Ahmet Altan erneut verhaftet
12. November 2019Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Reporter ohne Grenzen bestätigten einen Bericht der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu vom Dienstag, nach dem Altan in seinem Haus im Bezirk Kadiköy auf der asiatischen Seite Istanbuls festgenommen wurde. Zuvor hatte ein Gericht in Istanbul die Verhaftung des 69-Jährigen angeordnet, nachdem der Generalstaatsanwalt Einspruch gegen die Entlassung aus der Haft eingelegt hatte. Laut Reporter ohne Grenzen wurde Altan mit der Begründung festgesetzt, dass Fluchtgefahr bestehe.
Erst am 4. November hatte ein türkisches Gericht Altan und die Journalistin Nazli Ilicak unter Auflagen freigelassen, sie mussten sich seither regelmäßig bei der Polizei melden. Zugleich reduzierten die Richter das Strafmaß für die beiden Angeklagten, das ursprünglich lebenslange Haft gelautet hatte. Sie verurteilten Altan stattdessen zu zehn Jahren und sechs Monaten Haft, Ilicak erhielt eine Strafe von acht Jahren und neun Monaten.
Ahmet und Ilicak bestreiten Beteiligung an Putschversuch
Die beiden Journalisten waren kurz nach dem Putschversuch vom Juli 2016 verhaftet und 2018 verurteilt worden, weil sie Mitglieder der verbotenen Gülen-Bewegung gewesen sein sollen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der Bewegung vor, hinter dem Putschversuch zu stecken. Der Kopf der Gruppe, der in den USA lebende Prediger Fethullah Gülen, weist die Vorwürfe zurück.
Auch Altan und Ilicak hatten jede Beteiligung an dem gescheiterten Umsturzversuch von sich gewiesen und die Anschuldigungen als "grotesk" bezeichnet. Im Juli sprach das Oberste Berufungsgericht der Türkei beide Autoren frei und ordnete ein Wiederaufnahmeverfahren wegen einer anderen Anklage an.
Ehrung als "kritischer Kommentator"
Altan war Chefredakteur der Zeitung "Taraf", die nach dem Umsturzversuch geschlossen wurde. Ende November soll er für sein im Gefängnis geschriebenes Buch "Ich werde die Welt nie wiedersehen" in München mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet werden. Ahmet sei ein "kritischer Kommentator des Geschehens in der Türkei", der für alle spreche, "die für die Wahrheit eintreten und die Freiheit verteidigen", hieß es in der Jury-Begründung.
Ilicak schrieb in der Vergangenheit für die regierungsnahe Zeitung "Sabah" und für die nunmehr ebenfalls eingestellte Gülen-nahe Zeitung "Bugün".
hk/rb (dpa, afp)