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Trump und Migration: Was an der Südgrenze der USA passiert

23. Januar 2025

US-Präsident Trump hat als erste Amtshandlung Dekrete mit weitreichenden Auswirkungen auf die Südgrenze der USA verhängt. Als erster Schritt werden 1500 Soldaten verlegt - doch Trumps Ideen gehen noch deutlich weiter.

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Mexiko, Ciudad Juárez | Gestrandete Migranten nach Absage von "CBP One"-Terminen an Grenze zu El Paso
Der Grenzübergang El Paso del Norte ist einer der am stärksten frequentierten an der ganzen US-Südgrenze - doch aktuell kommen Migranten nicht mehr durchBild: Herika Martinez/AFP/Getty Images

Das Ziel zum Greifen nah und doch unerreichbar - in dieser Lage befinden sich derzeit viele Migrantinnen und Migranten, die sich auf der mexikanischen Seite der Grenze zu den Vereinigten Staaten sammeln.

Eine von ihnen, die aus Angst um ihre Sicherheit nicht namentlich zitiert werden will, erzählte der DW, Kriminelle hätten sie und ihre Tochter entführen wollen. Deshalb habe sie ihre Heimat in Südmexiko verlassen - die DW traf sie in Ciudad Juárez an der Grenze zum US-Bundesstaat Texas. "Wir haben keinen Ausweg, weil wir nicht einfach sagen können, wir fangen von vorne an. Wir sind hier immer noch in Mexiko, und die Banden sind mächtig, sie sind überall."

Auf der anderen Seite des Rio Grande und somit in den USA liegt El Paso, eine im Schachbrettmuster angelegte 680.000-Einwohner-Stadt am Fuße der Franklin Mountains. Es ist die Heimatstadt von Aimée Santillán, die sich bei der katholischen Organisation "Hope" mit der US-Migrationspolitik beschäftigt. "Es gab schon sehr starke Restriktionen in der Vergangenheit, und die Migrationszahlen haben sich nicht geändert", sagt Santillán im DW-Interview. "Wenn Menschen sich in ihren Ländern nicht sicher fühlen, kommen sie nun einmal - es ändert also nicht viel, ob die Regeln restriktiv oder eher gerecht sind."

Trump hat einen legalen Weg in die USA abgeschaltet

Der in dieser Woche ins Weiße Haus zurückgekehrte Donald Trump hat das Thema Grenzsicherung zu einer der Top-Prioritäten zu Beginn seiner zweiten Amtszeit gemacht: Er verhängte den Notstand über die Südgrenze und leitete bereits erste Schritte zum Einsatz des Militärs sowie zu massenhaften Abschiebungen ein. Parallel dazu verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das Festsetzungen und Abschiebungen erleichtern soll.

Mexiko Nogales 2025 | Venezolanische Migrantin scheitert an Zugriff auf CBP One App nach Trumps Amtsantritt
In der "CBP One"-App gab es nur eine feste Anzahl von Asyl-Terminen pro Tag, sodass viele Menschen monatelang jenseits der Grenze abwarten mussten. Doch nun ließ Donald Trump das Angebot abschalten; bereits bestehende Termine lösten sich in Nichts aufBild: John Moore/Getty Images

Dabei hatte Trump ein vergleichsweise hartes Grenzregime von seinem Vorgänger Joe Biden geerbt - das strikteste eines demokratischen Präsidenten überhaupt: Biden hatte im Juni 2024 neue Regeln erlassen, die unter anderem vorsehen, dass Menschen nach einem illegalen Grenzübertritt keine Chance mehr auf Asyl erhalten. Kurz vor Amtsübergabe teilte das Innenministerium mit, die neuen Regeln hätten zu einem Rückgang der illegalen Grenzübertritte um 60 Prozent geführt. Zugleich schuf die Biden-Regierung eine legale Möglichkeit - die "CBP One"-App der Grenzbehörden, in der Asyltermine vergeben wurden. Donald Trump ließ die App sofort nach Amtsantritt abschalten.

Aimée Santillán von Hope war zwar nicht rundum zufrieden mit der App, aber immerhin habe sie für einen geordneten Prozess an der Grenze gesorgt. "Zu sehen, wie sie abgeschaltet wurde und wie Menschen, die seit Monaten in Mexiko warteten, plötzlich keinen Termin mehr hatten, das war wirklich schockierend. Die Menschen sind sehr verunsichert. Es gibt keine Möglichkeit mehr, Asyl zu beantragen oder jenseits der Grenze um irgendwelche Hilfe zu bitten", sagt Santillán.

Was hat Donald Trump angeordnet?

