Ukraine aktuell: Putin laut Kreml in Cherson und Luhansk
18. April 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Kreml: Putin besucht Cherson und Luhansk
- US-Reporter Gershkovich bleibt in russischer Haft
- Russisches Außenministerium bestellt Botschafterinnen ein
- Polen und Ukraine beenden Streit über Einfuhr von Getreide
- Schweiz schickt weiterhin kein Kriegsmaterial in die Ukraine
Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach offiziellen Angaben militärische Hauptquartiere in besetzten Teilen der ukrainischen Regionen Cherson und Luhansk besucht. In Cherson habe Putin an einer Kommandositzung teilgenommen, teilte das Präsidialamt in Moskau mit. Kommandeure der Luftlandetruppen und der Armeegruppe "Dnjepr" sowie andere hochrangige Offiziere hätten Putin über die Lage in den von Russland annektierten südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja informiert.
Zudem habe der Kremlchef das Hauptquartier der Nationalgarde in der ostukrainischen Region Luhansk besucht, die ebenfalls im vergangenen Jahr von Russland völkerrechtswidrig annektiert wurde. Wann die Truppenbesuche stattgefunden haben, wurde nicht mitgeteilt.
Selenskyj verteilt Orden im Donezker Gebiet
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im Donezker Gebiet in der umkämpften Stadt Awdijiwka Osterwünsche an Soldaten übermittelt und Orden verliehen. "Ich habe heute die Ehre, hier zu sein, Euch für den Dienst zu danken, dafür, dass Ihr unser Land verteidigt, die Ukraine, unsere Familien", sagte Selenskyj in einem Video. Der Staatschef und der ihn begleitende Chef seines Büros, Andrij Jermak, waren demzufolge ohne Helm und Schutzweste vor Ort.
Vor dem russischen Einmarsch vor knapp 14 Monaten hatte Awdijikwa gut 30.000 Einwohner. Die Industriestadt ist ähnlich hart umkämpft wie das etwa 50 Kilometer nordöstlich gelegene Bachmut. Die meisten Ukrainer feierten wie bei Kriegsgegner Russland am vergangenen Sonntag das orthodoxe Osterfest.
US-Reporter Gershkovich bleibt in russischer Haft
Der US-Journalist Evan Gershkovich muss weiterhin in Russland in Haft bleiben. Ein Gericht in Moskau entschied, dass die gegen den Reporter des "Wall Street Journal" bis zum 29. Mai verhängte Untersuchungshaft in Kraft bleibt. Ein Antrag auf Freilassung wurde nach einer Anhörung hinter verschlossenen Türen abgelehnt.
Die russischen Behörden werfen dem Reporter Spionage vor, was er kategorisch zurückweist. Der US-Bürger Gershkovich war während eines Reportage-Einsatzes in Jekaterinburg am 30. März festgenommen worden. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.
Moskau bestellt Botschafterinnen ein
Aus Protest gegen Solidaritätsbekundungen mit dem zu 25 Jahren Haft verurteilten Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa hat Russland die Botschafterinnen der USA, Großbritanniens und Kanadas ins Außenministerium einbestellt. Den Diplomatinnen werde "grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands" vorgeworfen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die Behörde. Die Botschafterinnen hatten am Montag vor dem Gerichtsgebäude die Freilassung Kara-Mursas gefordert. Der Kremlgegner wurde zu einer beispiellosen Strafe von 25 Jahren Lagerhaft verurteilt - wegen angeblichen Hochverrats und Diskreditierung der russischen Armee.
Polen und Ukraine beenden Getreidestreit
Polen und die Ukraine haben ihren Streit über die Einfuhr von ukrainischem Getreide beigelegt. Der polnische Landwirtschaftsminister Robert Telus sagte, der von Warschau verhängte Importstopp solle aufgehoben und ab dem kommenden Samstag wieder ukrainisches Getreide durch Polen transportiert werden. Warschau und Kiew hätten aber "Mechanismen" vereinbart, um sicherzustellen, "dass nicht eine Tonne Getreide in Polen verbleibt", sagte Telus.
Schweiz hält an Neutralität fest
Die Schweiz rückt zunächst nicht von ihrem Verbot einer Weitergabe von Kriegsmaterial an die Ukraine ab. Das machte der Schweizer Bundespräsident Alain Berset nach Gesprächen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin deutlich. Die Schweizer Neutralitätsgesetze bedeuteten, dass die Regierung bei Konflikten keine Seite militärisch unterstützen könne. "Man kann nicht verlangen, dass wir unsere eigenen Gesetze brechen", sagte Berset. Allerdings müsse geschaut werden, "wie man sich da entwickeln soll, muss oder kann", sagte Berset. Diese Diskussionen fänden in der Schweiz auch statt.
