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Todesurteil gegen Christin bestätigt

16. Oktober 2014

Vier Jahre nach dem Urteilsspruch hat ein Berufungsgericht in Pakistan die Todesstrafe gegen eine Christin wegen angeblicher Gotteslästerung bestätigt. Muslimische Geistliche im Gerichtssaal jubelten.

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Kruzifixe, die auf einem Markt in Pakistan zum Verkauf angeboten werden (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die in Pakistan wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tode verurteilte Christin Asia Bibi ist mit ihrem Berufungsantrag gescheitert. Das Hohe Gericht der Stadt Lahore lehnte die Berufung ab, wie Bibis Anwalt Shakir Chaudhry mitteilte. Er kündigte an, sich im Einverständnis mit Bibis Ehemann mit einem weiteren Berufungsantrag an das Oberste Gericht zu wenden, der dritten und letzten Instanz.

Im Gerichtssaal saßen muslimische Geistliche, die das Urteil bejubelten. Der Imam Qari Saleem, der die Mutter von fünf Kindern im Jahr 2009 vor Gericht gebracht hatte, sprach von einem "Sieg für den Islam".

Den Propheten beleidigt?

Der Richter habe die Zeugenaussagen zweier muslimischer Schwestern über die angeblich gotteslästerlichen Aussagen von Asia Bibi als "glaubwürdig" beurteilt, führte ihr Anwalt aus. Bibi sitzt seit November 2010 im Todestrakt, nachdem sie in der Provinz Punjab zum Tod durch den Strang verurteilt wurde. Muslimische Frauen aus ihrem Dorf hatten sich im Juni 2009 darüber beschwert, dass sich die Frau beleidigend über den Propheten Mohammed geäußert habe.

Bibi hingegen bestreitet das. Das pakistanische Strafgesetz sieht für die Verunglimpfung des Propheten die Todesstrafe oder lebenslange Haft vor. "Die Justiz befindet sich zunehmend in den Händen von Extremisten", so die Einschätzung Shakirs.

Asia Bibi (Archivbild: dpa)
Die Katholikin Asia Bibi bestreitet die Vorwürfe und hofft nun auf die dritte GerichtsinstanzBild: picture-alliance/dpa

Papst Benedikt bat um Begnadigung der Katholikin

In westlichen Staaten löste das Urteil damals Empörung aus. Auch der damalige Papst Benedikt XVI. setzte sich seinerzeit für die Begnadigung der Katholikin ein. Im Juni dieses Jahres startete das Internationale Katholische Missionswerk missio eine Petition gegen das sogenannte "Blasphemiegesetz" in Pakistan. Dies würde missbraucht, um religiöse Minderheiten in Pakistan zu denunzieren, auszuschalten oder unter Druck zu setzen, so das Hilfswerk.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens im Fall Bibi war seit Februar viermal verschoben worden. Eine für Ende Mai geplante Anhörung fand ebenfalls nicht statt. Sämtliche Versuche, das Gesetz zu ändern, scheiterten stets am Widerstand religiöser Hardliner. In der Praxis kann bereits der bloße Verdacht auf Gotteslästerung tödliche Folgen haben. Beschuldigten droht die Selbstjustiz einer aufgebrachten Menge oder ein Übergriff in der Untersuchungshaft.

Politiker wurden ermordet

Und nicht nur die Angeklagten sind gefährdet, sondern auch die, die für sie eintreten: So wurden 2011 der Katholik und Minister für Minderheitenfragen, Shabaz Bhatti, und der Gouverneur der Provinz Punjab, Salmaan Taseer, die sich gegen das Blasphemiegesetz und für die Freilassung von Asia Bibi eingesetzt hatten, ermordet.

Zwar garantiert die Verfassung Religionsfreiheit, aber der Islam ist Staatsreligion in Pakistan. Knapp 97 Prozent der 180 Millionen Pakistaner sind Muslime. Etwa 2,8 Millionen bekennen sich zum Christentum.

Kauder fordert Freilassung von Asia Bibi

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, hat eine Aufhebung des wegen vermeintlicher Gotteslästerung verhängten Todesurteils gegen die Christin gefordert. "Die pakistanische Regierung muss alles tun, diese schreiende Ungerechtigkeit zu beenden und den Einfluss von Extremisten auf die Rechtspraxis zurückzudrängen", sagte Kauder in Berlin. Er kritisierte weiter, dass in Pakistan zunehmend die Blasphemiegesetze missbraucht würden, um religiöse Minderheiten zu
benachteiligen. Im Zweifel müsse die Regierung diese Gesetze ändern.

uh/se (afp,epd,kna)