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Umstrittene Mission

Peter Philipp6. Oktober 2008

Die bevorstehende Entscheidung über die Ausweitung des ISAF - Kontigents in Afghanistan stößt auf breiten Wiederstand in der deutschen Öffentlichkeit.

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ISAF-Soldat der Bundeswehr (Quelle: AP)
Soldaten der Bundeswehr in AfghanistanBild: AP

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sicherte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder den Vereinigten Staaten die "uneingeschränkte Solidarität" Deutschlands zu, und die NATO verkündete zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Bündnisfall: Der Angriff auf einen Partner wird demnach als Attacke auf alle betrachtet und von allen entgegnet. Die "Operation Enduring Freedom" (OEF) - "Operation dauerhafte Freiheit" – war geboren und Deutschland beteiligt sich eifrig – am Horn von Afrika und in Afghanistan, wo die Bundeswehr gegenwärtig mit bisher 3500 Soldaten im Rahmen der NATO geführten "ISAF" aktiv ist.

Am Hindukusch zumindest ist die Beteiligung an "OEF" umstritten und wird immer wieder aufs Neue in Frage gestellt, obwohl sie im Gegensatz zur "ISAF" (Internationale Sicherheits-Beistandstruppe") kaum mehr als von symbolischem Wer ist: Berlin stimmte der Entsendung von bis zu 100 Angehörigen der "KSK" Spezialtruppe zu, die auch einige Zeit zusammen mit amerikanischen Anti-Terror-Einheiten im Einsatz waren. Seit 2005 wurde die KSK aber nicht mehr angefordert und die Beteiligung an der "Operation Enduring Freedom" bestünde infolgedessen nur noch auf dem Papier, wenn Berlin nicht inzwischen seine Hilfe bei der Ausbildung afghanischer Truppen und Polizei als Teil dieser Mission deklariert hätte.

Bundeswehrsoldat in Kundus, Afghanistan (Foto: AP)
Gehen oder bleiben? - Soll die Zahl der Bundeswehrsoldaten in Afghanistan aufgestockt werden?Bild: AP


Zusätzliche Soldaten nach Afghanistan

Diskussionen um "OEF" gibt es in Deutschland vor allem deswegen, weil im Rahmen des Vorgehens gegen die Taliban und ihre Verbündeten immer wieder auch Zivilisten zu Schaden kommen und nicht zuletzt weil "OEF" als Kampfeinsatz betrachtet wird, während Berlin seine Beteiligung an "ISAF" in erster Linie als Aufbauhilfe und Stabilisierungsmaßnahme darstellt. Nur so glaubt man das Engagement – und vor allem die Ausweitung von rund 3500 auf 4500 Bundeswehrsoldaten – einer deutschen Öffentlichkeit verkaufen zu können, die dem Afghanistan-Einsatz zunehmend kritisch und ablehnend gegenüber steht.




Dabei ist "ISAF" natürlich keineswegs nur damit beschäftigt, Schulen aufzubauen. Tatsache ist, dass deutsche Soldaten bereits wiederholt Ziel von bewaffneten Überfällen und Angriffen wurden, wobei über 20 von ihnen dabei ums Leben kamen. Und das Risiko ist weiter gewachsen, seitdem die Bundeswehr im Juli die so genannte "Quick Reaction Force" (QRF) stellt, mit deren Hilfe andere Einheiten der "ISAF" im Notfall unterstützt werden sollen. Allerdings findet dies nur im Norden des Landes statt und nicht in den erheblich unruhigeren südlichen Landesteilen. Amerikaner und NATO haben Deutschland wiederholt aufgefordert, Truppen auch in den Süden zu entsenden, bisher lehnte Berlin jedoch ab. Denn dann wäre aus der Mission endgültig ein Kampfeinsatz geworden.

USA führen weiterhin Eigenregie

Das vollbesetzte Plenum des Bundestags (Archiv, Foto: dpa)
Die bevorstehende Entscheidung über die Ausweitung des ISAF - Kontigents in Afghanistan stößt auf breiten Wiederstand in der deutschen ÖffentlichkeitBild: picture-alliance / dpa

Zumal man früher oder später auch in Konflikt mit den USA geriete: Washington hat seine Truppen in Afghanistan zwar der NATO unterstellt, es betreibt seinen Kampf gegen Taliban und Al Kaida aber weitgehend in eigener Regie. Auch die jüngsten Angriffe im pakistanischen Grenzgebiet sind nicht durch UN- oder NATO-Mandate gedeckt. Ein Grund mehr für Berlin, die deutschen Verpflichtungen in Afghanistan nicht weiter auszudehnen. Die Entsendung deutscher "Tornado"-Kampfflugzeuge zur Luftaufklärung war möglicherweise der letzte Schritt in diese Richtung. Deutsche Politiker versichern, dass die Maschinen nicht zu operativen Zwecken eingesetzt werden. Und im Fall der von der NATO angeforderten deutschen "Awacs" besteht Berlin darauf, dass deren Aufgabe vor allem in der Kontrolle des Flugverkehrs über Afghanistan liegen solle.

Bei einem jüngsten Treffen war die NATO aber nicht in der Lage, eine Abstimmung über die "Awacs" zu erzielen. Und was Enduring Freedom betrifft, so hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Wochenende vorgeschlagen, die Beteiligung in Afghanistan zu beenden. Vermutlich will er damit den Widerstand gegen die Ausweitung des deutschen ISAF-Kontingents abschwächen.