Tote bei Wahlreform-Demo in Bagdad
11. Februar 2017Zunächst verlief die Kundgebung Tausender Anhänger des schiitischen Klerikers Muktada al-Sadr nach Polizeiangaben friedlich. Dann hätten jedoch einige Demonstranten versucht, die Absperrung zur hochgesicherten Grünen Zone zu durchbrechen, woraufhin die Polizei Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt habe.
Bei den Auseinandersetzungen sind nach Polizeiangaben sieben Menschen getötet worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Zunächst war nur von einem getöteten Polizisten die Rede, der unbestätigten Informationen aus dem Krankenhaus zufolge an einer Schussverletzung gestorben war. Die Zahl der Verletzten wurde immer weiter nach oben korrigiert, zuletzt war von mehr als 300 die Rede. Viele der Demonstranten litten nach dem Tränengaseinsatz unter Atembeschwerden.
Nach der gewaltsamen Auflösung der Proteste schlugen im Regierungsviertel mehrere Raketen ein. Die Katjuscha-Geschosse seien aus nördlichen Stadtteilen abgefeuert worden, teilte ein Behördensprecher mit.
Wahlrechtsreformen gefordert
Anlass für die Großdemonstration mit mehreren Tausend Teilnehmern war die Forderung nach Reformen im irakischen Wahlrecht. So soll nach dem Willen der Demonstranten eine unabhängige Wahlkommission eingesetzt werden. Außerdem soll es durch die Reform kleineren Parteien erleichtert werden, ins Parlament einzuziehen. Im September sind Wahlen im Irak angesetzt.
Der Geistliche al-Sadr hatte seinen Anhängern geraten, sich den Absperrungen zur Grünen Zone zu nähern, um ihren "Forderungen Nachdruck zu verleihen". In einer Erklärung riet er ihnen zudem, bis Sonnenuntergang auf den Straßen zu bleiben. In der Grünen Zone haben die jetzige Wahlkommission und zahlreiche weitere Institutionen und Ministerien ihren Sitz.
Der Sprecher der jetzigen Wahlkommission, Serbat Mustafa, sagte einem lokalen TV-Sender, man werde "den Drohungen nicht nachgeben". Er werde nicht von seinem Amt zurücktreten und beschuldigte al-Sadr, die Kommission als "politischen Sündenbock" zu missbrauchen.
Proteste seit Monaten
Schon im vergangenen Jahr gab es immer wieder Demonstrationen von Anhängern al-Sadrs für politische Reformen. Die Menschen verlangten eine tiefgreifende Veränderung des politischen Systems, das durch Korruption und Vetternwirtschaft geprägt ist.
Al-Sadr ist ein erklärter Kritiker von Premierminister Haider al-Abadi. Dieser müsse auf die Anti-Korruptions-Proteste reagieren und die geforderten Reformen "umgehend" in Angriff nehmen. Der Ministerpräsident müsse "auf die Stimme des Volkes hören und die Korrupten entfernen", so der populäre Geistliche.
Al-Abadi hat wiederholt erklärt, zwar hätten alle Iraker das Recht auf friedlichen Protest, jedoch müssten die Demonstranten das Gesetz befolgen und sowohl öffentliches als auch privates Eigentum respektieren.
mak/wl (afp, rtre, ape)