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Das dritte Leben des Airbus A380

Andreas Spaeth
15. Dezember 2022

Viele hatten die Ausmusterung des Airbus A380 bedauert. Doch jetzt legt das mehrfach totgesagte Riesenflugzeug ein unerwartet starkes Comeback hin.

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Arbeiter entfernt Abklebeband an einem stillgelegten A30 in Teruel/Spanien
Hallo! Aufwachen! Arbeiter entfernt Abklebeband an einem stillgelegten A30 in Teruel/SpanienBild: Michael Lamberty/Lufthansa

Im Mai 2020 hatte die Düsseldorf ihren bis jetzt letzten Flug absolviert - aus eher traurigem Anlass. Damals stand der weltweite Luftverkehr in der ersten Phase der Pandemie so gut wie still, die Lufthansa fürchtete wie viele andere Airlines um ihr Überleben. Ihre Flotte aus 14 riesigen Airbus A380 für jeweils 509 Passagiere war da ein rechter Klotz am Bein, dessen man sich schnell entledigen wollte.

Lufthansa brachte ihre A380 damals auf Abstellplätze in Teruel in der spanischen Halbwüste und nach Tarbes-Loudes im Südwesten Frankreichs. Darunter das Flugzeug mit dem Taufnamen der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen und dem Kennzeichen D-AIMK, in Luftfahrtkreisen daher auch Mike Kilo genannt. Fast alle 14 Lufthansa-Riesen stehen immer noch dort, und es sah lange so aus, als wäre es das gewesen mit der A380-Ära bei der Kranich-Airline, die erst 2010 begonnen hatte.

Geparkte Airbus A380 von Lufthansa  in Teruel / Spanien
Sommer 2020: Geparkte Airbus A380 von Lufthansa in Teruel / SpanienBild: ATC Pilot/Sebastian Thoma

Der Irrtum des Lufthansa-Chefs

Die Pandemie schien das endgültige Aus für vierstrahlige Großraumflugzeuge zu bedeuten, die Produktion der A380 war bereits 2021 eingestellt worden, die letzte Boeing 747 hat die Werkshallen bei Seattle Anfang Dezember nach über 50 Jahren Produktion verlassen. Die 747 fliegt kaum noch Passagiere, sondern zumeist Fracht, auch während der Lockdowns, während die A380 zur Hochzeit der Pandemie kaum noch am Himmel zu sehen war. Gerade mal gut 20 von 251 ausgelieferten Riesen waren damals noch als 'aktiv' eingestuft. Und an eine Rückkehr glaubte man bei vielen bisherigen Betreibern nicht. "Die A380 kommt natürlich nicht zurück", war sich Lufthansa-Chef Carsten Spohr noch im Herbst 2021 sicher.

Gut ein Jahr später ist alles anders. Seit Sommer 2022 liegt die weltweite Nachfrage nach Flügen wieder auf 80 Prozent des Niveaus vor der Pandemie, doch gleichzeitig leiden die Airlines unter extremer Flugzeugknappheit. Viele unrentable ältere Flugzeuge wurden in der Krise vorzeitig ausgemustert. Vor allem bei großen Langstreckenjets herrschen gleichzeitig massive Lieferengpässe - vor allem, weil Boeing nicht wie vorgesehen liefern kann.

A380 profitiert von Boeings Problemen

Nach langer Zwangspause durch erhebliche Qualitätsprobleme wird der Bestseller 787 erst seit kurzem wieder ausgeliefert, erstmals auch an die Lufthansa. Die Indienststellung des aktuell größten produzierten neuen Verkehrsflugzeugs, der Boeing 777-9, verzögert sich immer weiter. Eigentlich sollte es längst im Liniendienst fliegen auch bei der Lufthansa; kürzlich musste Boeing aber einräumen, dass es nicht vor 2025 soweit sein wird - nach immer neuen Rückschlägen im Testprogramm. So blieb der Lufthansa quasi gar keine andere Wahl, als zumindest einige A380 zu reaktivieren, die zwar nicht wirklich rentabel betrieben werden können, was aber besser ist, als Nachfrage und bestimmte Routen gar nicht zu bedienen oder Landeslots zu verlieren.