Trumps neue Regeln gehen weit über die Abschaltung der App hinaus: In seinem am Montag verhängten Dekret ("Executive Order") weist Trump unter anderem Verteidigungs- und Innenministerium an, mit Gouverneuren zusammenarbeiten, die weitere Mauerabschnitte an der Grenze zu Mexiko errichten wollen. Der vom Präsident ausgerufene Notstand ermöglicht den Zugriff auf Gelder, ohne dass zuvor der Kongress dem zustimmen muss.

Der zentrale Punkt des Erlasses ist überschrieben mit "Entsendung von Personal und Ressourcen": Trump weist darin das Verteidigungsministerium an, Streitkräfte samt Ausrüstung in geeigneter Zahl an die Südgrenze zu schicken, um den zivilen Grenzschutz zu unterstützen.

Hier ist wichtig zu betonen, dass es um die Unterstützung ziviler Grenzbeamter geht und nicht um einen Einsatz unter militärischem Kommando - erst einmal. Binnen 30 sowie binnen 90 Tagen will Trump über ergriffene Maßnahmen und deren Auswirkungen informiert werden.

Wie soll die Entsendung des Militärs ablaufen?

Inzwischen hat das Pentagon die Entsendung von 1500 Soldaten aus Armee und Marine angekündigt, die zunächst Grenzbarrieren errichten sollen. Sie verstärken die zuletzt rund 2500 Soldaten, die bereits unter Biden zur Unterstützung ziviler Kräfte entsandt wurden.

In Texas treffen sie zudem auf eine seit 2021 laufende Grenzschutzmission der Nationalgarde - also bislang auf Kosten des Bundesstaats. Die "Operation Lone Star" ist für Trump ein Vorbild, wie er vor Anhängern kurz nach seiner Amtseinführung angab. Als ihn jemand darauf aufmerksam machte, dass der verantwortliche Gouverneur Greg Abbott direkt vor ihm saß, lobte Trump: "Er macht einen phänomenalen Job - und jetzt hat er einen Partner, der mit ihm zusammenarbeitet."

USA La Joya | MIgranten und Grenzpolizei
In Texas unterstützen Nationalgardisten (in Flecktarn) bereits seit 2021 den Grenzschutz (in grün) bei ihrer ArbeitBild: Adrees Latif/REUTERS

Die Nationalgarde steht grundsätzlich unter dem Kommando der Gouverneure in den Bundesstaaten. In Kalifornien helfen sie derzeit, die Brände bei Los Angeles zu löschen, ein anderes Beispiel ist die Niederschlagung von Krawallen wie 2020 in Minnesota nach dem Tod George Floyds. Im Kriegsfall oder nach Verhängung eines Notstandes können auch Kongress, Präsident oder Verteidigungsminister die Nationalgarde entsenden.

Plant Trump einen Sondereinsatz durch ein 200 Jahre altes Gesetz?

Die reguläre Armee kann anders als die Nationalgarde nicht so einfach im Inland eingesetzt werden. Das verbietet der Posse Comitatus Act von 1878. Allerdings hat dieses Bundesgesetz eine ausdrückliche Ausnahme: den sogenannten Insurrection Act von 1807, zu Deutsch Aufstandsgesetz. Ursprünglich sollte es den Präsidenten in die Lage versetzen, Aufstände mithilfe der Armee niederzuschlagen. Als Reaktion auf den Hurrikan Katrina 2005 wurde es unter George W. Bush auch auf die Hilfe der Armee bei Naturkatastrophen ausgeweitet.

USA Washington 2025 | Amtseinführung Donald Trump | Unterzeichnung von Erlassen im Oval Office
Donald Trump hat seine Minister zu einer Einschätzung aufgefordert, ob er mithilfe eines Gesetzes von 1807 den Einsatz der Armee im Inneren anordnen sollteBild: Jim Watson/AFP/Getty Images

In seinem Dekret fordert Trump nach 90 Tagen explizit eine Aussage von Verteidigungs- und Innenminister, ob die Lage an der Grenze den Einsatz des Insurrection Act nötig macht. Dann könnte Trump eine weitreichendere Militärmission anstoßen, etwa auch für großangelegte Abschiebungen von Personen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis. Bei aller Entschlossenheit glaubt Aimée Santillán in El Paso nicht daran, dass Trump sein eigentliches Ziel umsetzen kann: "Trump will, dass keine Leute mehr kommen und die Einwanderung zum Erliegen kommt. Aber das wird nicht passieren."

Mitarbeit: Benjamin Alvarez Gruber (in El Paso), Aitor Saez (in Ciudad Juárez)