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KonflikteUganda

Uganda: Wer sind die LRA-Rebellen?

Martina Schwikowski
14. August 2024

Thomas Kwoyelo, ehemaliger LRA-Rebell, ist wegen brutaler Verbrechen im Bürgerkrieg in Uganda verurteilt worden. Der Anführer der Miliz ist jedoch weiterhin auf freiem Fuß.

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Uganda: Thomas Kwoyelo in grauem Hemd auf der Anklagebank, neben ihm eine Wärter
Kwoyelo, hier 2017 vor Gericht, hatte laut Urteil den Rang eines Obersts in der LRA und gewaltsame Angriffe auf Zivilisten angeordnetBild: GAEL GRILHOT/AFP

Er ist der erste Kommandant der berüchtigten Lord's Resistance Army (Widerstandsarmee des Herrn, LRA), der wegen Kriegsverbrechen in Uganda vor Gericht stand: Der ehemalige Kindersoldat Thomas Kwoyelo ist in 44 Anklagepunkten schuldig gesprochen worden, das Strafmaß wird nächste Woche erwartet.

Die Anklage lautete auf Mord, Vergewaltigung, Folter, Plünderung, Entführung und Zerstörung von Siedlungen für Binnen-Vertriebene, sagte der Richter, Michael Elubu. Er fügte hinzu, dass Kwoyelo in drei Anklagepunkten des Mordes für nicht schuldig befunden worden ist. 31 weitere Straftaten wies das Gericht ab. Kwoyelo bestritt alle Vorwürfe zu seinen Taten, die er zwischen 1992 und 2005 begangen haben soll.

Einer von Kwoyelos Söhnen, Moses Rackara, sagte, das Urteil vom Dienstag sei keine Überraschung: "Unser Vater wurde misshandelt, seit er vor Gericht stand, und wir haben nicht viel anderes erwartet, als dass er verurteilt wird. Alles deutete darauf hin, dass er keine Gerechtigkeit erfahren würde", sagte der 27-Jährige der Nachrichtenagentur AFP.

Kämpfer der LRA in Militäruniform, Gewehre geschultert, auf einem Pfad an einer Strohhütte vorbei
Die LRA breitete sich von Uganda aus in den Sudan, die Demokratische Republik Kongo und die Zentralafrikanische RepublikBild: AFP/Getty Images

Das Urteil ist laut Kristof Titeca, Politikwissenschaftler am Institut für Entwicklungspolitik der Universität Antwerpen, ein bedeutender Schritt für die Aufarbeitung des Bürgerkriegs: "Was für Norduganda bleibt, sind Wunden, die geheilt werden müssen, Wunden eines sehr brutalen Konflikts zwischen der LRA und der ugandischen Regierung, und in diesem Sinne kann das Urteil gegen Kwoyelo immer noch eine wichtige Rolle spielen", sagt er zur DW.

Als Kind verschleppt

Kwoyelo wurde laut eigenen Angaben im Alter von 12 Jahren auf seinem Schulweg entführt. Anschließend diente er etwa 20 Jahre lang in der LRA. Er war allerdings kein führender LRA-Befehlshaber, von denen einige vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Vergewaltigung, Versklavung, Verstümmlung, Mord und Kindesentführung gesucht werden. Darunter auch der berüchtigte Rebellenführer und ehemalige Messdiener Joseph Kony.

Kony gründete 1987 im Norden Ugandas die Rebellengruppe LRA. Sein Ziel war es, Präsident Yoweri Museveni von der Macht zu vertreiben und einen christlichen Gottesstaat zu errichten. Nachdem die LRA-Kämpfer vom ugandischen Militär aus dem Land vertrieben worden waren, zogen sie in die politisch instabilen Nachbarländer der Region. Kony konnte bisher nicht gefasst werde, er ist seit 2005 auf der Flucht.

Kwoyelo wurde im März 2009 in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) bei einer Razzia der regionalen Streitkräfte gegen LRA-Rebellen festgenommen. Er verbrachte die nächsten 14 Jahre in Haft - die Versuche, ihn vor Gericht zu stellen, zogen sich hin. Sein umstrittener Prozess hat Menschenrechtsorganisationen auf den Plan gerufen. Sie kritisieren, dass seine lange Haft es ihm unmöglich gemacht habe, Gerechtigkeit zu erfahren.

