Touristen-Boom dank 9-Euro-Ticket
Nach drei Monaten endet das Angebot des 9-Euro-Tickets für die bundesweite Nutzung von Nah- und Regionalverkehr. Viele touristische Highlights wurden so günstig erreichbar. Doch es gibt auch Kritik.
Sylt - Traumziel zum Schnäppchenpreis
Die weißen Traumstrände der Nordseeinsel Sylt ziehen Jahr für Jahr Hunderttausende Urlauber an. Die meisten sind gutbetucht, denn Sylt gehört zu den teuersten Ferien-Destinationen in Deutschland. Mit dem 9-Euro-Ticket war zumindest die Anreise zum Schnäppchenpreis möglich.
Sylt - überfüllt
Allerdings wurde die Insel der Reichen und Schönen mit Beginn des 9-Euro-Tickets geradezu überflutet von Menschen mit schmalerem Geldbeutel. Die Invasion eines eher untypischen Publikums sorgte bundesweit und sogar im Ausland für Aufsehen: Punks und andere konsumkritische Gruppen belagerten die Innenstadt von Westerland - sehr zum Unwillen der sonst hier flanierenden Klientel.
Hamburg profitiert
Im Großraum Hamburg hat sich das 9-Euro-Ticket als Verkaufsschlager erwiesen: Mehr als 1,8 Millionen wurden in den ersten beiden Monaten verkauft. Viele Menschen aus dem Umland nutzten die Gelegenheit, günstig zu den Sehenswürdigkeiten der Hansestadt reisen zu können, zum Beispiel zur Elbphilharmonie. Einer Umfrage zufolge wurden dadurch mehr als vier Millionen Autofahrten eingespart.
Mehr Tagestouristen in Rheinland-Pfalz
Wie in vielen anderen Regionen Deutschlands nutzten nach Angaben der Tourismuszentrale von Rheinland-Pfalz auch hier viele Tagestouristen das 9-Euro-Ticket für Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten des Landes. Viele von ihnen bewunderten sicher auch den Trierer Dom, der zum UNESCO-Welterbe gehört.
Besucher-Booster für Neuschwanstein
Das Märchenschloss Neuschwanstein in Bayern ist seit jeher ein Publikumsmagnet. Doch durch die Corona-Pandemie versiegten die Besucherströme auch hier. Da kam das 9-Euro-Ticket gerade recht und sorgte für einen Aufschwung bei den Gästezahlen. Auch Tegernsee und Chiemsee oder Schloss Hohenschwangau gehörten in Bayern zu den 9-Euro-Gewinnern.
Ausflugsziel Sächsische Schweiz
Auch in der Sächsischen Schweiz verzeichneten die Touristenattraktionen dank des 9-Euro-Tickets einen Anstieg der Besucherzahlen. Wie hier auf der Basteibrücke tummelten sich Tausende Touristen in der spektakulären Naturlandschaft, viele von ihnen auf Tagesausflug.
ÖPNV-Probleme auf dem Land
Abseits der Touristen-Hotspots ist man besser selbst mobil, denn wie hier am Bahnhof Nossentin in Mecklenburg-Vorpommern fahren vielerorts nur noch selten Züge. Umweltverbände fordern deshalb eine stärkere Förderung des ÖPNV in ländlichen Regionen und den Ausbau des Streckennetzes. Einer Studie zufolge sind 55 Millionen Deutsche außerhalb der Metropolregionen ohne ausreichende ÖPNV-Versorgung.
Historische Bahnen nehmen Tempo auf
Historische Eisenbahnen wie die zwischen Kühlungsborn und Bad Doberan verkehrende Bäderbahn "Molli" in Mecklenburg-Vorpommern erlebten durch das 9-Euro-Ticket einen Besucheransturm. Die Fahrgastzahlen legten während der drei Monate nach Angaben der Betreiber deutlich zu. Ähnliches gilt für die bei Touristen sowieso schon beliebten Harzer Schmalspurbahnen und für den "Rasenden Roland" auf Rügen.
Ideal für Wochenendausflüge
Das 9-Euro-Ticket war besonders beliebt bei Wochenendausflüglern. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, lag die Nutzung der Regional- und Nahverkehrsbahnen im Juni, dem ersten Monat des Aktionszeitraums, an Sonntagen um 83 Prozent und an Samstagen um 61 Prozent über dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Wie hier in Stralsund sorgte das für eine hohe Auslastung der Züge und Andrang am Bahnhof.
Was kommt nach dem 9-Euro-Ticket?
Unrealistisch erscheint derzeit eine Beibehaltung des 9-Euro-Tarifs. Eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich vor allem ein Angebot, das bundesweit für alle Tarifgebiete gilt - und würde dafür auch mehr bezahlen. Metropolen wie Erfurt würden dann sicher weiterhin viele Touristen anlocken, ländliche Regionen hätten ohne Ausbau des ÖPNV vor Ort vermutlich das Nachsehen.