Ukraine aktuell: Russland startet Manöver in der Ostsee
5. Juni 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Russische Ostsee-Flotte startet Manöver
- Moskau: Haben Großoffensive in Donezk-Region vereitelt
- Selenskyj spricht von fast 500 getöteten ukrainischen Kindern
- Kreml soll internationale Waffensanktionen umgehen
Die NATO und Russland testen in den kommenden zwei Wochen parallel ihre Flotten in der Ostsee. An dem von den USA geführten Manöver "Baltops" sind 50 Schiffe und Boote und 45 Flugzeuge mit 6500 Soldaten aus 19 NATO-Staaten und Schweden beteiligt.
Die russische Ostseeflotte gab an diesem Montag bekannt, gleichzeitig mit 40 Schiffen, 25 Kampfjets und 3500 Soldaten üben zu wollen. Die NATO war vorher nicht offiziell darüber informiert worden. Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet aber nicht, dass sich die Lage zwischen beiden Seiten durch die Manöver hochschaukelt.
"Diese Befürchtung habe ich nicht", sagte er bei einem Besuch der Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" vor der deutschen Ostseeküste bei Rostock. "Es wird sehr verantwortungsvoll umgegangen von Seiten unserer Kräfte." Als Signal der Stärke an Russland will der Kanzler die NATO-Übung trotzdem verstanden wissen: "Es ist natürlich auch ein Zeichen, dass wir mit dem Manöver, der Übung hier setzen, nämlich dass wir die Kraft haben, die Bündnis- und Landesverteidigung zu organisieren. Und das ist das, was verstanden wird."
Russland vereitelt angeblich Großoffensive
Russische Streitkräfte haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine ukrainische Großoffensive im Süden der Region Donezk vereitelt. "Am Morgen des 4. Juni startete der Feind eine groß angelegte Offensive in fünf Sektoren der Front in Richtung Süd-Donezk", teilte das Ministerium im Nachrichtenkanal Telegram mit. "Der Feind hat seine Ziele nicht erreicht, er hatte keinen Erfolg." Rund 250 ukrainische Soldaten seien dabei getötet worden.
16 ukrainische Panzer, drei Schützenpanzer und 21 gepanzerte Kampffahrzeuge seien zerstört worden. Das Ministerium veröffentlichte ein Video, das angeblich mehrere ukrainische Panzerfahrzeuge zeigt, die nach Beschuss auf einem Feld explodieren. Von unabhängiger Seite lassen sich die Angaben nicht verifizieren.
Ob es sich bei den Gefechten um den Beginn der Großoffensive handelt, die die Ukraine seit Monaten plant, blieb zunächst offen. Im Tagesbericht des ukrainischen Generalstabs war nur davon die Rede, dass es in den östlichen Regionen Donezk und Luhansk zu 29 Gefechten gekommen sei. Das Zentrum für strategische Kommunikation äußerte sich nicht zu der russischen Darstellung, bezichtigte Russland aber der Lügen: Um die Ukrainer und auch die russische Bevölkerung in die Irre zu führen, würden Falschinformationen über die Gegenoffensive und Verluste der ukrainischen Armee verbreitet.
Fast 500 ukrainische Kinder getötet
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mindestens 485 Kinder getötet worden. Es handele sich dabei ausschließlich um Opfer, deren Daten offiziell in der Ukraine erfasst worden seien, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache vom Sonntag. In Wirklichkeit liege die Zahl deutlich höher.
Selenskyj verwies auch auf die mehr als 19.500 Kinder, die aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland deportiert worden seien. Bislang sei es erst in rund 370 Fällen gelungen, die "kleinen Ukrainer" zurückzuholen, sagte er.
Russland hat das Nachbarland am 24. Februar 2022 überfallen und hält aktuell rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Mit Blick auf Berichte über die Verschleppung ukrainischer Kinder hatte Mitte März der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehle gegen Russlands Präsident Wladimir Putin und die russische Beauftragte für Kinderrechte, Maria Lwowa-Belowa, erlassen. Der juristische Vorwurf lautet auf "Kriegsverbrechen".
Kreml umgeht internationale Waffensanktionen
Russland umgeht nach Worten des ukrainischen Präsidenen Wolodymyr Selenskyj internationale Waffensanktionen. In seiner Videobotschaft sagte Selenskyj, einige Länder und Unternehmen seien Russland dabei behilflich, Technologie mit dem Schwerpunkt Raketenproduktion zu erwerben. Die Ukraine wisse über alle Bemühungen zur Umgehung der Sanktionen Bescheid.
Die russischen Streitkräfte haben seit dem vergangenen Oktober Hunderte Raketen auf ukrainische Ziele abgefeuert. Im April hatte ein hochrangiger Berater Selenskyjs darauf hingewiesen, das ukrainische Militär habe eine zunehmende Zahl von chinesischen Bauteilen in russischen Waffen gefunden, die in der Ukraine eingesetzt würden.
Belgorod: Feuer in Energieanlage
In der russischen Grenzregion Belgorod ist nach Angaben des Gouverneurs des Gebiets eine Energieanlage bei einem Drohnenangriff in Brand geraten. "In der Region Belgorod steht eine der Energieanlagen in Flammen. Die vorläufige Brandursache war ein Sprengsatz, der von einer Drohne abgeworfen wurde", schrieb Wjatscheslaw Gladkow auf der Nachrichten-App Telegram. Es habe keine Verletzten gegeben.
Die an die Ukraine grenzende Region geriet in den vergangenen Wochen häufig unter Beschuss. Die Führung in Kiew weist die Verantwortung für die Vorgänge dort zurück und macht russische Guerilla-Gruppen dafür verantwortlich.
Kreml zu Dialog mit USA über atomare Rüstungskontrolle bereit
Russland hat sich offen für einen neuen Dialog mit den USA über atomare Rüstungskontrolle gezeigt. Der Kreml lobte ein entsprechendes Angebot des nationalen Sicherheitsberaters von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, zu Gesprächen ohne Vorbedingungen als "wichtige und positive Erklärung". Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte: "Wir rechnen damit, dass sie mit Schritten über diplomatische Kanäle gestärkt wird." Moskau bleibe offen für den Dialog.
Im Februar hatte Russland den sogenannten New Start Vertrag zur Verringerung des Atomwaffenarsenals ausgesetzt. Allerdings wurde zugleich betont, sich weiter an die Obergrenzen des Abrüstungsvertrags halten zu wollen. New Start ist der letzte noch bestehende Vertrag dieser Art zwischen den USA und Russland.
fab/se/wa/sti (rtr, ap, dpa, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.