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Ultrafeinstaub für Wetterextreme mitverantwortlich

24. Mai 2022

Eine stärkere Berücksichtigung von Ultrafeinstaub in der Atmosphäre könnte nach Ansicht von Forschenden aus Karlsruhe Starkregen und Dürren viel präziser vorhersagen.

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Dunkele Regenwolken über einer Wiese
Durch die Nano-Partikel bleiben die Tropfen zu klein und können nicht abregnen, der Regen verzögert sich.. Bild: Bernd März/B&S/imago images

Weltweit nehmen extreme Wetterereignisse wie Starkregen oder lang anhaltende Dürren nachweislich zu. Dies könnte nach Auffassung von Forschenden vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) durch ultrafeine Partikel in der Atmosphäre mit beeinflusst werden.

Solche ultrafeinen Partikel entstehen vor allem durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe mit Abgasreinigungsanlagen, etwa in Kraftwerken und Raffinerien, im Schiffsverkehr oder besonders auch in Großfeuerungsanlagen mit neuester Abgas-Technologie, heißt es in der Analyse, die in Scientific Reports veröffentlicht wurde.

Zwar gehe durch die Abgasreinigung der gröbere Feinstaub zurück und der seit den 1990er Jahren eingesetzte Ammoniak verhindere die Bildung von Stickoxiden (NOx) in Abgasen von Industrieanlagen, aber dafür gelangten Unmengen an Nano-Partikeln in die Atmosphäre.

Wolken können nicht abregnen

Diese Nano-Partikel wiederum sorgen für kleinere Regentropfen, die sich in einer Wolke sammeln. Normalerweise beginnt der Wasserdampf seine Kondensation an Wolkenkondensationskernen (CCN - Cloud Condensation Nuclei), die 0,0002 Millimeter klein sind. An solch einem Kondensationskern sammeln sich die Wassertröpfchen, die einen Durchmesser von 0,01 mm haben. Dies ist zu klein, um den Luftwiderstand zu überwinden und mittels Schwerkraft zu Boden zu fallen.

"Eine Größe von ca. 1-2 mm muss erreicht werden, damit die Fallgeschwindigkeit größer ist als die Aufwindgeschwindigkeit unter bzw. in einer Wolke. Als 'Kern' für Regentropfen sind wenigstens ein paar Wolkentröpfchen von mindestens 0,025 mm notwendig", erklärt Dr. Wolfgang Junkermann vom KIT. 

Als Wolkenkondensationskerne seien die in der Atmosphäre vorhandenen Ultrafeinstaubpartikel unter 0,00004 mm Durchmesser allerdings nicht brauchbar, da eine Wasserschicht auf der stark gekrümmten Oberfläche schneller verdunste als sie anwachsen könne, so Junkermann.

Durch die Nano-Partikel bleiben die Tropfen zu klein, sie verbinden sich nicht, können deshalb auch nicht den Luftwiderstand überwinden und können entsprechend auch nicht abregnen.

"Dadurch verweilt Wasser viel länger in der Atmosphäre, der Regen wird zunächst unterdrückt und es entsteht ein zusätzliches Energiereservoir in der mittleren Troposphäre, das extreme Niederschläge begünstigt. Das kann dann hunderte Kilometer entfernt passieren", sagt Junkermann. Der Regen wird also durch die Nano-Partikel immer weiter hinausgezögert, bis er schließlich weit entfernt wolkenbruchartig als Starkregen zu Boden fällt.

Sizilien Catania Überschwemmungen nach Unwettern
Der Regen wird immer weiter herausgezögert, bis er schließlich wolkenbruchartig als Starkregen zu Boden fällt. Bild: ANSA/AFP

Deutliche Zunahme von Nano-Partikeln in der Atmosphäre

Bei weltweiten Messungen mit Kleinflugzeugen konnten die KIT-Forschenden nachweisen, dass sich der Anteil an Ultrafeinstaub-Partikeln zum Beispiel im Mittelmeerraum in den vergangenen 50 Jahren um den Faktor 25 erhöht hat. "Im selben Zeitraum gibt es starke Veränderungen bei den Niederschlägen, weg von regelmäßigen Regenfällen und hin zu Dürren und stärkeren Extremereignissen", erläutert Junkermann.

Nach Abgleich mit einem über einen Zeitraum von 20 Jahren zusammengetragenen Datensatz aus Europa, Asien, Mittelamerika und Australien waren ähnliche Muster auch in Australien und in der Mongolei erkennbar. Gemeinsam mit dem Klimaforscher Jorg Hacker vom unabhängigen Forschungsinstitut Airborne Research Australia (ARA) konnten die KIT-Forschenden daraus einen ganz neuen Forschungsansatz ableiten.

Präzisere Vorhersagen?

Bislang können die Klima-Modelle nur vorhersagen, dass sich ein Extremwetter zusammenbraut. Wo genau der Starkregen aber schließlich niedergeht, ist bislang noch sehr schwer abzuschätzen.

Bislang wurde in den Klima-Modellen allerdings auch noch nicht die drastische Zunahme von Ultrafeinstaub-Partikeln in der Atmosphäre angemessen berücksichtigt. In den bisherigen Berechnungen werden laut KIT standardmäßig Staubwerte aus Emissionsszenarien vom Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet.

"Mit aktuelleren Daten könnte die Modellierung des Wasserkreislaufs, der Niederschlagsänderungen und der Extremwetterereignisse vermutlich wesentlich verbessert werden", erklärt Junkermann.

Im Idealfall ließe sich so wesentlich präziser vorhersagen, wann und wo der Starkregen vermutlich niedergeht. Anwohner und Katastrophenschutz könnten entsprechend deutlich gezielter vorgewarnt werden.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund