Tituschki: Janukowitschs Männer fürs Grobe
19. Februar 2014Der Marienpark im Kiewer Regierungsviertel. Hinter einem Zaun und geschützt von der Polizei kampieren hier seit Monaten tausende Anhänger des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Es ist der sogenannte "Anti-Maidan". Oppositionelle Demonstranten waren hier bisher nicht zu sehen. Das änderte sich am Dienstag (18.02.2014), als tausende Protestler versucht hatten, die Polizeiabsperrung am Parlament zu durchbrechen.
Ein YouTube-Video zeigt, wie oppositionelle Demonstranten Polizisten mit Steinen und Molotow-Cocktails angreifen. Man hört Schüsse und Explosionen. Plötzlich schreit ein Mann: "Schande für Tituschki!" Die Menge stimmt ein.
Warnung vom State Department
Wer die aktuelle politische und gesellschaftliche Krise in der Ukraine verstehen will, kommt an "Tituschki" nicht vorbei. Das Wort wird inzwischen nicht nur von ukrainischen Medien und Politikern, sondern auch im Ausland immer öfter benutzt.
Sogar das State Department warnte in einer Erklärung Ende Februar US-Bürger vor Angriffen "junger Leute, die beim Volk 'Tituschki' heißen". Das Außenministerium in Washington verwies auf Angriffe der "Tituschki" auf Journalisten und oppositionelle Demonstranten in Kiew und anderen Städten.
Kampfsportler aus der Provinz
"Tituschki" ist die Pluralform des ukrainischen Nachnamens "Tituschko". Vadim Tituschko ist ein 20-jähriger Kampfsportler aus dem Provinzstädtchen Bila Zerkwa bei Kiew. Am 18. Mai 2013 nahm er gemeinsam mit Freunden aus einem Sportclub an einer Demonstration der Regierungsanhänger in Kiew teil, die sich gegen die Opposition richtete. Tituschko, gekleidet in einen in der Szene beliebten schwarzen Sportanzug, prügelte dabei zwei Journalisten krankenhausreif, darunter eine Fernsehkorrespondentin. Später wurde er von einem Gericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Seitdem werden in der Ukraine kräftige junge Männer, die für die ukrainische Regierung und den Präsidenten Janukowitsch demonstrieren und dabei nicht selten handgreiflich werden, "Tituschki" genannt. Einige von ihnen wurden von oppositionellen Demonstranten gefangen genommen und erzählten, dass sie für ihren Einsatz Geld bekommen. Der Tagessatz soll zwischen 250 und 500 Hriwna betragen (umgerechnet rund 25 bis 50 Euro). Sie sind nicht nur in Kiew aktiv, sondern auch in der Provinz. Als oppositionelle Demonstranten im Januar mehrere Gebietsverwaltungen besetzt hatten, halfen hunderte "Tituschki" der Polizei, die Demonstranten anzugreifen und zu verprügeln.
Banditen im Dienst des Präsidenten?
Wie viele "Tituschki" es gibt, ist schwer einzuschätzen. Man kann offenbar von einigen Tausend ausgehen, die mit Bussen und Zügen vor allem nach Kiew gebracht werden. Ukrainischen Medien zufolge sollen die meisten "Tituschki" aus dem Osten und Süden der Ukraine kommen, wo die regierende Partei der Regionen ihre Hochburgen hat.
Manches spricht dafür, dass nicht nur junge Kampfsportler, sondern auch Kriminelle dabei mitmachen. Auch der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko von der Partei UDAR (Schlag) glaubt dies. Es sei bezeichnend, dass die "Tituschki" eine gemeinsame Front mit der Polizei gebildet hätten, sagte Klitschko Ende Januar. "Das ist das Szenario der Obrigkeit - Proteste mit Hilfe von Sicherheitskräften und Banditen niederzuschlagen", so Klitschko.
Doch die Oppositionellen scheinen keine Angst zu haben. In den vergangenen Wochen haben sie in Kiew eine regelrechte Jagd auf "Tituschki" veranstaltet und mehrere von ihnen aus der Stadtmitte vertrieben.