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Politik

Trumps Green-Card-Plan: Beifall von der Basis

Michael Knigge myk
4. August 2017

Präsident Donald Trump will die Vergabe von Green Cards und andere Einwanderungsregeln massiv einschränken. Im Kongress hat der Plan keine Aussicht auf Erfolg. Aber ist das überhaupt das Ziel des US-Präsidenten?

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USA Donald Trump will auch legale Einwanderung erschweren
Bild: Reuters/C. Barria

Wenn man das zentrale Wahlkampfthema des republikanischen Kandidaten Donald Trump herauspicken müsste, dann wäre es die Einwanderung. Seine wiederholten Versprechen, hart gegen illegale Einwanderung vorzugehen und eine Mauer an der Grenze zwischen den USA und Mexiko zu bauen, half ihm nicht nur, sich gegen seine republikanischen Konkurrenten durchzusetzen, sondern bescherte ihm am Ende auch den Einzug ins Weiße Haus.

So ist es keine Überraschung, dass Trump seit seinem Amtsantritt als Präsident dieses Versprechen einzulösen versucht, allerdings mit nur mäßigem Erfolg. Sein Versuch, ein Einreiseverbot für Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung durchzusetzen, wurde bereits mehrfach im Kongress und von Gerichten blockiert; auch der Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko blieb bisher ein Plan.

Trumps Reden über das harte Durchgreifen gegen illegale Einwanderer haben den Betroffenen Angst gemacht. Und offiziellen Zahlen zufolge ist die Zahl der illegalen Grenzgänger drastisch gesunken, seit Trump im Amt ist.

USA Mexiko Grenze
Grenzzaun mit Wahlwerbung: Trump-Aufkleber in KalifornienBild: Reuters/M. Blake

Trumps Anhänger bieten ihm Rückhalt

In harten Zeiten - und viele Beobachter sind sich einig, dass die letzten Wochen alles andere als entspannt waren - neigt dieser Präsident dazu, sich Unterstützung von der Basis zu holen. Dafür hat er regelmäßig Veranstaltungen organisieren lassen, die wie Kundgebungen aus dem Wahlkampf wirken und vor allem in Gegenden stattfinden, in denen Trump bei der Wahl gut abgeschnitten hat. Auf der Suche nach Bestätigung zeigt er seinen Wählern, dass er sein zentrales Wahlkampfthema nicht vergessen hat: die Reform der Einwanderung.

Am Mittwoch verkündete Präsident Trump deshalb im Weißen Haus, dass er den sogenannten RAISE-Gesetzentwurf zweier republikanischer Senatoren unterstütze, mit der die Zahl der legalen Einwanderer halbiert werden soll. Einwanderungen sollen künftig stärker nach leistungsbezogenen Kriterien bewilligt werden. Hatte Trump sich in seinen Reden bislang auf illegale Einwanderung konzentriert, zielt sein neuester Versuch nun auf legale Immigration ab.

"Das RAISE-Gesetz bereitet der Masseneinwanderung ein Ende und ersetzt unser System der Niedrigqualifizierung mit einem neuen, punktebasierten System", erklärte der von den beiden Autoren der Gesetzesnovelle flankierte Präsident.

Ziel der Maßnahme sei es, sagte er, die Zahl der gering qualifizierten Einwanderer zu reduzieren. Dem Präsidenten zufolge sind sie es, die auf dem Arbeitsmarkt US-amerikanische Arbeiter verdrängen und die Löhne drücken. "Der leistungsorientierte Bewerbungsprozess wird jene bevorzugen, die Englisch sprechen", so Trump, aber auch jene, die sich und ihre Familien finanziell versorgen könnten.

Das Gesetz soll nach Angaben des Weißen Hauses auch die "überholte Diversitäts-Visa-Lotterie", die sogenannte Green Card Lottery, abschaffen, die "fragwürdigen wirtschaftlichen und humanitären Interessen" diene, und die Zahl der "dauerhaften Aufenthaltserlaubnisse für Flüchtlinge auf 50.000 pro Jahr" reduzieren. Die Maßnahme würde auch die Einwanderung von Familienagehörigen begrenzen, gegenwärtig der Hauptweg für legale Einwanderung in die USA.

Die Chancen stehen schlecht für Trump

In den nächsten zehn Jahren soll das neue Gesetz die legale Einwanderung, die auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für die USA, die sogenannte Green Card, abzielt, um 50 Prozent reduzieren.

