurve: Der Torschütze kletterte auf den Zaun und ließ sich von seinen Fans feiern.
Kurz danach folgte der nächste Nackenschlag für die Österreicher: Nach einem Durcheinander im ungarischen Strafraum mit mehreren abgeblockten Schüssen der Österreicher ging der Ball ins Tor, doch der Treffer zählte nicht, weil Aleksandar Dragovic zuvor gefoult hatte. Damit nicht genug: Weil sein Einsteigen recht robust war, sah Dragovic zu Recht seine zweite Gelbe Karte des Spiels und musste mit Gelb-Rot vom Feld (66.).
Die Österreicher versuchten anschließend zwar, das Tempo zu erhöhen, doch richtig unter Druck konnten sie die ungarische Defensive nicht setzen. Oft trafen sie beim letzten Pass die falsche Entscheidung oder spielten zu ungenau. Die beste Gelegenheit hatte der eingewechselte Marcel Sabitzer, dessen Schuss aber verunglückte und meterweit über das Tor ging (73.). Schließlich brachte ein Konter die endgültige Entscheidung: Die ungarische Defensive fing einen langen Ball von Baumgartlinger ab, der eingewechselte Stieber startete und wurde bedient. Er lief mit dem Ball am Fuß in den Strafraum und lupfte das Leder über den herauseilenden Almer hinweg zum 2:0 ins Tor (87.). Arnautovic feuerte in der Nachspielzeit noch einmal einen Schuss von der Strafraumgrenze ab, doch Kiraly fing den Ball und sicherte den Sieg.
"Ein Riesentraum ist in Erfüllung gegangen", freute sich Bernd Storck anschließend. "Ein tolles Ergebnis, ein tolles Spiel. Riesenkompliment an meine Mannschaft. Besser als in der zweiten Halbzeit kan man es nicht spielen." Enttäuscht zeigte sich Christian Fuchs im ZDF-Interview: "Es waren ein paar Kleinigkeiten, die gefehlt haben. Im Pressing waren wir immer einen Schritt zu spät", bemängelte der Profi des englischen Meisters Leicester City und lobte die Ungarn. "Sie haben gut über das Pressing gespielt, defensiv sehr solide gestanden und haben uns eigentlich kaum Raum gegeben, uns zu entfalten. Leider sind wir mit einer Niederlage ins Turnier gestartet."
Hier können Sie noch einmal alle Einzelheiten des Spielverlaufs nachlesen.