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Politik

Aktuell: Tote und Verletzte bei Angriff auf Cherson

24. Dezember 2022

Nach einem russischen Angriff auf den Marktplatz der südukrainischen Stadt Cherson steigt die Zahl der Todesopfer. Russische Besatzer reißen das berühmte Theater in Mariupol ab. Ein Überblick.

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Pkw brennen nach dem russischen Angriff auf die Stadt Cherson im Süden der Ukraine
Pkw brennen nach dem russischen Angriff auf die Stadt Cherson im Süden der UkraineBild: Ukrainian Presidential Press Service/REUTERS

 

Das Wichtigste in Kürze:

 

  • Russischer Angriff auf Cherson: Zahl der Todesopfer steigt
  • Theater in Mariupol wird abgerissen
  • Putin fordert Rüstungsindustrie zu mehr Anstrengung auf
  • Weihnachten - deutsche Kirchenvertreter unterstützen Ukraine
  • US-Kongress verabschiedet Etat mit Milliardenhilfen für die Ukraine

 

Bei einem russischem Beschuss des Zentrums der südukrainischen Stadt Cherson sind nach Angaben der örtlichen Behörden 10 Menschen getötet und 55 weitere verletzt worden. Das teilte der Militärgouverneur Jaroslaw Januschewitsch im ukrainischen Fernsehen mit. Zuvor hatte der Vizechef des Präsidialamtes in Kiew, Kyrylo Tymoschenko, von 7 Toten und 58 Verletzten gesprochen, darunter 18 Schwerverletzte. 

Nach ukrainischen Angaben beschießen russische Truppen die Stadt weiter aus anderen Teilen des besetzten Gebiets Cherson. Der Großteil des Gebiets wird weiterhin von russischen Truppen kontrolliert. Russland hat die Region Cherson völkerrechtswidrig annektiert.

Ein ausgebranntes Autowrack steht am Straßenrand
Zerstörte Pkw in Cherson nach dem russischen Angriff an HeiligabendBild: Igor Burdyga/DW

"Die Russen haben wieder Terror verübt und das Stadtzentrum beschossen", teilte Tymoschenko mit. "Menschen sind gestorben, Gebäude sind zerstört." Am Samstag seien wegen des Wochenendes viele Menschen auf den Straßen unterwegs gewesen. 

Selenskyj: "Das ist Töten zum Vergnügen"

"Während Familien in Europa, Nordamerika und darüber hinaus festliche Abendessen vorbereiten, denken Sie an die Ukraine, die in diesem Moment gegen das Böse kämpft", schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba im Onlinedienst Twitter.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem Akt des "Terrors", mit dem Russland die Ukrainerinnen und Ukrainer "einschüchtern" wolle. Der Angriff habe sich nicht gegen militärische Einrichtungen gerichtet. "Das ist kein Krieg nach den festgelegten Regeln. Das ist Terror, das ist Töten zur Einschüchterung und zum Vergnügen."

Ukrainische Truppen hatten die Stadt Cherson im Herbst nach einem Abzug der russischen Streitkräfte eingenommen. Die russischen Besatzer zogen sich auf die andere Seite des Flusses Dnipro zurück. Der Kreml betont, dass Russland die gesamte Region Cherson als sein Staatsgebiet ansehe und nicht aufgebe.

Selenskyj warnt vor weiteren Angriffen an Weihnachten

Schon zuvor hatte Selenskyj vor möglichen russischen Angriffen an den Feiertagen und während der Urlaubszeit gewarnt. "Mit der nahenden Ferienzeit könnten die russischen Terroristen wieder aktiv werden", sagte er in seiner täglichen Videoansprache. "Sie verachten christliche Werte und jegliche Werte im Allgemeinen." Selenskyj forderte die Ukrainer auf, in den kommenden Tagen besonders wachsam zu sein. "Bitte beachten Sie daher die Luftschutzsignale, helfen Sie sich gegenseitig und achten Sie immer aufeinander."

