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Politik

Türkische LGBTI-Aktivisten kämpfen weiter

Hilal Köylü
24. November 2017

Den gesellschaftlichen Druck bekommen in der Türkei auch sexuelle Minderheiten zu spüren. Verbote und Diskriminierungen gehören mittlerweile zu ihrem Alltag. Doch nun formiert sich Widerstand.

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Verbotene LGBTI-Parade in Istanbul, Juli 2017
Kämpfen für ihre Rechte: Türkische LGBTI-Aktivisten im Juli 2017Bild: picture-alliance/AP Photo/L. Pitarakis

 "Sollen wir eine Gesellschaft werden, in der alle einander gleichen? Sollen wir uns ständig gegenseitig ausgrenzen?", empört sich ein 44-jähriges LGBTI-Mitglied aus der Türkei, das öffentlich nur unter seinem Namenskürzel A.E. sprechen möchte. LGBTI - das steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle. A.E. hat Angst vor Verfolgung, vermutlich zu Recht. Er wohnt in Ankara, wo seit Jahren drei große LGBTI-Organisationen aktiv sind. Doch die dürften es selbst in der eher liberalen Hauptstadt der Türkei immer schwerer haben.

Vergangene Woche hatten die türkischen Behörden mit dem Verweis auf die "öffentliche Sicherheit und Moral" alle Veranstaltungen der LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle) und LGBTT (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle oder Transvestiten) bis auf unbestimmte Zeit verboten. Dazu zählt zum Beispiel das Pembe Hayat Queer Fest, das im Oktober 2018 zum siebten Mal stattfinden sollte. Doch auch Vereine sind von dem Verbot betroffen, wie "Pinkes Leben" (Pembe Hayat) und "Roter Regenschirm" (Kırmızı Şemsiye) und ihre für 2018 geplanten Veranstaltungen.

LGBTI-Aktivisten versuchen, für ihre Rechte in Istanbul zu demonstrieren (Juni 2015)
Eine LGBTI-Parade wird von der Polizei gewaltsam verhindert - angeblich aus Sicherheitsgründen Bild: picture-alliance/dpa/T. Bozuglu

"Die Gesellschaft ist homophob"

Dies ist jedoch nicht das erste Verbot von LGBTI-Veranstaltungen in der Türkei. Auch die von der deutschen Botschaft in Ankara mit organisierten Schwulen-, Lesben- und Transgender-Filmtage wurden untersagt. Die zweitägige Veranstaltung hätte Mitte November stattfinden sollen. Für den 28-jährigen R.Ç., der ebenfalls anonym bleiben möchte, steckt hinter dieser Politik eine Strategie. "Denjenigen, die diese Verbote verhängen, ist nicht an der  Moral gelegen. Sie möchten vielmehr verhindern, dass die Menschen über die Freiheit nachdenken", glaubt er.

Für ein anderes LGBTI-Mitglied, das seinen Namen auch nicht nennen möchte, ist die ganze Gesellschaft homophob. Menschen, die mit festgelegten Männer- und Frauenrollen aufgewachsen seien, würden in der Schule, auf der Straße und im Berufsalltag nur diejenigen akzeptieren, die ihnen ähnlich seien. "Man fürchtet, dass Schwule das Bild des starken Macho-Mannes, der alles machen kann und mächtig ist, ins Wanken bringen könnten. Deswegen rufen Schwule so heftige Reaktionen hervor. Das gleiche gilt auch für Lesben und Transsexuelle", sagt er.

Gay Pride am 28.06.2015 in Istanbul, der von der Polizei gewaltsam aufgelöst wird
Seit drei Jahren werden Gay Prides in der Türkei nicht genehmigt Bild: picture-alliance/abaca/H. O. Sandal

Aufgeben wollen sie trotzdem nicht. Die LGBTI-Organisationen haben gegen das Verbot ein juristisches Verfahren eingeleitet und planen weiterhin die Veranstaltungen für das nächste Jahr.

"Geschlossen vorgehen" 

Homosexualität ist in der Türkei zwar nicht strafbar, doch die Angehörigen sexueller Minderheiten in der überwiegend konservativen Gesellschaft werden dennoch oft diskriminiert. In Istanbul wurde der einst populäre Gay Pride dieses Jahr zum dritten Mal in Folge verboten. Kritiker werfen der islamisch-konservativen Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan seit langem vor, gesellschaftliche Freiräume für Schwule und andere soziale Minderheiten zu beschneiden. Die Regierung bestreitet dies und versichert, nur für die Sicherheit der Bürger sorgen zu wollen. 

Noch gibt es in der Türkei, wenn man die Gemeinschaften an den Hochschulen dazu zählt, über 100 LGBTI-Vereine. Die Angehörigen von LGBTIs organisieren sich ebenfalls, um einander zu unterstützen. Doch das wird aus Sicht von Betroffenen nicht ausreichen:"Wenn die Gesellschaft nicht geschlossen gegen dieses Verbot vorgeht, werden wir alle unsere Freiheit verlieren", warnt A.E.