Wer liefert der Ukraine welche Waffen?
21. Juni 2022Deutschland
Ab sofort führt die Bundesregierung im Internet eine öffentliche Liste über Lieferungen von Waffen, Ausrüstung und anderen Hilfsmitteln, die für die Front in der Ukraine bestimmt sind.
Unter den bereits gelieferten Waffen finden sich hunderte Panzer-, Bunker- und Fliegerfäuste mit tausenden Schuss Munition, die von Soldaten am Boden aus abgeschossen werden können. Hinzu kommen hunderte Handwaffen inklusive 16 Millionen Schuss Munition, 100.000 Handgranaten und 5300 Sprengladungen. An nicht tödlicher Ausrüstung hat Deutschland demnach Fahrzeuge und Benzin, Zelte und Lebensmittel sowie medizinische Hilfsgüter geliefert.
Den Panzerhaubitzen 2000 sollen weitere schwere Waffensysteme folgen: 10.000 Schuss Artilleriemunition, 30 Flakpanzer Gepard inklusive etwa 6000 Schuss Munition sowie weitere 53.000 Schuss Flakmunition. Auch die Lieferung des hochmodernen Luftabwehr-Systems IRIS-T sowie eines Ortungsradars und dreier Mehrfachraketenwerfer aus Bundeswehrbeständen steht demnach nun fest. Hinzu kommt weiteres Aufklärungsgerät, darunter 32 Drohnen, mehr als 150 teils gepanzerte Fahrzeuge und Sanitätsmaterial. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow dankte der Bundesregierung, äußerte aber gleichzeitig die Hoffnung auf noch stärkere Unterstützung.
Ein Problem bei der Lieferung westlicher Waffen ist, dass ukrainische Soldaten die meisten nicht kennen. Während bei einfacheren Geräten eine kurze Einweisung genügt, sagen Experten, dass die Ausbildung für komplexe Systeme wie den Gepard-Panzer mehrere Wochen oder gar Monate dauern kann. Auch deshalb beteiligt sich Deutschland an sogenannten Ringtauschen. So ersetzt es etwa Kampf- und Schützenpanzer sowjetischer Bauart, die Tschechien, Slowenien und Griechenland der Ukraine liefern, durch "Marder" und "Leopard 2" aus Bundeswehrbeständen.
USA
Dass die USA diesem Wunsch nachkommen wollen, hatte US-Präsident Joe Biden bereits Ende Mai ankündigte. Konkret ging es wohl um Mehrfachraketenwerfer vom Typ MLRS (Multiple Launch Rocket System) beziehungsweise die leichtere Version HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) sein, auf denen ukrainische Soldaten demnächst geschult werden sollen.
Beides sind fahrbare Plattformen, die eine Vielzahl verschiedener Raketen abfeuern können. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass beim HIMARS der Raketenwerfer auf einen gepanzerten Lastwagen statt auf ein Kettenfahrzeug montiert ist. Dies schränkt zwar die Geländegängigkeit ein, dafür verbrauchen die Reifenfahrzeuge deutlich weniger Treibstoff. Vor allem aber erlaubt ihr um ein Drittel geringeres Gewicht eine Verlegung per Flugzeug.
Beide Systeme sind in der Lage, Mittelstreckenraketen mit mehreren Hundert Kilometern Reichweite abzufeuern. Dieser Bewaffnung hat die US-Regierung jedoch eine Absage erteilt. Stattdessen sollen die ukrainischen Streitkräfte Raketen mit einer maximalen Reichweite von 80 Kilometern erhalten. Ziel sei es, den russischen Angriff auf ukrainischem Territorium zurückzuschlagen. Helfen soll dabei außerdem ein Radarsystem zur Artillerie-Abwehr aus den USA. Aus der US-Regierung heißt es, die Ukraine habe zugesichert, die Waffen nicht zu nutzen, um russisches Territorium anzugreifen.