Aber die Chancen, dass der Entwurf tatsächlich Gesetz wird, sind "sehr gering", sagte Steven Yale-Loehr, einer der führenden US-Experten für Einwanderungsrecht im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Ich gehe davon aus, dass der Kongress nicht in der Lage sein wird, in diesem oder nächsten Jahr eine umfassende Einwanderungsreform zu verabschieden" Dem stimmen auch andere Experten zu: "Ich denke, dass dieser Versuch, die aktuelle Einwanderungsproblematik anzugehen, nach hinten losgehen wird, und dass sowohl Republikaner als auch Demokraten das erkennen und das Gesetz nicht verabschieden", sagt Denise Gilman, Leiterin des Einwanderungszentrums der Universität Texas.

Zu glauben, dass eine Einwanderungsreform leichter durchzudrücken sei, nachdem der von den Republikanern dominierte Kongress schon an der Gesundheitsreform scheiterte, sei absolut fehlgeleitet, meint Yale-Loehr.

Der entscheidende Rückhalt fehlt

"Einwanderungsreformen sind genauso komplex und kontrovers wie Gesundheits- und Steuerreformen", sagt der Rechtsexperte. "Der Kongress hat im vergangenen Jahrzehnt schon mehrfach versucht, unser marodes Einwanderungssystem zu reparieren, und ist jedes Mal daran gescheitert." Jeder Gesetzesvorschlag brauche die Unterstützung beider Parteien, um verabschiedet zu werden. "Dieser Novelle fehlt diese Voraussetzung." Tatsächlich fehlt dem von Trump geförderten Gesetzvorschlag sogar die volle Unterstützung seiner eigenen Partei, der Republikaner.

Lindsey Graham, ein langgedienter, einflussreicher Senator aus South Carolina, hat schon früher an parteiübergreifenden Einwanderungsreformen mitgearbeitet. Obwohl er ein leistungsbasiertes Einwanderungssystem grundsätzlich befürworte, lehne er diesen Gesetzesvorschlag ab, weil es "die legale Immigration halbiere und auch die Einwanderer treffe, die rechtmäßig in unserer Landwirtschaft, dem Tourismus und dem Dienstleistungssektor arbeiten", kritisierte Graham.

"South Carolinas wichtigster Wirtschaftssektor ist die Landwirtschaft, der Tourismus kommt an zweiter Stelle", sagte der Senator. "Wenn dieser Vorschlag durchkommt, wäre das fatal für die Wirtschaft unseres Bundesstaates. Sie ist von der Arbeitskraft der Einwanderer abhängig."

Auch Yale-Loehr, der Einwanderungsrecht an der Cornell Universität unterrichtet und an der führenden Fachliteratur zu dieser Problematik mitgeschrieben hat, stimmt Graham zu: Das Gesetz würde den allgemeinen Interessen des Landes nicht im Geringsten dienen, da es Arbeitskräfte reduziere, die den zentralen Wirtschaftszweigen der USA helfen und ihnen nicht schaden.

Eine Schande für die Traditionen des Landes

Aber Yale-Loehr lehnt das Gesetz auch aus einem anderen Grund ab: Es zeichne ein undifferenziertes Bild von Wirtschaftsmigranten. "Es geht davon aus, dass wir nur Arbeitskräfte als Einwanderer auswählen. Aber Wirtschaftsmigranten bringen ihre Familien mit. Und diese Menschen wollen dann auch in den USA arbeiten", sagte er. "Wir brauchen ein Einwanderungssystem, das für alle funktioniert."

USA New York - Proteste gegen Trumps Einreisestopp
New York: Protest gegen Trumps EinwanderungspolitikBild: Getty Images/D. Angerer

Für Denise Gilman von der Universität Texas würde das Gesetz auch die traditionelle Rolle der USA als Einwanderungsland in Frage stellen. "Es wäre eine Schande für die USA in Hinblick auf ihre Einwanderungstradition", sagt sie. "Es würde die Einwanderung von Familienangehörigen stark begrenzen, und das untergräbt die Werte von Familienzusammenhalt und familiärer Integration." Abgesehen davon stehe es auch nicht im Einklang mit den tatsächlichen Bedürfnissen der US-Wirtschaft.

Der letzte große Versuch, die Einwanderungspolitik in den USA zu reformieren war 2014 gescheitert, nachdem zwar der Senat eine parteiübergreifenden Immigrations-Novelle verabschiedet hatte, das Repräsentantenhaus diese aber blockierte.

Könnten Präsident Trump seine Bemühungen für die RAISE-Gesetzgebung schaden, sollte das Vorhaben wie erwartet scheitern?

"Nicht wirklich", sagte Yale-Loer, denn Trumps Forderungen für eine Begrenzung der Einwanderung "sind schnell gemacht und lassen ihn bei seiner Anhängerschaft punkten", so der Rechtsexperte der Cornell-Universität. "Und wenn er scheitert, kann er die Schuld dafür einfach auf den Kongress schieben."