Blick in den Innenraum einer stillgelegten A380 in Teruel/Spanien
Blick in den Innenraum einer stillgelegten A380 in Teruel/Spanien Bild: Michael Lamberty/Lufthansa

Deshalb kam am 2. Dezember auf einmal wieder Leben in die Düsseldorf. Nach zweieinhalb Jahren Dornröschenschlaf unter spanischer Sonne herrschte hektische Betriebsamkeit, Lufthansa-Wartungspersonal hatte wochenlang das Comeback des Fliegers in Spanien vorbereitet. Der Anblick der Kabine nach so langer Zeit am Boden mutete gespenstisch an: die Fenster abgeklebt, die Sitzreihen unter schwarzen Plastikplanen versteckt, selbst die Pilotensitze dick in Folie eingehüllt. Hatte man 2020 bereits rund 2000 Arbeitsstunden investiert, um den Riesen in den Dämmerzustand zu versetzten, in der Fachsprache deep storage genannt, so benötigt man für die Wiederweckung noch mehr Aufwand, etwa 2500 Arbeitsstunden, vom Entfernen aller Abdeckungen bis zu Triebwerksprobeläufen.

Blick ins stillgelegte Cockpit eines A380
Blick ins stillgelegte Cockpit eines A380Bild: Michael Lamberty/Lufthansa

Im Einsatz erst ab Frühjahr

Und als es dann am 2. Dezember endlich losgehen sollte mit der Überführung nach Frankfurt, hatte die Wartungsfirma doch tatsächlich vergessen, die neueste Software im Cockpit aufzuspielen, der Start verzögerte sich daher nochmals um Stunden. Und dass die Düsseldorf wieder abhob, heißt keineswegs, dass sie schon einsatzbereit ist nach der langen Bodenzeit. Der Überführungsflug nach Frankfurt musste aus technischen Gründen mit ausgefahrenem Fahrwerk erfolgen. Womit das Flugzeug viel mehr Luftwiderstand erzeugte, langsamer und tiefer fliegen musste und mehr Sprit verbrauchte. Am Ende dauerte der Weg von Teruel nach Frankfurt drei Stunden und neun Minuten, fast doppelt so lang wie üblich.

Es wird noch Monate dauern, bis Mike Kilo wieder mit Passagieren starten kann, was für Ende März vorgesehen ist. Vorher folgen ausgiebige Wartungsarbeiten zunächst in Frankfurt, unter anderem müssen Hagelschäden an den Landeklappen behoben werden. Dann wird die A380 für weitere große Überholungen nach Manila geflogen (dort wartet Lufthansa Technik die A380), gleichzeitig werden neue Beatzungen für die Kabine trainiert und Piloten auf den neuesten Trainingsstand gebracht. Zunächst wird Lufthansa nur drei ihrer ehemals 14 Riesen wieder reaktivieren, als nächste sollen die Delhi und die Hamburg wieder abheben, im Passagierbetrieb werden alle drei im Frühjahr in München stationiert, möglicherweise folgen noch zwei weitere Maschinen.

Wohl längerfristiger Einsatz

Die Entscheidung der Lufthansa zur Wiedereinführung der A380 ist nicht die einzige Überraschung. Jetzt kündigte auch Etihad aus Abu Dhabi an, vier ihrer zehn A380 für die Route nach London-Heathrow zu aktivieren. Das freut Fans der A380 ganz besonders, denn keine andere Airline bietet ein derart luxuriöses Interieur an Bord bis hin zu The Residence, einer Art Privatwohnung mit eigenem Schlaf- und Badezimmer mit Dusche über den Wolken.

Ein Airbus A380 der arabischen Fluggesellschaft Emirates rollt zur Start-und Landebahn des Airbuswerks in Finkenwerder.
Am 16. Dezember 2021 lieferte Airbus den letzten A380 aus - an den größten Kunden EmiratesBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Aktuell ist bereits mehr als die Hälfte aller A380 wieder im Einsatz und es werden noch mehr. Größter Betreiber ist Emirates,  die derzeit mit knapp 90 ihrer Riesen wieder abhebt. "Wir hoffen dass wir alle verbliebenen 118 A380 im nächsten Jahr wieder in Betrieb nehmen können", sagte Emirates-Chef Sir Tim Clark kürzlich gegenüber DW. Zehn der ehemals 15 Airlines, die die Maschinen im Bestand haben, nutzen ihre Riesen wieder, viele nur eine reduzierte Anzahl, einzig British Airways hat alle zwölf im Einsatz. Qantas, Emirates und Singapore Airlines haben sogar ihre A380-Kabinen modernisiert, was auf eine längere Einsatzdauer hindeutet.

Für die A380 hat damit ein drittes Leben begonnen: Durch massive Produktionsprobleme drohte ihr zuerst bereits 2005 das Ende, noch vor ihrem Premierenflug. Dann schien die Pandemie ihr Aus zu besiegeln. Doch nun startet die A380 tatsächlich ein drittes Mal durch.