Ausharren in einer sogenannten Wärmestube in Hostomel in der Region Kiew
Ausharren in einer sogenannten Wärmestube in Hostomel in der Region KiewBild: Mustafa Ciftci/AA/picture alliance

Gleichzeitig richtete er eine ungewöhnlich scharfe Warnung an Russland. "Die Bürger Russlands müssen klar verstehen, dass Terror nie unbeantwortet bleibt" - ohne dies näher zu erläutern. Die ukrainische Militärführung hatte in den vergangenen Tagen wiederholt vor möglichen neuen Raketenangriffen auf die Infrastruktur und Energieversorgung des Landes gewarnt. Unter anderem verwies das Militär am Freitag darauf, dass im Schwarzen Meer ein russischer Flottenverband unterwegs sei, zu dem auch ein mit Marschflugkörpern bestücktes Kriegsschiff gehöre.

Russische Besatzer zerstören Theater in Mariupol

Russische Behörden haben mit dem Abriss des berühmten Theaters in der besetzten Stadt Mariupol begonnen. "Das Theater in Mariupol existiert nicht mehr", schreibt der ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkatschenko auf Facebook. Die Besatzer wollten damit die Spuren ihrer Verbrechen vernichten. Bei einer russischen Attacke auf das Theater im März waren nach ukrainischen Angaben mehrere Hundert Menschen ums Leben gekommen, die dort Schutz gesucht hatten.

Ukraine-Krieg - Mariupol
Mit schwerem Gerät sind die russischen Besatzer am Theater in Mariupol vorgerücktBild: dpa/AP

Der Angriff hatte international für Erschütterung gesorgt. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bezeichnete ihn als "eines der tödlichsten und symbolhaftesten Beispiele für das Leid von Zivilisten" in der südukrainischen Hafenstadt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat den Luftangriff als Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte eingestuft. Das als Zufluchtsort und zur Verteilung von Essen, Trinkwasser und Medikamenten genutzte Theater sei "eindeutig als ziviles Objekt erkennbar" gewesen, erklärte Amnesty schon im Sommer. Dennoch sei das Theater angegriffen worden.

Putin fordert mehr Anstrengung der Waffenindustrie

Kremlchef Wladimir Putin hat von der russischen Rüstungsindustrie mehr Anstrengungen zur Unterstützung der Streitkräfte seines Landes gefordert. "Die Schlüsselaufgabe der Unternehmen der Rüstungsindustrie ist die Versorgung aller Einheiten mit allen notwendigen Waffen, Technik, Munition und Ausrüstung", sagte der russische Präsident beim Besuch eines Rüstungsbetriebs in Tula südlich von Moskau. "Zudem muss diese Versorgung im benötigten Umfang und in entsprechender Menge erfolgen, und innerhalb der Fristen", forderte er.

Russland Präsident Putin bei einem Besuch der Rüstungsfirma Shcheglovsky Val in Tula
Russland Präsident Putin (M.) bei einem Besuch der Rüstungsfirma Shcheglovsky Val in TulaBild: Russian Presidential Press Office/AP Photo/picture alliance

In einer Werkshalle kletterte Putin auf einen auf Hochglanz polierten Panzer. Er forderte, bei der Produktion von Waffen die "bisherigen Kampferfahrungen" einfließen zu lassen. Er vermied jeden Hinweis darauf, wo diese Kampferfahrungen gesammelt wurden.

Deutsche Kirchenvertreter unterstützen Ukraine

Zu Heiligabend haben Vertreter der beiden christlichen Kirchen in Deutschland Krieg und Gewalt verurteilt, zugleich aber das Recht der Ukraine betont, sich gegen die russischen Angriffe zu verteidigen. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, sagte zu Heiligabend im Münchner Liebfrauendom, es gebe wie jetzt in der Ukraine eine gerechtfertigte Verteidigung, sogar mit Waffen. 

