Türkei plant eigenes Elektroauto
28. Dezember 2019Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mit großer Fanfare eine heimische Automarke vorgestellt. "Heute erleben wir einen historischen Tag für unser Land, erleben, wie ein Traum von vor 60 Jahren wahr wird", sagte er während der Vorstellung der Prototypen in Gebze bei Istanbul und bestellte gleich ein erstes Auto vor.
Bei dem Wagen handelt sich um ein Elektrofahrzeug, das 2022 in Herstellung gehen soll. Der Name soll 2020 bekanntgegeben werden. Insgesamt soll es fünf Modelle geben. Nach Erdogans Rede wurden zwei Fahrzeuge auf die Bühne gebracht: ein rotes SUV-Modell und eine graue Limousine.
4000 Arbeitsplätze
Beide trugen das Label "TOGG" des Konsortiums Turkey's Automobile Initiative Group, hinter dem die Industrieunternehmen Anadolu Group, BMC, Kok Group, der Mobilfunkbetreiber Turkcell und die Zorlu Holding, der Mutterkonzern des TV-Herstellers Vestel, stehen. Vorstandschef ist der frühere Bosch-Geschäftsführer Gurcan Karakas. Der für das operative Geschäft zuständige Manager Sergio Rocha war einst Geschäftsführer von General Motors Korea.
In der neuen Fabrik sollen rund 4000 Menschen arbeiten. Das Konsortium will in den nächsten 13 Jahren mehr als drei Milliarden Euro in die Entwicklung und den Bau der Fahrzeuge investieren.
Eine türkische Automarke ist ein langgehegter Wunsch des Präsidenten. Erdogan sagte, die Türkei verdiene Besseres, als die Autos anderer Hersteller zusammenzusetzen. In den 1960er Jahren war ein erster Versuch der Türkei mit einer Eigenmarke - dem "Devrim" - gescheitert.
Das E-Auto soll zunächst in Europa und dann weltweit verkauft werden. Angekündigt wurde das Projekt bereits im November 2017. Es soll als Beweis für die wachsende Wirtschaftskraft des Landes dienen.
In einem im Staatsanzeiger veröffentlichten präsidialen Dekret heißt es, dass der Wagen in der nordwesttürkischen Stadt Bursa hergestellt werden soll. Bis zu 175.000 Autos sollen dort jährlich gebaut werden. Das Investitionsvolumen beträgt demnach 22 Milliarden Lira (rund 3,3 Milliarden Euro). Die Regierung unterstützt das Projekt finanziell. Es ist auch die Rede von Garantien für die Abnahme von 30.000 Elektroautos bis Ende 2035.
VW stoppt Werkbau-Pläne
Der Automobilindustrie in der Türkei, wo auch Firmen wie Ford oder Fiat produzieren, ging es zuletzt schlechter. 2018 war unter anderem wegen einer Währungskrise der Binnenmarkt eingebrochen. 2019 hatte zudem Volkswagen wegen der Militäroffensive der Türkei im Norden Syriens Pläne für ein Werk im westtürkischen Manisa auf Eis gelegt.
Der Chef des türkischen Zuliefererverbandes der Industrie, Alper Kanca, sagte: "Dass die Regierung gewisse Absatzzahlen verspricht und Geld für die Investition bereithält, zeigt, dass das nicht nur ein Projekt zum Stimmenfang ist."
Kurzfristig könne das Projekt der Industrie in ihrer schwierigen Lage nicht helfen, weil das Auto ja erst 2022 in Serienproduktion gehen solle. "Aber wenn alles gut läuft, werden wir in drei Jahren davon profitieren." Kanca sagte, der Erfolg werde auch davon abhängen, wie hoch die traditionell saftigen Steuern auf den Wagen ausfallen. Wie teuer die Fahrzeuge sein sollen, blieb zunächst unklar.
ni/jj (dpa, rtr)