Tsipras macht (Wahlkampf-)Geschenke
7. Mai 2019Die Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre hätten Früchte getragen, erklärte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras in Athen. Nun gelte es, wieder in die Sozial- und Wirtschaftspolitik zu investieren.
Noch in diesem Monat wird nach Tsipras' Angaben die Mehrwertsteuer für Lebensmittel und Gastronomie von 24 auf 13 Prozent sinken. Das solle unter anderem den für Griechenland wichtigen Bereich Tourismus ankurbeln, sagte der Regierungschef. Aber auch die Energie soll für die Menschen günstiger werden: Bei Strom und Gas werde die Mehrwertsteuer von 13 auf sechs Prozent sinken.
Zudem profitieren die stark gebeutelten Rentnerinnen und Rentner Griechenlands: Sie sollen künftig pro Jahr im Schnitt eine halbe Monatsrente mehr bekommen, wie der Premier mitteilte. Tsipras machte keinen Hehl daraus, dass die von ihm verkündeten Maßnahmen einen Bezug zur Europawahl Ende Mai und der griechischen Parlamentswahl im Herbst haben: "Damit fordern wir am 26. Mai und auch im Oktober die Stimme des griechischen Volkes."
"Glaubwürdig"
Anschließend erläuterte der Ministerpräsident, wie er die Steuersenkungen und Rentenerhöhungen finanzieren will. Griechenland habe durch die harten Sparmaßnahmen und Reformen der vergangenen Jahre mehr als 31 Milliarden Euro eingespart. 15 Milliarden davon seien als Sicherheitspuffer gedacht, damit das Land sich auch selbst finanzieren könne. 3,6 Milliarden Euro stünden für die Abzahlung eines Kredits beim Internationalen Währungsfonds (IWF) bereit.
Weitere 5,5 Milliarden Euro kämen in einen Sonderfonds. Dieser stelle sicher, dass Griechenland mindestens bis zum Jahr 2022 die Forderung seiner Gläubiger erfüllen könne, einen primären Überschuss von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erzielen. "Damit sind wir unseren Gläubigern gegenüber glaubwürdig", betonte Tsipras. Mit dem restlichen Geld aber könne man jenen entgegenkommen, die am meisten unter der Sparpolitik gelitten hätten.
Geschicktes Timing
An diesem Mittwoch beginnt im griechischen Parlament die dreitägige Debatte zu einer Vertrauensfrage, über die am Freitag abgestimmt werden soll. Ursprünglich hatte die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia nur ein Misstrauensvotum gegen einen Minister aus Tsipras' Kabinett beantragt - woraufhin der Premier die Vertrauensfrage stellte. Politische Beobachter werten diese Reaktion als reines Kalkül vor der Europawahl: Denn während der mehrtägigen Debatte habe die Regierungspartei Syriza umfassend Gelegenheit, Wahlkampf zu betreiben.