UN klagen über ausländische Truppen in Libyen
8. Juli 2020"Die Zeit ist nicht auf unserer Seite", sagte António Guterres bei der Videokonferenz des UN-Sicherheitsrates. Mehr als 400.000 Menschen seien bereits vor der Gewalt im Krisenland geflüchtet. Allein in den vergangenen drei Monaten seien mehr als 100 Zivilisten getötet worden. Es drohe eine weitere Eskalation.
Gleichzeitig betonte der UN-Generalsekretär, die Hoffnung auf ein Ende des Konflikts dürfe nicht aufgegeben werden. Er sprach sich für eine entmilitarisierte Zone aus und erklärte, dass die Vereinten Nationen weiterhin auf einen Waffenstillstand hinarbeiteten und diplomatische Lösungen suchen würden.
Maas setzt auch auf Strafen
Der deutsche Außenminister Heiko Maas beklagte ebenfalls die Beteiligung anderer Staaten an dem Konflikt. Deren Einsätze mit Flugzeugen, Panzern, Lastwagen und Frachtschiffen voller Waffen müssten ein Ende haben, sagte Maas. "Wir werden die uns zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausnutzen, um sicherzustellen, dass Libyen nicht länger das Schlachtfeld eines internationalen Krieges bleibt - dazu gehören auch gezielte Sanktionen", sagte Maas. Er rief dazu auf, dass die Konfliktparteien sich stattdessen hinter der Unterstützungsmission UNSMIL der UN versammelten.
Zersplittert in viele Herrschaftsgebiete
Seit rund einem Jahrzehnt ist die Lage in Libyen instabil. Nach dem mit westlicher Hilfe erfolgten Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi zerfiel das Land in verschiedene Herrschaftsgebiete. Die aktuell wichtigsten Kriegsparteien werden angeführt von General Chalifa Haftar, der seine Machtbasis im Osten hat, und dem libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch mit dem Machtzentrum Tripolis.
Haftar bekommt Unterstützung von Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Seine Truppen hatten sich nach einer erfolglosen Offensive auf die Hauptstadt Tripolis über mehr als ein Jahr nun bis in die Hafenstadt Sirte zurückgezogen. Auf Al-Sarradschs Seite kämpft das NATO-Land Türkei, das mit Luftabwehrsystemen, Kampfdrohnen, Soldaten und Söldnern militärisch immer stärker in Libyen eingreift.
Die Druckmittel fehlen
Deutschland hat als nicht-ständiges Mitglied in diesem Monat den Vorsitz im Weltsicherheitsrat und kann damit selbst Themen setzen. Das höchste Gremium der Vereinten Nationen hatte zuletzt das seit mehr als neun Jahren geltende Waffenembargo gegen Libyen verlängert und sich per Resolution hinter die Ergebnisse der Berliner Konferenz gestellt. Allerdings enthielt sich Russland bei der Abstimmung. Und: Sanktionen bei einer Verletzung der Resolution sind nicht vorgesehen - ein wichtiges Druckmittel zur Einhaltung fehlt damit.
Neue Zugeständnisse sind deshalb gegenwärtig kaum absehbar. Das räumte auch der deutsche Außenminister ein. "Eine politische Lösung für den Konflikt in Libyen zu finden, wird nicht einfach werden", sagte Maas.
haz/qu (dpa, afp, rtr)