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PolitikEuropa

Aktuell: Applaus für polnischen Präsidenten Duda in Kiew

22. Mai 2022

Der polnische Präsident Duda ist wieder in der Ukraine. Aus dem Osten werden schwere russische Angriffe gemeldet. Die Ukraine verlängert das Kriegsrecht um 90 Tage. Ein Überblick.

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Kiew Rede Präsident Duda Polen im Parlament der Ukraine
Polens Präsident Andrzej Duda bei seiner Rede im Parlament in KiewBild: JAKUB SZYMCZUK/POLISH PRESIDENCY/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze

  • Polens Präsident Duda hält im Parlament von Kiew eine Rede
  • Ukraine verlängert Kriegsrecht bis zum 23. August
  • Russland erwägt nun doch den Austausch von Asow-Kämpfern
  • Russland lässt neue Interkontinentalraketen bauen
  • Deutscher Ex-Botschafter: "Russland nutzt den Hunger zur Kriegsführung"

 

Als erster ausländischer Staatschef seit Beginn des russischen Einmarsches am  24. Februar hat der polnische Präsident Andrzej Duda eine Rede im ukrainischen Parlament gehalten. Niemand könne die polnisch-ukrainische Einheit stören, sagte Duda in seiner Ansprache in der Hauptstadt Kiew. Immer wieder erhoben sich die Parlamentarier, um dem Gast aus Polen zu applaudieren. Auch der
ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war anwesend. Duda bekräftigte das Recht der Ukraine auf Selbstbestimmung. "Nur die Ukraine hat das Recht, über ihre Zukunft zu bestimmen", sagte der polnische Präsident vor den Abgeordneten. 

Kiew Rede Polen Präsident Duda im Parlament der Ukraine | Umarmung mit Selenskyj
Freundschaftliche Begrüßung - Andrzej Duda (l.) und Wolodymyr Selenskyj im Parlament in KiewBild: REUTERS

Dudas Solidaritätsbesuch war überraschend am Sonntagmorgen bekannt geworden. Der 50-Jährige reiste bereits zum zweiten Mal seit Kriegsausbruch in die Ukraine. Duda setzt sich unter anderem dafür ein, dass das Nachbarland möglichst rasch einen EU-Kandidatenstatus erhält. 

Knapp 3,5 Millionen ukrainische Flüchtlinge sind bislang in Polen eingereist. Damit hat das Land mit Abstand den meisten der insgesamt rund 6,5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine Zuflucht gewährt.

Ukraine verlängert Kriegsrecht um 90 Tage

Die Ukraine hat das seit Ende Februar geltende Kriegsrecht um weitere 90 Tage verlängert. Das Parlament in Kiew stimmte angesichts des russischen Angriffskriegs auch für eine Verlängerung der Generalmobilmachung bis zum 23. August, wie mehrere Abgeordnete im Nachrichtendienst Telegram schrieben. Präsident Selenskyi hatte am Mittwoch die entsprechenden Gesetzentwürfe vorgelegt. Die Bestätigung durch die Abgeordneten galt als sicher.

Selenskyj ruft zu weiteren Sanktionen gegen Russland auf

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. Darüber habe er auch mit Italiens Regierungschef Mario Draghi gesprochen, sagte das Staatsoberhaupt in seiner nächtlichen Videobotschaft. Viele westliche Staaten haben bereits beispiellose Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt. Die russische Armee habe seit Beginn des Kriegs insgesamt 1873 Bildungseinrichtungen in der Ukraine zerstört, sagte Selenskyj. "Russland hat praktisch alle seine Ressourcen geschickt, um uns zu zerstören."