Sudan Joseph Kony mutmaßlicher Kriegsverbrecher und der Anführer der Lord’s Resistance Army
Joseph Kony, der Gründer und Anführer der LRA hier in einer Aufnahme von 2006, wird immer noch vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchtBild: Stuart Price/AP Photo/dpa/picture alliance

Die Organisation Human Rights Watch erklärte im Januar 2024 zu diesem Fall, für Kriegsopfer der LRA sei es "schmerzlich unzureichend", wie mit Verantwortung und Haftung umgegangen werde. "Die Möglichkeiten für Verbesserungen werden immer geringer, was Prozesse in Uganda umso wichtiger macht."

Ex-Kindersoldaten straffähig?

Doch es gibt einen entscheidenden Punkt: "Die Frage, ob Kindersoldaten für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden sollten, ist eine wichtige Debatte im Zusammenhang mit Kriegsverbrecherprozessen", sagt Titeca. Ihm zufolge argumentieren einige Menschenrechtsakteure: Menschen wie Kwoyelo hätten in gewisser Weise noch Entscheidungen treffen können - auch wenn sie ein Kind waren.

Dies war insbesondere im Fall Dominic Ongwen ein wichtiges Thema. Der Kindersoldat und spätere Kommandant Ongwen musste sich 2021 vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) verantworten.

Ongwen wurde im Alter von neun Jahren von der LRA entführt, stieg in den Rängen auf und wurde in 60 Fällen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Ongwen wurde zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt und verbüßt seine Strafe derzeit in Norwegen.

Amnestie wichtig für den Frieden

Im Fall von Dominic Ongwen wies das Gericht Wiedergutmachungen für die schätzungsweise 50.000 Opfer im Gesamtwert von mehr als 52 Millionen Euro an. Eine Rekordsumme, von der jedes Opfer symbolische 750 Euro erhält und mit der weitere kollektiv Projekte finanziert werden sollen. Da Ongwen nicht selbst die finanziellen Mittel hat, soll der Treuhandfond des IStGH für Opfer einspringen - der jedoch auf Spenden angewiesen ist und möglicherweise nicht in der Lage ist, die gesamte Summe zu übernehmen.

Im Gegensatz dazu steht der Fall Kwoyelo: "Es gibt es in Uganda kein Gesetz, das sich mit Entschädigungen befasst", sagt Irene Winnie Anying, Direktorin der Nichtregierungsorganisation Anwälte ohne Grenze in Kampala, zur DW, die den Prozess beobachtet hat

Allerdings spielt Amnestie laut Politikwissenschaftler Titeca eine wichtige Rolle für den Friedensprozess. "Uganda hat ein großzügiges Amnestiegesetz, das besagt, dass jedem LRA-Kämpfer, der sich ergeben hat, Amnestie gewährt werden kann. Das liegt daran, dass der größte Teil der Kämpfer entführt worden ist, viele sogar als Kind", sagt Titeca gegenüber DW. "Andererseits glauben viele Menschen, dass es nur Frieden geben kann, wenn es Gerechtigkeit gibt, und deshalb brauchen wir eine Form der Gerechtigkeit, auch wenn jemand als Kind entführt wurde", argumentiert Titeca.

Rebellengruppe weitgehend ausgelöscht

Von der gefürchteten Rebellenmiliz LRA ist nicht viel übrig geblieben. Lediglich eine Gruppe von 50 bis 100 Kämpfern, die Kony immer noch treu ergeben sind, sagt Titeca. Die verbliebenen Kämpfer streiften durch das Grenzgebiet zwischen dem Sudan, dem Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik und lebten hauptsächlich vom Handel mit Gold und Elfenbein.

Uganda leidet noch immer unter seiner grausamen Vergangenheit. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in der zentralafrikanischen Region mehr als 100.000 Menschen von der LRA getötet. Außerdem wurden zwischen 60.000 und 100.000 Kinder entführt.

Der Bürgerkrieg endete 2006, als ein Friedensprozess eingeleitet wurde. Die Vereinigten Staaten haben eine Belohnung von umgerechnet 4,5 Millionen Euro für Hinweise zu Konys Ergreifung ausgesetzt, da er nach wie vor einer der meistgesuchten Flüchtigen des Internationalen Strafgerichtshofs ist.

Der verurteilte Kwoyelo sagte vor Gericht in Uganda aus, dass nur Kony für die Verbrechen verantwortlich sei und dass jeder in der LRA mit dem Tod rechnen müsse, wenn er dem Warlord nicht gehorche.

Mitarbeit: Sandrine Blanchard

Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch.