Pfiffe gegen tschechischen Ministerpräsidenten
21. August 2018Demonstranten haben eine Rede des tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis in Prag mit lauten Pfiffen und "Schande"-Rufen übertönt. Sie kritisierten, dass die Regierung des Gründers der populistischen ANO-Partei auf die Tolerierung durch die Kommunisten stütze. Zudem war Babis bis zur Wende 1989 selbst Mitglied der kommunistischen Partei gewesen.
Der Politiker reagierte auf die Kritik, indem er betonte, er sehe die Freiheit heute nicht bedroht. Er sprach seine Bewunderung aus für alle, die sich 1968 gegen eine kommunistische Sowjet-Diktatur in der Tschechoslowakei eingesetzt hatten.
Auch andernorts Gedenken
Babis und weitere Spitzenpolitiker legten vor dem Funkhaus im Prager Stadtzentrum Kränze nieder. Hier war es zu heftigen Kämpfen gekommen, nachdem in der Nacht zum 21. August 1968 Truppen des Warschauer Paktes einmarschiert waren, um die als Prager Frühling bekannte Reformbewegung niederzuschlagen. Bis Ende 1968 wurden nach Angaben von Historikern 137 tschechoslowakische Zivilisten getötet.
In der slowakischen Hauptstadt Bratislava gab es ebenfalls Gedenkveranstaltungen, unter anderem eine Kranzniederlegung am Grab des Reformkommunisten und damaligen Parteichefs Alexander Dubcek, der die Forderungen des Prager Frühlings politisch vorangetrieben hatte.
Auch EU-Politiker äußerten sich zum Gedenken. Ratspräsident Donald Tusk schlug den Bogen zu heutigen Europäischen Union und schrieb auf Twitter, die "Sehnsucht nach Freiheit und Demokratie" habe überlebt und sei "die Essenz" dessen, was Europa heute eine.
Der liberale Europapolitiker Guy Verhofstadt warnte indes vor einer "neuen Welle autoritären Einflusses", die die Gesellschaft zu unterwandern drohe. Dagegen müsse Europa zusammenstehen.
Russen sehen Einmarsch vor 50 Jahren weniger kritisch
Vor der russischen Botschaft in Prag kam es ebenso zu Protesten mit etwa 300 Beteiligten. Die Demonstranten zeigten Banner wie "Stoppt den russischen Imperialismus". Mehrere Nichtregierungsorganisationen hatten zu den Demonstrationen aufgerufen.
Eine repräsentative Umfrage in Russland zeigt unterdessen, dass ein Drittel der Bevölkerung den sowjetischen Einmarsch vor 50 Jahren für gerechtfertigt hält. Die am häufigsten genannte Begründung lautet, er habe dazu gedient, einen antisowjetischen Umsturz abzuwenden.
rw/stu (dpa/afpd)