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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Neue Angriffe auf Kiew

29. Mai 2023

Die ukrainische Hauptstadt steht wieder unter Beschuss. Selenskyj richtet eine Kampfansage an den Kreml. Steinmeier reist nach Litauen. Unser Überblick.

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Ein Anwohner begutachtet die Schäden in einem Zimmer nach einem Drohnenangriff auf Kiew
Ein Anwohner begutachtet die Schäden nach einem Drohnenangriff auf Kiew Bild: Sergei Chuzavkov/ZUMA Press/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kiew erneut Ziel von Luftangriffen
  • Selenskyj macht Kampfansage an den Kreml
  • Ukraine beschließt Iran-Sanktionen
  • Steinmeier reist nach Litauen
  • Russland besiegelt Austritt aus KSE-Vertrag

 

Nach zwei Nächten massiver russischer Luftangriffe ist die ukrainische Hauptstadt Kiew auch am Montagvormittag von Explosionen erschüttert worden. Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete von Detonationen im Zentrum der Hauptstadt. Die Luftabwehr ist laut Militärverwaltung aktiv. Die Behörden riefen die Einwohner Kiews auf, Schutz zu suchen.  "Ein Flugkörper wurde in der Nähe von Kiew abgeschossen", hatte Klitschko zuvor im Nachrichtenkanal Telegram mitgeteilt. "Luftabwehr funktioniert!"

Insgesamt schoss die ukrainische Luftverteidigung nach offiziellen Angaben in der vergangenen Nacht mehr als 40 russische Flugkörper über Kiew ab. Es habe sich um eine Kombination aus Raketen- und Drohnenangriffen gehandelt, gab die Militärverwaltung der Stadt via Telegram bekannt. Landesweit wehrte die ukrainische Luftwaffe eigenen Angaben zufolge 29 Kampfdrohnen und 37 Marschflugkörper ab. 

Russische Streitkräfte haben bei ihren Luftangriffen in der Nacht zum Montag nach ukrainischen Angaben auch die Region Chmelnyzkij im Westen des Landes ins Visier genommen. Ein militärisches Lager mit Treibstoff, Schmierstoffen und Munition sei getroffen worden, teilt das Büro des Gouverneurs der Region auf Telegram mit. Rettungskräfte bemühten sich noch immer, die Brände einzudämmen. In Odessa am Schwarzen Meer brach nach Drohnenbeschuss ein Feuer im Hafen aus. 

Bereits in der Nacht zum Sonntag war Kiew von einer russischen Angriffswelle überzogen worden. Am letzten Sonntag im Mai feiert die Stadt den Tag ihrer offiziellen Gründung vor 1541 Jahren.

Belgorod meldet wieder Angriffe

In der russischen Region Belgorod sind nach Angaben des dortigen Gouverneurs mehrere Ortschaften an der Grenze gleichzeitig von ukrainischen Streitkräften beschossen worden. In der Grenzstadt Schebekino seien zwei Industrieanlagen angegriffen worden, teilt Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram mit. Vier Mitarbeiter seien verletzt worden, in mehreren Ortschaften sei der Strom ausgefallen.

Russland l Gouverneur der Region Belgorod - Wjatscheslaw Gladkow
Wjatscheslaw Gladkow, Gouverneur der Region BelgorodBild: Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin via REUTERS

Belgorod grenzt an die ukrainische Region Charkiw und wurde seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 wiederholt angegriffen. Die Regierung in Kiew nimmt fast nie Stellung zu Angriffen auf russisches Territorium und von Russland annektierte ukrainische Gebiete. 

Kampfansage an die russische Führung

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Sturz der russischen Führung nach deren Niederlage in ihrem Angriffskrieg vorausgesagt. "Kiew und alle unsere Städte, unsere gesamte Ukraine werden den Schlusspunkt unter die Geschichte des Moskauer Despotismus setzen, der viele verschiedene Völker über sehr lange Zeit hinweg versklavt hat", sagte er in seiner täglichen Videoansprache.

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seiner Videoansprache von Sonntagabend auf den Straßen von Kiew
Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seiner Videoansprache von SonntagabendBild: president.gov.ua

Der Staatschef war dabei nicht wie üblich in einem abgeschirmten Raum, sondern im Abendlicht auf der Straße vor dem Präsidentenbüro in Kiew zu sehen. Der ukrainischen Flugabwehr sei es gelungen, einen der größten russischen Drohnenangriffe seit Kriegsbeginn fast völlig abzuwehren, sagte Selenskyj. Russland habe so versucht, den Kiewern den Stadtgeburtstag zu verderben.