Ukraine-Krieg - Kiew
Am Samstag hatte ein weiterer hochrangiger Europäer den ukrainischen Präsidenten besucht: Portugals Premier Antonio Costa begrüßt Wolodymyr SelenskyjBild: Ukrainian Presidential Press Office/dpa/picture alliance

Die Situation im Donbass bezeichnete der Präsident als äußerst schwierig. Die russische Armee konzentriere sich auf die letzten ukrainischen Stellungen in der Region. Selenskyj verwies auf das "komplett zerstörte" Mariupol und erklärte: "Nun versuchen sie, das gleiche mit Sewerodonezk und vielen anderen Städten zu machen". Selenskyj sprach von "brutalen und absolut unsinnigen" Bombardements und Angriffen auf die Zivilbevölkerung, die in Kellern und Tunneln Zuflucht sucht.

In der Region Luhansk werden inzwischen nur noch die durch einen Fluss getrennten Städte Sewerodonezk und Lyssytschansk von der Ukraine kontrolliert. Nach Ansicht von Experten droht Sewerodonezk, komplett von russischen Truppen umzingelt und belagert zu werden.

Der Generalstab der ukrainischen Armee berichtete von intensiven russischen Luftangriffen im gesamten Land. Örtliche ukrainische Behörden bestätigten einen russische Raketenangriff auf die Ortschaft Malyn westlich von Kiew. 

Asow-Stahlwerk: Auch Frauen unter den Gefangenen

Unter den gefangengenommenen Kämpfern aus dem Stahlwerk in Mariupol sollen sich auch 78 Frauen befinden. Das sagte der Chef der Donezker Separatisten, Denis Puschilin, der russischen Staatsagentur Tass. Zudem seien Ausländer in russische Gefangenschaft gekommen. Hier nannte er keine Zahl.

Soldaten in Asow-Stahlwerk (Foto vom 10. Mai)
Soldaten in Asow-Stahlwerk (Foto vom 10. Mai)Bild: Azov Special Forces Regiment of the Ukrainian National Guard/AP/picture alliance

Nach Angaben aus Moskau kamen insgesamt 2439 ukrainische Soldaten seit dem 16. Mai in russische Gefangenschaft. "Sie hatten genug Nahrung und Wasser, sie hatten auch genug Waffen", sagte Puschilin. "Das Problem war der Mangel an Medikamenten."

Medwedtschuk im Austausch gegen Asow-Kämpfer?

Russland erwägt den Austausch von gefangengenommenen Kämpfern des ukrainischen Asow-Regiments gegen den pro-russischen Geschäftsmann Viktor Medwedtschuk. "Wir werden die Frage prüfen", sagte der russische Abgeordnete und Unterhändler bei den Verhandlungen mit Kiew, Leonid Slutski, der Nachrichtenagentur RIA Nowosti.

Dieses von der Ukraine veröffentliche Foto zeigt Viktor Medwedtschuk nach seiner Festnahme am 12. April
Dieses von der Ukraine veröffentliche Foto zeigt Viktor Medwedtschuk nach seiner Festnahme am 12. AprilBild: UKRAINIAN PRESIDENCY/HANDOUT/AA/picture alliance

Medwedtschuk gilt als Vertrauter von Russlands Präsident Putin. Der ukrainische Politiker und Unternehmer, der zu den reichsten Menschen des Landes gehört, war im vergangenen Jahr in der Ukraine wegen Hochverrats angeklagt und unter Hausarrest gestellt worden. Mit Beginn des russischen Angriffs tauchte er aber unter und wurde Mitte April wieder gefasst.

Russland lässt neue Interkontinentalraketen bauen

Bis zum Ende des Herbstes will Russland etwa 50 neue Interkontinentalraketen vom Typ Sarmat in den Dienst nehmen. Die Raketen mit dem NATO-Codename: SS-X-30 Satan 2 sollen im sibirischen Krasnojarsk hergestellt werden. Das teilte der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, mit. Ende April hatte Russland die Rakete auf dem nordrussischen Weltraumbahnhof Plessetzk getestet. Die Sarmat hat eine Reichweite von 18.000 Kilometern und kann atomare Sprengköpfe tragen. Damit kann sie sowohl über den Nord- als auch über den Südpol Ziele weltweit erreichen. Die ersten Einheiten sollen im sibirischen Großbezirk Krasnojarsk stationiert werden. Präsident Wladimir Putin hatte vor dem Hintergrund des Kriegs gegen die Ukraine den Raketenstart im April zu Drohungen gegen den Westen genutzt.

