Polen weiter auf Konfrontation zur EU
10. Oktober 2018In einer Zeremonie ernannte Präsident Andrzej Duda (Artikelbild) 27 weitere Richter für das Oberste Gericht. Das Präsidialamt in Warschau erklärte, die Ernennungen seien im öffentlichen Interesse und stünden im Einklang mit der Verfassung. Kritiker werfen Duda vor, vollendete Tatsachen zu schaffen und so die Unterordnung der Justiz unter die politische Führung voranzutreiben. Der Vorsitzende der Richtervereinigung Iustitia, Krystian Markiewicz, kritisierte, dass sich der Staatschef über die Gewaltenteilung hinwegsetze.
Missachtung der Justiz
Im September hatte das Oberste Verwaltungsgericht die Ernennungen untersagt und verfügt, dass die Berufungen auf Eis gelegt werden müssen. Das Präsidialamt hält diese Gerichtsentscheidung allerdings nicht für bindend.
Die polnische Regierung, geführt von der PiS, hatte zuvor das Pensionsalter für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre herabgesetzt. Auf diese Weise wurden seit Anfang Juli mehr als 20 Richter in den Ruhestand geschickt. PiS-Gegner monieren, mit dem Gesetz sollten missliebige Richter aus dem Amt entfernt werden. Entlassen wurde auch die Erste Präsidentin des Gerichts, Malgorzata Gersdorf. Insgesamt will die PiS 44 von 120 Richterposten neu besetzen. Duda hatte Mitte September bereits zehn Richter für die neu eingeführte Disziplinarkammer ernannt. Die so genanten Reformen gehen fast alle auf Jaroslaw Kaczynski zurück. Er gilt als Spalter. So schreibt die Zeitung "Die Welt": "Der Anführer der PiS bedenkt seine Feinde mit immer neuen Beinamen: "Polen schlechterer Sorte", "Gestapo-Mitarbeiter", "animalische Elemente", "verräterische Fressen". Kaczynski folgt dem Prinzip: Mit dem Gegner spricht man nicht. Stattdessen beraubt man ihn seiner Würde, schließt ihn aus der Gemeinschaft aus, stigmatisiert ihn als Feind und Verräter. So wie jetzt bei den Richtern."
Befreiung vom Kommunismus
Die PiS argumentiert, sie wolle Polens Justiz von verbliebenen kommunistischen Kadern befreien. Die EU-Kommission hatte Polen im August eine letzte Frist von einem Monat gesetzt, um ihre rechtlichen Bedenken auszuräumen und das Gesetz zu ändern. Nachdem dies nicht geschehen war, klagte sie am 24. September beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Justizreform, um sie mit einstweiligen Verfügungen stoppen zu lassen. Die Klage beim EuGH ist die nächste Stufe im Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen.
Parallel dazu läuft gegen Warschau wegen der umstrittenen Justizreformen ein Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag, das zumindest theoretisch bis zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen kann.Das Votum darüber muss unter den Mitgliedstaaten allerdings einstimmig fallen. Das ebenfalls rechtsnationalistisch regierte Ungarn hat bereits angekündigt, Strafmaßnahmen gegen Warschau nicht mitzutragen.
Insgesamt will die PiS 44 von 120 Richterposten neu besetzen. Diese entstehen durch die Zwangspensionierungen sowie die Schaffung neuer Stellen an dem Gericht. Duda hatte Mitte September bereits zehn Richter für die neu eingeführte Disziplinarkammer ernannt.
cgn/ww (dpa, rtr, die Welt)