UN-Delegation auf Vermittlungsmission
21. Januar 2016"Wir sollten alle besorgt sein", sagte Samantha Power, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, vor der Abreise. "Jeden Tag gibt es Berichte über Granatenangriffe oder Leichen, die am Straßenrand liegen." Es ist das zweite Mal innerhalb von neun Monaten, dass sich eine Delegation des UN-Sicherheitsrats auf den Weg in das ostafrikanische Krisenland Burundi macht. 15 UN-Vertreter aus den USA, Frankreich und Angola treffen sich mit Vertretern der Regierung, der Opposition und der Zivilgesellschaft.
Im November hatte der Sicherheitsrat einstimmig eine Resolution beschlossen, die die Gewalt in Burundi verurteilt und sich für ein verstärktes UN-Engagement in dem Land ausspricht. Ein stärkeres Zeichen hatten Russland, China, Ägypten, Angola und Venezuela allerdings verhindert. Gespräche zwischen der Regierung und der Opposition seien der einzige Weg, die Krise zu lösen, sagte Ismael Gaspar Martins, der Angola bei den Vereinten Nationen repräsentiert.
Geplante AU-Friedensmission bleibt Zankapfel
David Gakunzi setzt große Hoffnungen in den Besuch der UN-Delegation. Der Exil-Burundier leitet das "Paris Global Forum", ein Institut, das sich für kulturellen Austausch und das friedliche Miteinander der Kulturen einsetzt. "Es gibt keinen Dialog mehr. Wie soll es den auch geben, wenn die Opposition getötet oder ins Exil getrieben wird?" Die einzige Lösung für den Konflikt wäre, die Regierung zu verpflichten, die Gewalt zu beenden, politische Gefangene freizulassen und den Weg hin zu neuen, demokratischen Wahlen zu ebnen. "Wir brauchen internationalen Druck, einen Militäreinsatz der Afrikanischen Union und gezielte Sanktionen", so Gakunzi.
Die Regierung, der Gakunzi seit langem ein Dorn im Auge ist, wehrt sich vehement gegen eine Friedenssicherungsmission der Afrikanischen Union und bezeichnete mögliche AU-Soldaten als Invasoren. Im Dezember hatte die AU die Entsendung von bis zu 5000 Truppen nach Burundi beschlossen. Der geplante Einsatz soll ein Hauptthema auf dem AU-Gipfel in Addis Abeba Ende Januar sein.
Dialogforum der Regierung eine Farce?
Im Vorfeld des UN-Besuchs organisierte die burundische Regierung einen "inter-burundischen Dialog", an dem diese Woche mehrere hundert Personen in mehreren Städten im Land teilnehmen. Viele Oppositionsparteien boykottieren die Initiative - oder wurden von vornherein von der Regierung ausgeschlossen.
"Das ist ein großes Spektakel, das die Regierungspartei für die UN-Delegation organisiert", sagt Pancrace Cimpaye, Sprecher des Oppositionsbündnisses CNARED, im DW-Interview. Es sei ein Versuch, die Macht von Präsident Pierre Nkurunziza weiter zu festigen - ungeachtet der Todesopfer, die sein Regime fordere.
Friedensabkommen sieht nur zwei Amtszeiten vor
Die Regierung besteht derweil auf ihr Recht, zu entscheiden, wer an der Veranstaltungsreihe teilnimmt: "Wir wissen, dass einige der Akteure innerhalb des Bündnisses nicht friedlich sind", sagte Außenminister Alain Aime Nyamitwe der DW. Mit einem solchen Namen könne die Oppositionskoalition sowieso nicht an dem Dialog teilnehmen. Das Akronym CNARED steht für "Nationaler Rat zur Wiederherstellung des Abkommens von Arusha und der Rechtsstaatlichkeit".
Im Jahr 2006 hatten Vertreter der damaligen Tutsi-Regierung und der Hutu-Mehrheit im Land in der Stadt Arusha im benachbarten Tansania das Abkommen unterschrieben - es markierte das Ende eines ethnisch aufgeladenen Bürgerkriegs, in dem rund 300.000 Menschen getötet wurden. In dem Abkommen wurde festgelegt, dass ein Präsident nur zwei Amtszeiten antreten darf.
Burundis aktueller Präsident Pierre Nkurunziza, ein Hutu, hatte sich im vergangenen Jahr für ein drittes Mandat wählen lassen. Die Regierung geht mit Gewalt gegen Proteste der Opposition vor. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden seit April mindestens 439 Menschen getötet. Zehntausende weitere flohen außer Landes.
Unlautere Propaganda auch von Seiten der Opposition?
Während des "Inter-burundischen Dialogs" betonte Außenminister Nyamitwe, dass Neuwahlen keine Option seien. "Der Präsident wurde ordnungsgemäß gewählt. Seine Wiederwahl ist rechtlich abgesichert. Ich denke daher nicht, dass es angebracht ist, sechs Monate nach der Wahl über das dritte Mandat und Neuwahlen zu sprechen. Wenn ein Kind geboren wird, dann fragt man nicht, wie das Kind zustande kam. Das Kind ist da, jetzt muss es aufwachsen."
Statt eines echten Dialogs scheinen die Fronten verhärteter denn je. Die Regierung wirft der Opposition vor, die internationale Gemeinschaft irrezuführen. In einer Mitteilung verurteilt die burundische Regierung aufs Schärfste die Verbreitung eines Videos des französischen Senders France 3. Der Sender soll es von einem belgischen Anwalt erhalten haben, der burundische Oppositionelle vertritt.
Das Video zeigt, wie Menschen auf grausame Art getötet werden - angeblich in Burundi. "Diese Bilder wurden nicht in Burundi gedreht", heißt es in der Mitteilung der Regierung. Das Video habe das Ziel, den inter-burundischen Dialog zu torpedieren und den Blick der UN-Delegation auf das Land negativ zu beeinflussen. Recherchen des Senders France24 zufolge sprechen die Menschen in dem Video Haussa - eine Sprache aus dem westlichen Afrika, nicht aus Burundi.
Angst vor einem Völkermord
Im Machtkampf zwischen Regierung und Opposition scheinen die Kontrahenten inzwischen zunehmend die ethnische Karte zu spielen: "Unsere Informationen, die aber noch überprüft werden müssen, deuten darauf hin, dass sich die Gewalt vor allem gegen Tutsi richtet", sagte Adama Dieng, UN-Sonderberater für die Verhütung von Völkermord, im DW-Interview. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra'ad al-Hussein, hatte im Dezember an die internationale Gemeinschaft appelliert, entschieden zu handeln, um einen möglichen Völkermord zu verhindern.
Mitarbeit: Eric Topona, Apollinaire Niyirora, Martina Schwikowski