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sagte die Weihnachtsbotschaft vom Frieden sei selten so nötig gewesen wie zum Ende dieses Jahres. Gleichwohl bedeute das Gebot "Du sollst nicht töten" auch, man dürfe nicht zusehen, wie unschuldige und wehrlose Menschen mitten in Europa getötet würden, so Kurschus. Auch Deutschland müsse der Ukraine daher helfen, sich mit Waffen in dem "menschenverachtenden Krieg" gegen das eigene Land zu schützen.

Straßenbahnen in Kiew stehen still

Wegen des akuten Strommangels infolge der russischen Angriffe auf das ukrainische Energienetz ist in Kiew der öffentliche Nahverkehr mit Straßenbahnen und Oberleitungsbussen vorerst eingestellt worden. An ihrer Stelle würden 222 zusätzliche reguläre Busse eingesetzt, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko mit. Die U-Bahn sei von diesen Energiesparmaßnahmen nicht betroffen. Die wiederholten russischen Angriffe auf das ukrainische Energienetz haben vor allem in Kiew schwere Schäden verursacht. Klitschko hatte zu Beginn dieser Woche erklärt, dass der Strombedarf der Dreimillionenstadt nur noch zu 50 Prozent gedeckt werden könne.

US-Haushaltsentwurf passiert auch Repräsentantenhaus

Der US-Kongress hat den Haushalt für das eigentlich bereits laufende Fiskaljahr verabschiedet und dabei eine Rekordsumme für die Verteidigung sowie weitere Militärhilfe für die Ukraine bewilligt. Am Freitag stimmte das noch von den Demokraten beherrschte Repräsentantenhaus wenige Stunden vor der Ablauf der Frist für das Paket mit einem Volumen von knapp 1,7 Billionen Dollar.

Weihnachtsbaum vor dem Kapitol in Washington
Weihnachten in WashingtonBild: Stephen Shaver/ZUMA Press Wire/picture alliance

Der Senat hatte am Donnerstag mit der Unterstützung von 18 Republikanern die mehr als 4000 Seiten schwere Vorlage bewilligt. Einige Republikaner im Repräsentantenhaus kritisierten die Ausgabenpläne scharf. Unter anderem verlangten sie, dass die Europäer mehr Gelder für die Ukraine bereitstellen müssten.

Die Republikaner übernehmen im Januar die Macht in der Kongress-Kammer. Der Haushaltsentwurf muss nun noch von Präsident Joe Biden unterzeichnet werden. 

50.000 "Wagner"-Söldner sollen in der Ukraine sein

Nach Schätzungen der US-Regierung sind derzeit rund 50.000 Söldner der russischen "Wagner"-Kampfgruppe in der Ukraine stationiert. Darunter seien rund 40.000 Ex-Strafgefangene aus russischen Haftanstalten, sagte der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, John Kirby, in Washington. Allein in den vergangenen Wochen seien etwa 1000 "Wagner"-Milizionäre bei Kämpfen getötet worden. Rund 90 Prozent der getöteten Kämpfer seien frühere Sträflinge gewesen.

Für ihren Einsatz hätten die "Wagner"-Söldner Waffen aus Nordkorea erhalten. Die USA gingen allerdings davon aus, dass die Menge an Material, die an "Wagner" geliefert wurde, die Dynamik auf dem Schlachtfeld und in der Ukraine nicht verändern werde, sagte Kirby. Nordkorea habe mit den Lieferungen zudem UN-Sanktionen verletzt.

Russische Truppen, dringend angewiesen auf die Unterstützung von "Wagner"-Söldnern?
Russische Truppen in der Ukraine, dringend angewiesen auf die Unterstützung von "Wagner"-Söldnern?Bild: Philippe De Poulpiquet/MAXPPP/dpa/picture alliance

Der Chef der "Wagner"-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, wies die US-Darstellung als "Tratsch und Spekulationen" zurück. "Jeder weiß, dass Nordkorea schon seit langem keine Waffen mehr an Russland liefert", heißt es in einer Erklärung des Verbündeten von Präsident Wladimir Putin. Auch das nordkoreanische Außenministerium erklärt, es seien niemals Waffengeschäfte mit Russland vollzogen worden.

sti/cwo/rb/gri/nob (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.