Torfestival zwischen Ungarn und Portugal
22. Juni 2016Spektakuläres Ende der Vorrunde in Gruppe F: Ungarn schnappt sich den Gruppensieg. Island und Portugal sind ebenfalls eine Runde weiter, nur Österreich scheidet trotz beherztem Kampf als Gruppenletzter aus. In Lyon standen sich Ungarn und Portugal gegenüber und trennten sich 3:3 (1:1). Ungarns ältester Feldspieler Zoltan Gera (19. Minute) und Portugals Flügelstürmer Nani (42.) erzielten die Tore vor der Pause. Dann schlugen die Ungarn mit einem abgefälschten Freistoß von Balazs Dzsudzsak zu (47.), bevor Cristiano Ronaldo den erneuten Ausgleich erzielte (50.). Doch Ungarn gab sich nicht zufrieden: Dzsudzsak profitierte ein zweites Mal von einem abgefälschten Ball und schoss das 3:2 (55.). Doch den Schlusspunkt setzte Ronaldo, der nun bei vier EM-Endrunden getroffen hat, mit seinem Kopfball zum 3:3 (62.).
Die Isländer blieben nach ihren Remis gegen Portugal und Ungarn auch gegen Österreich ungeschlagen. Sie erkämpften sich - obwohl die Österreicher über weite Strecken der Partie drückend überlegen waren - ein glückliches 2:1 (1:0). Jon Dadi Bödvarsson erzielte das Führungstor für Island (18.). Alessandro Schöpf gelang in der zweiten Halbzeit der Ausgleich (60.). Anschließend drängte Österreich auf den zweiten Treffer, nutzte aber seine Chancen nicht. In der Schlusssekunde lief Island einen letzten Konter, den Arnor Ingvi Traustason zum 2:1-Endstand ins Tor schob (90.+4). Für Österreich verschoss Verteidiger Aleksandar Dragovic zwischenzeitlich einen Foulelfmeter (37.).
Rekordmann Ronaldo rettet Portugal
Das Spiel zwischen Ungarn und Portugal nahm zunächst den erwarteten Verlauf: Die Portugiesen, die nach bislang zwei Unentschieden unter Druck standen, drängten auf das Tor der Ungarn, die sich sehr weit zurückzogen und auf Konter lauerten. Klare Torchancen konnten sich Ronaldo und Co. zunächst aber nicht erspielen. Stattdessen gab es auf der anderen Seite beim ersten Schuss den Treffer. Nach einer Ecke für Ungarn klärten die Portugiesen den Ball nicht entscheidend. Gera fasste sich ein Herz, nahm den Ball direkt per Dropkick und jagte ihn aus 19 Metern ins rechte untere Eck (19.). Portugal brauchte einige Zeit, um sich zu erholen.
Erst zehn Minuten nach der Führung gab Ronaldo eine erste Antwort, doch seinen Weitschuss-Aufsetzer aus knapp 40 Metern klärte Gabor Kiraly zur Ecke (29.). Den nächsten Versuch setzte CR7 ein paar Meter neben das Tor (35.). Dann aber bewies der mehrfache Weltfußballer seine Extraklasse: Sein Pass durch die Abwehrreihen der Ungarn erreichte den in den Strafraum gestarteten Nani, der direkt ins kurze Eck abschloss und Kiraly im ungarischen Tor keine Chance ließ (42.).
Nach der Pause ging es rasant weiter: Zunächst hatte Dzsudzsak Glück, dass sein Freistoß aus 20 Metern von der Mauer so abgefälscht wurde, dass der Ball unhaltbar zum 2:1 im Tor von Rui Patricio einschlug (47.). Dann antwortete Ronaldo mit einem Traumtor. Eine Flanke von Joao Mario von der rechten Seite verwertete der Superstar von Real Madrid mit der Hacke und traf ins linke Eck (50.). Portugal war wieder im Spiel und virtuell im Achtelfinale - aber nur kurz, denn erneut schlug Dzsudzsak zu. Ein angedrehter Schuss von der Strafraumgrenze wurde ebenfalls abgefälscht, wieder hatte Rui Patricio keine Abwehrchance (55.).
