UN verurteilen EU-Streit um Flüchtlinge
25. August 2018Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssten den etwa 150 Migranten an Bord des italienischen Küstenwacheschiffs "Diciotti" "dringend" Aufnahmemöglichkeiten bieten, forderte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR in einer in Genf veröffentlichten Erklärung. An Italien richtete die Organisation den Appell, die Menschen "sofort" von Bord gehen zu lassen.
UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi verurteilte die Behandlung der Migranten auf der "Diciotti" als "gefährlich und unmoralisch". Die Leben von Flüchtlingen würden gefährdet, "während die Staaten einen politischen Kampf um langfristige Lösungen führen", kritisierte er.
Drohungen aus Italien
Italien hatte zuvor damit gedroht, Zahlungen an die EU zurückzuhalten, wenn dem Land bei der Verteilung von Flüchtlingen in andere Staaten nicht geholfen werde. "Die sanfte Linie funktioniert nicht, die harte Linie wird sein, Finanzmittel zurückzuhalten, wenn sie nicht zuhören", hatte Vize-Regierungschef Luigi Di Maio gesagt.
Italien ist mit knapp 20 Milliarden Euro der drittgrößte Netto-Beitragszahler in der EU. Die höchsten Beiträge führt Deutschland ab, gefolgt von Frankreich. Die Regierung in Rom, an der auch die fremdenfeindliche Lega-Partei beteiligt ist, fährt in der Flüchtlingspolitik seit ihrem Amtsantritt im Juni eine harte Linie.
Gespräche sind nicht einfach
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat äußerst zurückhaltend auf die italienische Drohung reagiert. Merkel sagte am Rande eines Besuchs in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, in Brüssel fänden gerade Diskussionen über die Verteilung von Flüchtlingen statt. "Da bringen alle Länder auch ihre Positionen ein." Bis Ende August sollten Fortschritte erreicht werden. Die Gespräche seien jedoch "alles andere als einfach". Merkel setzt aber trotz der schärferen Töne weiter auf eine Lösung im Rahmen der EU.
Hafen in Sizilien gefunden
Die "Diciotti" hatte vergangene Woche insgesamt 190 Bootsflüchtlinge an Bord genommen, 13 von ihnen wurden sofort ins Krankenhaus gebracht. Die italienische Regierung verweigerte dem Schiff der Küstenwache zunächst die Einfahrt in einen italienischen Hafen.
Inzwischen durfte die "Diciotti" im sizilianischen Catania anlegen. Am Mittwoch erlaubte Italien zunächst 27 unbegleiteten Minderjährigen, das Schiff zu verlassen. Nun konnten zudem weitere 16 der noch verbliebenen 150 Flüchtlinge von Bord gehen. Bei zwei der insgesamt elf Frauen und fünf Männer bestehe Verdacht auf Tuberkulose, so die Nachrichtenagentur Ansa. Italien verlangt Zusagen von anderen EU-Staaten, diese aufzunehmen. Auch nach einem Treffen von zehn Ländern in Brüssel am Freitag gab es in der Flüchtlingsfrage jedoch keinen Durchbruch.
jmw/sti (afp, rtr)