Selenskyj-Berater schlägt entmilitarisierte Zone vor

Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schlägt als eine Nachkriegsregelung eine entmilitarisierte Zone vor. Diese sollte 100 bis 120 Kilometer innerhalb Russlands entlang der Grenze zur Ukraine umfassen. Sie sei notwendig, um ukrainische Regionen vor Beschuss zu schützen, schreibt Präsidentenberater Mychailo Podoljak auf Twitter.

Ukraine beschließt Iran-Sanktionen

Das Parlament in Kiew hat Sanktionen gegen Russlands Verbündeten Iran beschlossen. "Diese Resolution synchronisiert die ukrainischen Sanktionen mit den Aktionen der gesamten zivilisierten Welt auf dem Weg zur vollständigen Isolierung des Iran", heißt es auf der Parlaments-Website. Die Ukraine wirft Russland vor, mit Drohnen iranischer Herstellung ukrainische Städte anzugreifen.

Das Sanktionspaket umfasst ein Verbot militärischer und sogenannter Dual-Use-Güter, die für zivile wie militärische Zwecke genutzt werden können, die Einstellung des Transits dieser Waren durch die Ukraine sowie die "Aussetzung der wirtschaftlichen und finanziellen Verpflichtungen zugunsten iranischer Einwohner". Der Gesetzentwurf muss noch von Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichnet werden. Die Führung in Teheran führte in der Vergangenheit ins Feld, die iranischen Drohnen seien noch vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 an Russland geliefert worden.

Steinmeier reist nach Litauen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird zu einem zweitägigen Besuch in Litauen erwartet. Unter anderem ist ein Treffen mit seinem litauischen Kollegen Gitanas Nauseda und ein gemeinsamer Besuch bei einer Übung der multinationalen NATO-Kampfgruppe Enhanced Forward Presence (EFP) unter deutscher Führung geplant.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) und Gitanas Nauseda, Präsident von Litauen, im März 2022 beim multinationalen Bataillon der NATO Enhanced Forward Presence (EFP)
Wenige Tage nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hatte Steinmeier zuletzt Litauen besucht (Archivfoto)Bild: picture alliance/dpa

Steinmeier hatte das an Russland angrenzende NATO-Mitglied Litauen zuletzt Anfang März 2022 besucht - wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Vor wenigen Wochen war bereits Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nach Litauen gereist und hatte dem baltischen Land eine "dauerhafte Präsenz" der Bundeswehr zugesichert.

Training an Abrams-Panzern hat begonnen

Auf dem Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr trainieren ukrainische Soldaten mit amerikanischen Abrams-Panzern. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums bestätigte einen Artikel des US-Militärmagazins "Stars and Stripes", wonach die Übungen an den schweren Waffen am Freitag begonnen hätten. Mitte des Monats waren 31 Abrams-Übungspanzer in Grafenwöhr eingetroffen.

Ankunft der Abrams-Übungspanzer in Grafenwöhr
Ankunft der Abrams-Übungspanzer in GrafenwöhrBild: Spc. Adrian Greenwood/DVIDS/dpa/picture alliance

200 ukrainische Einsatzkräfte lernen in Grafenwöhr die Bedienung und Instandhaltung der Panzer sowie Einsatztaktiken. Zudem bekommen sie eine medizinische Ausbildung. US-Generalstabschef Mark Milley hatte Ende April bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein gesagt, die USA würden für die Ausbildung zuerst Übungspanzer liefern, die nicht kampftauglich seien. Die für das Schlachtfeld gedachten Abrams-Panzer würden noch instand gesetzt.

Russlands Austritt aus KSE-Abrüstungsvertrag offiziell in Kraft

Russlands Austritt aus dem Abrüstungsvertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) ist jetzt offiziell vollzogen. Das von Kremlchef Wladimir Putin unterzeichnete Gesetz, das er bereits Mitte Mai vom Parlament absegnen ließ, wurde am Montag im russischen Rechtsportal online veröffentlicht. Russland hatte das 1990 vereinbarte Abkommen, das die Obergrenzen für die Stationierung schwerer Waffen auf dem europäischen Kontinent festlegt, allerdings schon vor Jahren größtenteils auf Eis gelegt. Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte nun, dass die Vertragskündigung "keine direkten Folgen" haben werde. Zu den Waffen, deren Stationierung der KSE-Vertrag regelt, zählen Kampf- und Schützenpanzer, schwere Artillerie, Kampfflugzeuge und -hubschrauber. 

rb/se/haz/qu/kle (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.