"Hunger als Mittel der Kriegsführung"

Der langjährige deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, wirft Moskau vor, eine globale Versorgungskrise zu provozieren. Präsident Wladimir Putin versuche gezielt, Hungerkrisen im Nahen Osten und in Nordafrika zu erzeugen, sagte von Fritsch dem Berliner "Tagesspiegel". Deshalb hindere Russland die Ukraine am Getreide-Export und bombardiere sogar Getreidesilos.

Rüdiger von Fritsch, deutscher Botschafter in Moskau, im März 2018 vor dem russischen Außenministerium
Rüdiger von Fritsch, deutscher Botschafter in Moskau, im März 2018 vor dem russischen AußenministeriumBild: Pavel Golovkin/AP/dpa/picture alliance

 "Putins Kalkül besteht darin, dass nach dem Zusammenbruch der Getreidelieferungen die hungernden Menschen aus diesen Regionen fliehen werden", sagte von Fritsch, der Putin in der Vergangenheit mehrfach persönlich getroffen hatte. "Mit neuen Flüchtlingsströmen will er Europa destabilisieren und politischen Druck aufbauen, damit westliche Staaten ihre harte Haltung gegen Russland aufgeben." Dies sei "eine neue hybride Kriegsführung", kritisierte der Diplomat, der nicht an ein rasches Ende des Krieges glaubt.

DGB fordert "Kehrtwende" in deutscher Flüchtlingspolitik

Flüchtende sollten nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) grundsätzlich die Rechte bekommen, die den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zugestanden werden. Die neue DGB-Chefin Yasmin Fahimi forderte in Zeitungen der Funke Mediengruppe eine "grundsätzliche Kehrtwende" in der deutschen Flüchtlingspolitik. "Ich denke an den schnellen Anspruch auf Grundsicherung, aber vor allem auch den direkten Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt", sagte sie. Es sei nicht wirklich erklärlich, warum die Unterscheidung zwischen Grundsicherung und Asylbewerberleistungen immer noch aufrechterhalten werde.

Die ehemalige SPD-Politikerin Yasmin Fahimi ist neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)
Die ehemalige SPD-Politikerin Yasmin Fahimi ist neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)Bild: Janine Schmitz/photothek/picture alliance

Zugleich beklagte Fahimi bürokratische Hürden bei der Integration ukrainischer Flüchtlinge. Manche Arbeitgeber schreckten nicht davor zurück, das Leid der Geflüchteten auszunutzen. "Wir machen das Tor weit auf, um den Kriegsflüchtlingen eine schnelle Perspektive zu bieten. Und dann halten unterbesetzte Ausländerbehörden alles auf."

Morgan Freeman darf nicht nach Russland

Russland hat Einreiseverbote gegen weitere US-Bürger verhängt. Das Außenministerium in Moskau veröffentlichte 963 Namen, zu denen nun auch Hollywood-Star Morgan Freeman gehört. Auf der Liste stehen bereits die Namen von US-Präsident Joe Biden, Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin, aber auch der von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, heute Chef des Digitalkonzerns Meta.

US-Schauspieler Morgan Freeman ist in Russland unerwünscht
US-Schauspieler Morgan Freeman ist in Russland unerwünschtBild: Yui Mok/picture alliance

Die Sanktionen sind eine Reaktion Russlands auf die von den USA verhängten Einreisesperren. Die auf der Website des russischen Außenministeriums veröffentlichte Liste enthält die Namen von Regierungsvertretern und Parlamentsabgeordneten, aber auch von Mitgliedern der Zivilgesellschaft. Dem Schauspieler Freeman wirft Moskau vor, im Jahr 2017 von einem russischen "Komplott" gegen die USA gesprochen zu haben.

qu/kle/se/rb/wa (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.