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Geschkes Husarenritt

22. Juli 2015

Zum fünften Mal jubelt ein deutscher Radprofi bei der Frankreich-Rundfahrt: Simon Geschke fährt bei der 17. Etappe in Pra Loup souverän als Erster über das Ziel. Einer der Top Drei gibt entkräftet und unter Tränen auf.

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Tour de France 2015 Simon Geschke
Bild: Getty Images/AFP/J. Pachoud

Mit einem Lächeln schaut sich Simon Geschke ein letztes Mal um, dann breitet der bärtige Deutsche die Arme aus und brüllt seine unbändige Freude mit einem Urschrei heraus. Mit einem sagenhaften Solo über das "Dach der Tour" erfüllt sich der deutsche Radprofi den Traum vom ersten Etappensieg bei der Frankreich-Rundfahrt.

Der 29-Jährige kletterte im Alleingang über den bislang schwersten Alpen-Anstieg und kämpfte sich nach insgesamt 161 km in Pra Loup zum bislang größten Erfolg seiner Karriere. "Das ist ein unwirklicher Moment. Ich habe noch nicht so viel gewonnen in meiner Laufbahn", sagte Geschke mit zittriger Stimme und Tränen in den Augen: "Ich habe es mit der Brechstange probiert, ich hatte keine Lust, nochmal Vierter oder Fünfter zu werden."

Geschkes enorme Kletterqualitäten

Für die deutschen Fahrer war es bereits der fünfte Tagessieg bei der Tour 2015. Zuvor waren der inzwischen ausgestiegene Tony Martin und Sprintstar André Greipel (3) erfolgreich gewesen.

Geschke, am Montag bereits Vierter auf dem Weg nach Gap, war am Mittwoch Teil einer großen Fluchtgruppe, die sich nach einer rasanten ersten Rennstunde bildete. Rund 45 km vor dem Ziel suchte Geschke dann sein Glück als Einzelkämpfer. Auf dem Weg zum Col d'Allos, dem höchsten Punkt der diesjährigen Tour, bewies er seine Kletterqualitäten. Auch auf der halsbrecherischen Abfahrt, auf der sein Verfolger Thibaut Pinot (Frankreich/FDJ) stürzte, blieb er cool.

Froomes One-Man-Show

"Ich habe in der Abfahrt viel riskiert, aber auch nicht alles. Ich habe versucht, mich auf die Ideallinie zu konzentrieren. Heute hat alles gepasst", sagte Geschke, der sein Glück kaum fassen konnte.

Tour de France 2015 Chris Froome
Unangefochten: Der Mann in GelbBild: Reuters/S. Rellandini

Im Kampf um den Gesamtsieg setzte Christopher Froome seine One-Man-Show fort, der Brite steuert seinem zweiten Gesamtsieg ungebremst entgegen. Der 30 Jahre alte Träger des Gelben Trikots knüpfte an die starken Leistungen in den Pyrenäen an und wehrte alle Angriffe der Konkurrenz mit spielerisch wirkender Leichtigkeit ab. Die Debatte um seine Leistungsdaten, die seine Sky-Mannschaft angesichts anhaltender Doping-Zweifel am Dienstag veröffentlicht hatte, prallte an ihm ab.

Gegner im Pech, van Garderen raus

Froome profitierte zudem vom Pech seiner Gegner. Giro-Sieger Alberto Contador (Spanien/Tinkoff-Saxo) musste in der Abfahrt vom Col d'Allos das Rad wechseln und verlor wertvolle Zeit. Auch eines weiteren großen Rivalen entledigte sich Froome ohne eigenes Zutun. Der Amerikaner Tejay van Garderen (BMC Racing), vor Etappenbeginn Dritter der Gesamtwertung, verlor von einer Krankheit geschwächt schon an der ersten und vergleichbar leichten Bergwertung den Anschluss an die Top-Favoriten.

Tour de France 2015 Tejay van Garderen
Gab entkräftet auf: van GarderenBild: picture-alliance/AP Photo/C. Ena

Statt an der Spitze das Geschehen mitzubestimmen, quälte sich van Garderen noch knapp zwei Stunden an der Seite der abgehängten Fahrer und stieg 70 km vor dem Ziel unter Tränen von seinem Rad. Die Tour de France ist für den Vorjahresfünften beendet.

Radprofis gedenken Germanwings-Opfer

Der Tagesabschnitt stand auch im Zeichen des Germanwings-Absturzes vor rund vier Monaten, das Ziel in Pra Loup liegt unweit der Unglücksstelle. Der deutsche Meister Emanuel Buchmann (Ravensburg/Bora-Argon18) und der spanische Champion Alejandro Valverde (Movistar) nahmen das Teilstück symbolisch an der Spitze des Feldes in Angriff. Bei dem Absturz der Germanwings-Maschine am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf waren alle 150 Menschen an Bord ums Leben gekommen. Unter ihnen waren 72 Deutsche und 50 Spanier. Den Ermittlungen zufolge
hatte der deutsche Copilot den Airbus absichtlich abstürzen lassen.

Am Donnerstag dürften sich die Favoriten auf den Gesamtsieg eher belauern. Die 186,5 km lange 18. Etappe von Gap nach Saint-Jean-de-Maurienne ist zwar ebenfalls anspruchsvoll, bietet aber vor allem Ausreißergruppen gute Erfolgsaussichten.

sw/hz (dpa, sid)