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Putschisten von 1997 vor Gericht

2. September 2013

In Ankara hat der Prozess gegen 103 mutmaßliche Beteiligte des Militärputsches von 1997 begonnen. Ein Schuldspruch würde die Stellung des türkischen Militärs weiter schwächen.

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Ankunft der Angeklagten in hochgesicherten Bussen am Gerichtsgebäude AFP/Getty Images)
Bild: Adem Altan/AFP/Getty Images

Im Sommer 1997 war die islamistische Regierung von Premier Necmettin Erbakan in einem unblutigen Staatstreich gestürzt worden. Die Staatsanwaltschaft fordert für fast alle an dem Putsch Beteiligten lebenslange Haftstrafen.

Angeklagt sind insgesamt 103 Verdächtige. Das Verfahren reiht sich ein in eine Serie von Strafprozessen, mit denen die Justiz versucht mutmaßliche Interventionen der Militärs gegen gewählte Politiker aufzuarbeiten.

Die türkische Armee sah sich lange als Wächter über die säkulare Staatsordnung der Türkei und nahm für sich das Recht in Anspruch, gegen zivile Regierungen vorzugehen, wenn diese nach ihrer Meinung vom Laizismus abwichen. Der 1996 ins Amt gewählte Erbakan, der Vater des politischen Islam in der Türkei, war der Armee deshalb von Anfang an ein Dorn im Auge.

Die Generäle setzten die Regierung mit einer Reihe von Maßnahmen so unter Druck, dass Erbakan im Sommer 1997 zurücktreten musste und durch den konservativen Politiker Mesut Yilmaz ersetzt wurde. 1997 war bereits das vierte Mal, dass die türkischen Generäle eine Regierung stürzten, im Gegensatz zu 1960, 1971 und 1980 geschah dies allerdings unblutig, nämlich schlicht mittels eines Memorandums der Generäle. Es wurde weder die Verfassung außer Kraft gesetzt noch das Parlament aufgelöst - lediglich die Regierung musste gehen, weshalb sich für die Ereignisse bald die Bezeichnung "postmoderner Putsch" einbürgerte.

Staatsanwaltschaft fordert: "Lebenslänglich"

Zu den nun Angeklagten, inzwischen meist pensionierten Armeegenerälen gehört auch Ex-Generalstabschef Hakki Karadayi, doch wird der 81-Jährige wegen seines schlechten Gesundheitszustands nicht an den Verhandlungen teilnehmen. Zudem müssen sich der ehemalige Vize-Generalstabschef Cevik Bir sowie andere hochrangige Ex-Militärs und Bürokraten verantworten. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, stand zunächst nicht fest.

Ismail Hakki Karadayi - Generalstabschef während des Putsches 1997 (Foto: dpa/Archivbild)
Ismail Hakki Karadayi - Generalstabschef während des Putsches 1997 (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

Machtkampf mit Generälen

Eine Verurteilung der Militärs in diesem neuen Prozess würde die Position der einst in der türkischen Politik tonangebenden Armee weiter schwächen. Die derzeit regierende islamisch-konservative AKP-Partei mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan an der Spitze, hat im vergangenen Jahrzehnt einen erbitterten Machtkampf gegen die Armee geführt und diesen weitgehend gewonnen. Mehrere hundert pensionierte Offiziere wurden wegen mutmaßlicher Putschpläne gegen den heutigen Regierungschef Erdogan vor Gericht gestellt und zu teilweise langen Haftstrafen verurteilt, zuletzt im August im sogenannten "Ergenekon"-Prozess.

Der 1997 gestürzte und im Jahr 2011 verstorbene Erbakan galt als Mentor des heutigen Ministerpräsidenten Erdogan, der in Erbakans islamistischer Wohlfahrtspartei seine politische Karriere begann. Erbakans Wohlfahrtspartei wurde nach dem Putsch verboten. Zwei Jahre später gründete Erdogan die AKP, übersetzt: "Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung".

qu/nis (afp, rtre)