Die Schweiz verlangt bei Waffenbestellungen eine Zusicherung, dass das Material nicht an kriegführende Parteien weitergeleitet wird. Deutschland will aber Schweizer Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard aus ihren Beständen in die Ukraine exportieren. Eine Ausnahmegenehmigung dafür hat die Regierung in Bern bislang abgelehnt, ebenso ähnliche Anträge aus Dänemark und Spanien. Vorstöße im Parlament, das Gesetz zu ändern, sind bislang gescheitert.
Kritik an der Schweizer Haltung zum Ukraine-Krieg
SPD-Außenpolitiker Michael Roth zeigte sich vor Bersets Besuch enttäuscht. Diese Haltung müssen bei der zukünftigen militärischen Kooperation berücksichtigt werden, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wer bei einem solchen verbrecherischen Angriffskrieg neutral sein möchte, nützt indirekt dem russischen Aggressor", sagte Roth. Er sei in dieser Hinsicht "sehr enttäuscht" von der Schweiz.
USA modernisieren türkische Luftwaffe
Die USA kommen der Türkei mit ihrem Wunsch nach einer Modernisierung der Luftwaffe entgegen, bleiben jedoch beim Nein zum Verkauf neuer F-16-Kampfjets. Die Vorsitzenden der US-Kongressausschüsse hätten grünes Licht für eine Erneuerung der bestehenden türkischen F-16-Jets gegeben, hieß es in Washington. Präsident Joe Biden werde die Modernisierung der türkischen F-16 billigen.
Dagegen bleibt der Kongress bei der Ablehnung des Antrags der Türkei, neue F-16 im Wert von Milliarden von US-Dollar zu kaufen. Die Zustimmung zur Modernisierung folgt auf das Ja Ankaras zum Beitritt Finnlands zum NATO-Militärbündnis. Laut Beobachtern soll auch die politische Entspannung zwischen der Türkei und Griechenland eine Rolle gespielt haben.
Erst noch ein Ja zum NATO-Beitritt Schwedens
In Kongress-Kreisen hieß es weiter, um neue F-16 kaufen zu können, müsse Ankara noch dem NATO- Beitritt Schwedens zustimmen. Zudem habe die Türkei auf eine angedrohte Invasion in Kurdengebiete im Norden Syriens zu verzichten und sich an die Sanktionen gegen Russland zu halten.
Nach Jahrzehnten der militärischen Bündnisfreiheit hatte Schweden im Mai 2022 unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gemeinsam mit Finnland einen Antrag auf NATO-Mitgliedschaft gestellt. Während der Nachbar Finnland am 4. April unter Zustimmung aller Mitgliedsländer beitreten konnte, wartet Schweden noch auf grünes Licht aus der Türkei und Ungarn.
"Brasilien plappert Propaganda nach"
Die USA haben den Vorwurf des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva scharf zurückgewiesen, sie verlängerten den Ukraine-Krieg. "In diesem Fall plappert Brasilien russische und chinesische Propaganda nach, ohne sich überhaupt die Fakten anzuschauen", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, zu Journalisten. Lulas Äußerungen zum Ukraine-Krieg seien "zutiefst problematisch".
Der brasilianische Präsident hatte am Wochenende bei einem Besuch in China von den USA ein Ende der militärischen Unterstützung für die Ukraine gefordert. Die Vereinigten Staaten müssten "aufhören, den Krieg zu fördern, und anfangen, über Frieden zu reden", sagte der Linkspolitiker.
Der brasilianische Außenminister Mauricio Vieira bekräftigte das Interesse seines Landes an einer friedlichen Lösung und kritisierte die internationalen Sanktionen gegen Russland. Solche Maßnahmen hätten negative Auswirkungen vor allem auf die Wirtschaft in Entwicklungsländern, sagte Vieira während eines Besuchs des russischen Außenministers Sergej Lawrow in der Hauptstadt Brasilia. Das Land hängt als einer der weltweit führenden Agrarproduzenten von Düngemitteln aus Russland ab.
nob/uh/jj/fab/se/wa (afp, rtr, dpa)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.