Trimagisches Kino für Potter-Fans
18. November 2005
Einsam kämpft sich ein Taucher durch eine gigantische Unterwasserwelt; vorbei an modernden Stümpfen, die sich aus grünlich-braunem Grund erheben. Durch die schaurig-schönen Schluchten des schottischen Hochlandes erstreckt sich ein nebelumwobenes, finsteres Labyrinth, dessen Äste sich gierig um den Hindurchhastenden zu schlingen suchen. Der schwarzhaarige Titelheld fällt schreiend kopfüber in die Tiefe; nur knapp ist er vorher einem feuerspeienden Drachen von 13 Metern Länge entkommen. Totenköpfe tauchen auf - als Maske, als giftgrünes Trugbild der Luft.
In diesem Szenario scheint eine der vertrauenswürdigsten Personen ein freakiger Lehrer, der statt seines rechten Sehorgans ein goldumrandetes Glasauge trägt: Der vierte Harry-Potter-Film setzt deutliche andere Grusel-Maßstäbe als seine drei Vorläufer.
Thriller statt Kinderfilm
Regie führte mit Mike Newell, zu dessen bekanntesten Leinwandstreifen "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" gehört, erstmals ein Brite. In "Harry Potter und der Feuerkelch" kombiniert er Thriller, Komödie und Märchen, wobei die Thriller-Elemente entsprechend der literarischen Vorlage überwiegen. Spannend waren die Verfilmungen der Romane Joanne K. Rowlings bislang zwar immer - doch sie blieben stets kindgerecht. Damit dürfte nun aus Sicht mancher Pädagogen endgültig Schluss sein. Kinder unter 12 Jahren werden deshalb nur in Begleitung von Erwachsenen zur Vorstellung zugelassen.
Im märchenhaften Magierinternat findet nämlich dieses Jahr das spektakuläre "Trimagische Turnier" statt. Aus Frankreich und Bulgarien sind junge Hexen und Zauberer angereist. Die besten und tapfersten von ihnen dürfen mit Hogwarts-Schülern um den Siegespokal, den Feuerkelch, ringen.
Lebensbedrohlich ist dieser Wettstreit und wurde daher seit über 100 Jahren nicht mehr ausgetragen. Nun scheinen ihn schwarze Zauberer für ihre Zwecke beeinflussen zu wollen. Was im Film das Leben eines Zauberlehrlings fordert, war auch im wirklichen Leben für die Darsteller kein Zuckerschlecken. Einige der Stunts seien "ein bisschen unheimlich" gewesen, gibt Hauptdarsteller Daniel Radcliffe durchaus zu. Dennoch ließ der 16-Jährige es sich nicht nehmen, fast jede der atemberaubenden Szenen selbst zu spielen. Manche, so sagt er, haben ihm auch richtig Spaß gemacht - etwa der Kampf mit dem "ungarischen Hornschwanz", dem Drachen. Mit höchster Sorgfalt war das aus Urzeiten erweckte Biest durchkonstruiert worden. Der Flammenwerfer in seinem Rachen hat immerhin eine Reichweite von zehn Metern.
Das Antlitz des Bösen
Für Grusel und Schrecken sorgt in guter Potter-Tradition der dunkle Lord Voldemort. In einem Schwebezustand zwischen Leben und Tod hat er bislang nur als grässlicher Schatten einer schwarzen Seele existiert. Nun verleiht ihm Ralph Fiennes ("Der englische Patient") erstmals Gesichtszüge. Den kahlen Schädel umspannt wächserne Haut. Die Nase wurde am Computer abgeflacht und geschlitzt, was dem schlangenhaften Wesen der Figur entspricht. Subtiler als nur durch Zähneknirschen und Geifer habe er das absolut Böse inszenieren wollen, beschreibt der Schauspieler: "Voldemorts Bösartigkeit entsteht aus Angst, Frust und Unglück. Als Kind war er unerwünscht. Da ist die Ursache seiner Wut, seiner Eifersucht, seines Hasses zu suchen."
Potter, der als kleines Kind auf unerklärliche Art den Todesfluch des schwarzen Zauberers überlebte, stellt sich erneut der Auseinandersetzung mit seinem schlimmsten Kontrahenten. Unterstützt wird er dabei nicht nur von seinen Freunden Ron (Rupert Grint, 17) und Hermine (Emma Watson, 15), sondern auch vom Schulleiter Albus Dumbledore (Sir Michael Gambon).
Ein Jahr lang war das Team mit den Dreharbeiten beschäftigt; im März 2005 fiel die letzte Klappe. Abseits der Leavesden Studios im englischen Hertfordshire boten unter anderem die Oxford University und das schottische Glen Nevis authentische Orte für die Aufnahmen.