Wohl kein portugiesischer Spieler war über den dritten Rückstand verzweifelter als Ronaldo. Der Stürmer, mit 17 EM-Spielen nun alleiniger Rekordhalter, verzog das Gesicht, als wollte er losheulen und schickte ein verzweifeltes Stoßgebet gen Himmel. Offenbar wurde sein Flehen dort erhört, denn kurze Zeit später durfte er wieder lachen: Nach einer Ecke des eingewechselten Ricardo Quaresma stieg Ronaldo am höchsten und setzte einen Kopfball unhaltbar zum 3:3 in die Maschen (62.). Gleich danach klingelte es fast schon wieder auf der anderen Seite: Akos Elek sprintete in den Strafraum, nahm die von links kommende Flanke direkt, traf aber nur den Innenpfosten (64.). Danach beruhigte sich die Partie wieder. Die Ungarn verlegten sich nun etwas mehr aufs Verteidigen, und auch Portugal riskierte in der Gewissheit, dass ein Unentschieden zum Achtelfinaleinzug reichte, nicht mehr so viel wie zuvor.
Österreich verpasst den Sieg
Das Spiel Island gegen Österreich im Stade de France in Saint Denis begann mit einem Kracher: Nach nicht ganz 120 gespielten Sekunden knallte Islands Johann Gudmundsson den Ball mit einem wuchtigen Weitschuss aus 20 Metern an das linke Lattenkreuz. Nach zehn Minuten hatten die Isländer Glück: Ihr Torwart, Hannes Halldorsson, ging im eigenen Strafraum gegen Marko Arnautovic ins Dribbling. Der Stürmer spitzelte dem Schlussmann den Ball vom Fuß, doch beim Versuch abzuschließen strauchelte Arnautovic und vergab die große Chance zur Führung. Stattdessen durften die Isländer als Erste jubeln. Nach einem weiten Einwurf wurde der Ball per Kopf verlängert. Jon Dadi Bödvarsson nahm ihn geschickt an, drehte sich und ließ Torwart Robert Almer aus kurzer Distanz keine Chance. Das 1:0 für Island (18.) und ein Schock für Österreich - vom dem sie sich allerdings bald erholten.
Österreich machte nun deutlich mehr Druck und hatte damit Erfolg: Um zu verhindern, dass David Alaba im Strafraum an eine Flanke herankam, hängte sich Ari Skulason an dessen Arm, zog und hielt den Bayern-Spieler fest. Der Schiedsrichter ahndete das zu Recht mit einem Strafstoß. Aber Dragovic setzte den Ball nur an den linken Außenpfosten und vergab die Riesenchance auf den Ausgleich.
Österreichs Coach Marcel Koller wechselte zur Pause zweimal aus, brachte Schöpf für Stefan Ilsanker und Marc Janko für Sebastian Prödl. Österreich übernahm nun klar die Initiative und hatte viel mehr vom Spiel. Doch immer, wenn ein Österreicher einen Schuss abfeuerte, warf sich mindestens ein Isländer in den Ball und verhinderte das Tor. Erst in der 60. Minute war die Abwehr der Insulaner überwunden. Alaba legte Schöpf den Ball auf. Der Schalker ließ mehrere Abwehrspieler stehen wie Slalomstangen und schob den Ball überlegt zum 1:1 ins lange Eck (60.). Österreich wollte jetzt mehr und drückte Island noch weiter in die Defensive. Wieder hatte Schöpf eine große Chance, scheiterte aber aus kurzer Distanz an der guten Fußabwehr Halldorssons (72.). In der letzten Viertelstunde waren die Österreicher schließlich so überlegen, dass der Führungstreffer eigentlich nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien, doch klare Chancen gab es kaum noch.
In der Nachspielzeit versuchten es Alaba und Christian Fuchs mit wuchtigen Fernschüssen, die aber erneut abgeblockt wurden. Schließlich brach ein Konter den Österreichern buchstäblich in letzter Sekunde das Genick. Der eingewechselte Elmar Bjarnason fing den Ball ab, sprintete damit nach vorne, legte quer und Traustason hatte keine Mühe das Leder knapp neben dem linken Pfosten zum 2:1 im österreichischen Tor unterzubringen (90.+4).
Island kletterte durch den Sieg auf Rang zwei und trifft im Achtelfinale auf England. Ungarn bekommt es mit dem Zweiten der Gruppe E zu tun, der am Abend ermittelt wird. Portugal spielt gegen Kroatien. Außerdem steht nun fest, dass Deutschland in seinem Achtelfinale gegen die Slowakei antreten muss.
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