Trump, die Migration und ein gespaltener Kongress
21. November 2018Migrations- und Bürgerrechtsgruppen klagten gegen den Erlass von US-Präsident Donald Trump, wonach Migranten ein Asylverfahren verwehrt wird, die illegal über die Grenze von Mexiko in die USA kommen. Am Montag stoppte ein Richter vorläufig Trumps "Executive Order". Gegen das Urteil wird das Weiße Haus vermutlich in Berufung gehen, und der Erlass könnte die US-Justiz noch Wochen oder Monate beschäftigen.
Der Vorstoß ist nur der jüngste in einer Reihe von Versuchen, mit denen die Trump-Regierung die Zahl der Einwanderer reduzieren will. Andere Maßnahmen waren:
- der Einreisestopp für Flüchtlinge
- das Auslaufen einer Regelung, die Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung vor einer Abschiebung schützt, wenn sie als Kinder in die USA kamen (Deferred Action for Childhood Arrivals programm, DACA)
- die Kürzung von Geldern für sogenannte "sanctuary cities", also Städte, die mit nationalen Einwanderungsbehörden nur bedingt oder gar nicht kooperieren
- das Ende einer Regelung, die Menschen aus bestimmten Konfliktgebieten temporären Aufenthalt in den USA erlaubt und dadurch hunderttausende vor der Abschiebung bewahrt (Temporary Protected Status, TPS)
- die Trennung von Kindern von ihren Familien bei der Einreise in die USA
Genauso wie der neueste Erlass des US-Präsidenten landeten auch all diese Maßnahmen vor Gericht. Einige wurden von den Richtern bestätigt, wie der etwas entschärfte Einreisestopp, andere fielen vor Gericht durch. Dazu zählen das Ende der DACA und TPS-Regelungen sowie die Trennung von Kindern von ihren Eltern.
Ausgang nicht absehbar
Wie der Rechtsstreit um den jüngsten Vorstoß Trumps ausgehen wird, ist schwierig vorherzusagen. Alex Nowrasteh ist Politikanalyst am libertären Cato Institute in Washington. Obwohl er Trumps Einschränkung des Asylrechts für falsch hält, glaubt er, dass der neuen regelung letztendlich stattgegeben wird. Der Grund: Der neue Erlass ähnelt dem Einreisestopp für Flüchtlinge, der von den Gerichten ebenfalls zugelassen wurde.
Theresa Cardinal Brown, die Direktorin für Einwanderungs- und grenzübergreifende Politik des Bipartisan Policy Centers, einer weiteren Washingtoner Denkfabrik, ist davon nicht überzeugt. "Das ist ein anderer Fall mit einer anderen Anwendung", so Cardinal Brown. Sie meint, dass es für die Trump-Regierung schwierig werde, den jetzigen Rechtsstreit zu gewinnen.
Für Kathryn Shepard von der Immigration Justice Campaign war die Anordnung des Präsidenten vom 9. November ein Versuch, "Einwanderungsgesetze regelwidrig umzuschreiben". Und das, obwohl die Rechtslage "nicht klarer sein könnte. Menschen haben unter nationalem und internationalem Recht einen Anspruch auf ein Asylverfahren - egal, wie sie in die USA eingereist sind."
Brandgefährliche Kombination
Unabhängig davon, wie der Rechtsstreit ausgehen wird, zeigt der Fall, wie tief gespalten der US-Kongress ist: Die Kombination aus einem Präsidenten, der gegen Einwanderung ist, und der politischen Situation in etlichen mittelamerikanischen Ländern, die die Menschen zur Flucht treibt, hat Migration zum Topthema der politischen Debatte in den USA werden lassen. Trotzdem scheinen Abgeordnete in Washington nur wenig Lust zu haben, sich tatsächlich mit Migrationspolitik auseinanderzusetzen - einem Thema, bei dem man nur verlieren kann, wie viele meinen.
"Ich glaube, viele Mitglieder des Kongresses versuchen, weitere Abstimmungen zur Immigration zu vermeiden", sagt Cardinal Brown, "aber an einem bestimmten Punkt werden sie es müssen." Denn für viele Amerikaner sei Einwanderungspolitik entscheidend. Abgeordnete "müssen befürchten, die nächsten Wahlen zu verlieren, weil sie sich mit dem Thema nicht befassen."
Die letzte Einwanderungsgesetzgebung, die der Kongress verabschiedet hat, stammt aus dem Jahr 1996. Damals stimmten die Abgeordneten für strikte Maßnahmen gegen Migranten ohne Papiere, so Cardinal Brown. "Seither wurde kein bedeutendes Migrationsgesetz mehr verabschiedet."
Ein Dorn im Auge vieler US-Amerikaner
Der Ausgang der letzten Kongresswahlen Anfang November hat Fortschritte bei der Migrationsgesetzgebung noch unwahrscheinlicher gemacht, denn dafür wäre ein Kompromiss notwendig. Viele der gemäßigteren republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus verloren ihre Sitze. Die neuen Republikaner sind konservativer als ihre Vorgänger. Viele der neugewählten Demokraten, die jetzt die Mehrheit bilden, gehören dem progressiven Flügel ihrer Partei an.
Solange kein - unwahrscheinlicher - Kompromiss im Kongress zustande kommt, wird Trump weiterhin versuchen, neue Migrationsgesetze auf seine Weise auf den Weg zu bringen. Das führt dazu, dass die US-Gerichte quasi zum Schiedsrichter werden, was wiederum, wie Alex Nowrasteh vom Cato Institute anmerkt, die Spaltung der US-Wählerschaft weiter vorantreibt. "Der Mehrheit der Amerikaner und der Mehrheit der Menschen hier in Washington ist das ein Dorn im Auge. Es bricht mit dem, wofür die USA stehen und mit unseren langjährigen Prinzipien", so Nowrasteh.