Deutschland gedenkt der Absturzopfer
17. April 2015Die 150 Passagiere und Crewmitglieder seien unbegreiflicherweise mitten aus dem Leben gerissen worden und Menschen rückten nun zusammen "im Aushalten-Müssen und im Begreifen-Wollen", sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, in ihrer Predigt im Kölner Dom vor den 1.400 Trauergästen, unter ihnen über 500 Angehörige der Opfer sowie Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
"Ein Abgrund an Leid"
Das Leid habe einen Abgrund aufgerissen, über den "kein Luftfahrtexperte und Psychologe, auch keine Bischöfin und kein Kardinal" eine Brücke schlagen könne, sagte Kurschus, die den ökumenischen Gottesdienst gemeinsam mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki (im Artikelbild Mitte, Kurschus rechts) gestaltete.
Woelki verwies in seiner Ansprache auf den mitleidenden Gott am Kreuz und die christliche Auferstehungshoffnung. "Die Liebe ist stärker als der Tod, glauben wir Christen", betonte der Kölner Erzbischof. "Wir glauben, dass diese 150 Menschen nicht verschwunden und nicht ins Nichts gegangen sind, als sie aus der Welt geschieden sind." Nötig seien nun Menschlichkeit und Solidarität, damit die verzweifelten Hinterbliebenen den Weg zurück ins Leben finden und nicht von der Trauer versteinert werden, sagte Woelki.
150 Kerzen
Der Airbus der Gesellschaft Germanwings war am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf abgestürzt und in den Alpen zerschellt. Alle 144 Passagiere und sechs Crewmitglieder kamen ums Leben, die meisten von ihnen waren Deutsche und Spanier. Der Copilot flog das Flugzeug nach den Erkenntnissen der Ermittler in den französischen Alpen absichtlich gegen einen Felsen. Für jeden Toten steht eine weiße Kerze im Dom. "Es sind 150 Opfer", hatte Woelki vor Beginn des Gottesdienstes betont. Das Urteil über den Copiloten müsse man Gott überlassen. Der Gottesdienst wurde auf Großbildleinwände vor dem Dom und über das Fernsehen in alle Welt übertragen.
Gauck: Keine vollständige Kontrolle
Bei einem anschließenden staatlichen Trauerakt sagte Bundespräsident Gauck, die Katastrophe führe vor Augen, dass es keine vollkommene Kontrolle des Lebens gebe. "Weder vor technischen Defekten noch vor menschlichem Versagen gibt es absolute Sicherheit - und erst recht nicht vor menschlicher Schuld", betonte das deutsche Staatsoberhaupt im Kölner Dom. Für die Hinterbliebenen komme zu Trauer und Schmerz noch "das tiefe Erschrecken hinzu vor den Abgründen der menschlichen Seele", sagte Gauck mit Blick auf die "verstörende Vernichtungstat" des Copiloten.
Leid und Not hätten Menschen aber auch zueinander finden und über sich hinauswachsen lassen, hob der Bundespräsident hervor. Es sei ein Band des Mitleidens und der Gemeinsamkeit entstanden, nicht nur im Trauern: "Wir sind auch verbunden durch gegenseitige Unterstützung, durch Hilfe, durch Füreinander-Da-Sein", sagte Gauck.
Traueranzeigen der Lufthansa
Mit einer ganzseitigen Traueranzeige in mehreren großen Tageszeitungen gedachte die Lufthansa erneut der Todesopfer des Absturzes. "Wir trauern um unsere Passagiere und Kollegen, die am 24. März 2015 bei dem Flugzeugunglück der Germanwings in der Nähe von Seyne-les-Alpes ihr Leben verloren haben", heißt es in der Anzeige der Lufthansa Group. "Wir werden sie nie vergessen."
Angehörigen, Freunden und Kollegen der Verstorbenen gehöre das aufrichtige Mitgefühl der Lufthansa. "Wir werden Ihnen beistehen." Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte bereits bei einem Besuch der Unfallstelle in den französischen Alpen langfristige Hilfen für die Hinterbliebenen zugesagt.
wl/kle (dpa, afp, rtr)