Seit Beginn des russischen Angriffs sind die USA der weitaus größte Waffenlieferant der Ukraine. Insbesondere die tragbaren Raketensystem Javelin (zur Panzerabwehr) und Stinger (gegen Luftziele) könnten in der Frühphase entscheidend dazu beigetragen haben, die russischen Invasion abzublocken. Für die offene Feldschlacht im Donbass haben die USA und andere NATO-Staaten zudem Kampfhubschrauber und Feldhaubitzen des NATO-Kalibers 155 Millimeter geliefert. Auch von diesen Waffensystemen sollen weitere Einheiten geliefert werden.
Dänemark
Nicht nur der Donbass ist umkämpft. Die russische Schwarzmeer-Flotte belagert auch die ukrainische Südwestküste. Bisher schützt die Ukraine Odessa und andere Küstenstädte vor allem mit Seeminen. Ansonsten ist die Küste einer Invasion vom Meer aus jedoch weitgehend ungeschützt ausgesetzt, da die Ukraine selbst über keine nennenswerte Kriegsmarine verfügt.
Die Allwetter-Anti-Schiffs-Raketen vom Typ Harpoon, die Dänemark zugesagt hat, würden die Chancen zur Verteidigung der ukrainischen Schwarzmeer-Küste deutlich verbessern. Vielleicht könnte damit sogar die Seeblockade gebrochen werden, die die Ukraine weitgehend von den Weltmärkten abschneidet.
Vereinigtes Königreich
Die britische Regierung hat der Ukraine nach eigenen Angaben eine ganze Reihe von Waffensystemen geliefert. Darunter sind verschiedene tragbare Lenkwaffen, die wie Javelin und Stinger nach kurzer Einweisung von Infanteristen gegen Luft- und Bodenziele eingesetzt werden können. Aber auch schwerere Raketensysteme, die von Fahrzeugen oder vom Boden aus gestartet werden können, gingen an die ukrainische Armee.
Laut Verteidigungsstaatssekretär James Heappey sollen außerdem "Hunderte" Brimstone-1-Raketen an die Ukraine geliefert werden, die Panzer, Artilleriestellungen, aber auch leicht gepanzerte Boote zerstören können. Hinzu kommen 120 gepanzerte Truppentransporter vom Typ Mastiff mit starker Anti-Minenpanzerung sowie kleine Transportdrohnen zur Versorgung von Frontstellungen mit Verpflegung und Munition.
Tschechien
Tschechien soll bereits eine unbekannte Zahl von Schützen- und Kampfpanzern, Mehrfachraketenwerfern und Haubitzen sowie möglicherweise Kampfhubschrauber sowjetischer Bauart an die Ukraine geliefert haben. Und offenbar will das Land weitere schwere Waffen liefern. Es komme auf Kontinuität an, sagte Verteidigungsministerin Jana Cernochova Ende Mai.
Weitere Staaten
Verschiedenen Quellen zufolge hat eine ganze Reihe weiterer Staaten vor, Artillerie-Systeme inklusive zigtausend Schuss Munition vom Artillerie-Kaliber 155 Millimeter an die Ukraine zu liefern, darunter Kanada, Italien, Griechenland, Norwegen und Polen. Die Niederlande wollen wie Deutschland mehrere Panzerhaubitzen 2000 liefern.
Sowohl die in der NATO gängige Feldhaubitze M777 wie auch die Panzerhaubitze 2000 verschießt mit unterschiedlicher Munition beispielsweise Splitter-, Multispektral-Nebel-, Leucht- oder "gewöhnliche" Sprenggeschosse mit dem üblichen NATO-Kaliber. Allerdings kann die Panzerhaubitze 2000 größere Treibladungen verwenden. So erreichen ihre Geschosse Ziele in bis zu 40 Kilometern Entfernung; die maximale Reichweite der M777 wird mit 25 Kilometern angegeben.