Türkei-Krise: Bundeswehr nicht betroffen
27. Juli 2015Die türkischen Luftangriffe in Syrien haben nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums keinen Einfluss auf das Engagement der Bundeswehr in der Region. "Wir haben bislang überhaupt keine Auswirkungen auf unsere Einsätze in der Türkei und im Nordirak", sagte ein Ministeriumssprecher am Montag in Berlin. Der Auftrag laufe planmäßig. Man sei aber in engem Dialog mit den zuständigen Stellen vor Ort.
Die Bundeswehr hat seit 2013 Flugabwehrsysteme vom Typ "Patriot", etwa 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, in der Türkei stationiert. Der "Active-Fence-Einsatz" der NATO "dient dem Schutz der Stadt Kahramanmaras vor ballistischen Flugkörpern" - und dieser Schutz werde sichergestellt, sagte der Sprecher. Mit der aktuellen Lage habe das "überhaupt nichts" zu tun.
Zudem hilft die Bundeswehr bei der Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer und lieferte - die Unterstützung war innenpolitisch hoch umstritten - Waffen und Panzer ins Krisengebiet. "Peschmerga" werden die militärischen Einheiten der irakischen Kurden genannt. Diese werden von Deutschland und anderen Staaten im Kampf gegen die Islamisten-Miliz "Islamischer Staat" unterstützt.
Derzeit sind nach Angaben des Ministeriums "80 deutsche Kräfte" im Rahmen der Ausbildungsmission im Nord-Irak vor Ort. Insgesamt wurden bislang 2800 Sicherheitskräfte ausgebildet. Auf die zugespitzt formulierte Frage, ob es sich gegenwärtig überhaupt lohne, diese Kräfte auszubilden, wenn diese dann von der türkischen Armee bombardiert würden, hieß es, diese Frage stelle sich jetzt nicht.
"Kein Vergleich" zwischen Peschmerga und PKK
Eine Sprecherin des Außenministeriums wies in Berlin nachdrücklich auf die notwendige Unterscheidung zwischen den Peschmerga und der von der Europäischen Union als Terror-Organisation eingestuften Kurden-Organisation PKK hin. Da gebe es "überhaupt keinen Vergleich".
Dennoch sind sowohl die Peschmerga als auch die PKK beim Kampf gegen den IS beteiligt. Auf die Frage, ob Waffen der Peschmerga in die Hände der PKK gelangen könnten, verwies das Verteidigungsministerium auf die offizielle "Endverbleibserklärung". Damit sei, so hieß es, sichergestellt, dass die Waffen bei den Peschmerga blieben.
"Bündnisfall ist weit weg"
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer forderte die Bundesregierung unterdessen auf, sicher zu stellen, dass "die Bundeswehr nicht in einen Konflikt zwischen der Türkei und den Kurdenmilizen hineingezogen" werde. Das müsse beim Treffen der 28 NATO-Botschafter am Dienstag deutlich werden, sagte der Europa-Politiker.
Das für den späten Vormittag angesetzte Treffen findet auf Antrag der Türkei statt. Man erwarte, dass die Türkei ihren Standpunkt erläutern und über Maßnahmen berichten werde, sagte die Sprecherin des Außenministeriums. Für die Ausrufung eines Bündnisfalls aber gebe es "keinen Automatismus". Dies sei gegebenenfalls eine politische Entscheidung, die von allen NATO-Partnern getroffen werden müsse.
"Der Bündnisfall ist weit weg", unterstrich Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Das Treffen der NATO-Botschafter sei noch keine Vorstufe zur Auslösung des Bündnisfalles.