Elegante Schönheit - Tina Modotti und ihre radikalen Fotografien
Die Aufnahmen der italienischen Fotografin Tina Modotti zählten in den 1920er-Jahren zur Avantgarde. Auch im Leben war sie ihrer Zeit voraus.
Berühmte Rosen
Dieses Rosenblütenbild ist vermutlich das berühmteste Foto der italienischen Fotografin Tina Modotti. Eine Detailaufnahme in Schwarzweiß, der Ausschnitt wirkt zufällig. Ein Bild von zeitloser Schönheit. Das Foto, vermutlich von 1924, zeigt den Stil der revolutionären Fotografin Modotti deutlich. Vor 80 Jahren, am 6. Januar 1942, starb sie mit nur 45 Jahren.
Wie eine Kulisse
Ungewöhnlicher Blickwinkel, klare Linien, keine Menschen. Das Foto des Gerüsts am Stadion von Mexiko-Stadt war in seiner Schlichtheit ebenso modern wie radikal in der Fotografie der 1920er-Jahre. Modotti, 1896 im italienischen Udine geboren, stammte aus einer armen Familie und war mit 17 Jahren in die USA ausgewandert. Hier arbeitete sie als Näherin und Schauspielerin.
Nicht nur menschenleere Fotos
Ebenfalls am Stadion von Mexiko-Stadt fotografierte Modotti (vermutlich 1927) diese Bauarbeiter. Das Leben der einfachen, benachteiligten Menschen war Modottis zweites wichtiges Thema. Nach Mexiko reiste sie erstmals 1922 - zusammen mit ihrem Geliebten, dem berühmten US-Fotografen Edward Weston (1886-1958), der ihr die Grundlagen modernistischer Fotografie vermittelte.
Talentierte Schönheit
1923 zogen Modotti und Weston zusammen nach Mexiko und arbeiteten in ihrem gemeinsamen Atelier. Das Paar wird Teil der kulturellen und sozialen Bewegung, die seit der Mexikanischen Revolution 1910 das Land veränderte. Die junge Frida Kahlo und Diego Rivera gehörten zum Freundeskreis. Modotti wird Fotografin für die Wandgemälde Riveras und steht ihm selbst Modell.
Edward Weston - Lehrer, Partner, Freund
Der einflussreiche US-Fotograf Edward Weston verließ seine Familie, um mit Modotti einige Jahre zusammenzuleben. 1926 kehrte er in die USA zurück. Laut Modotti-Biografin Margaret Hooks begann danach die produktivste Phase der talentierten Fotografin, es entstanden einige ihrer berühmtesten Bilder. Mit Weston blieb Modotti befreundet, bis sie sich ganz der politischen Arbeit in Moskau verschrieb.
Mexikanischer Arbeiter mit der Zeitung "El Machete"
Der lesende Arbeiter ist eines von Modottis berühmtesten Aufnahmen, die vermutlich in dieser produktiven Phase entstand. Die Fotos für "El Machete" waren laut Hooks fester Bestandteil von Modotti. Außerdem fotografierte sie für Bildbände und Dokumentationen mexikanische Volkskunst. Die Bilder mexikanischer Arbeiter haben neben ihrer schlichten Schönheit meist auch eine politische Komponente.
Hammer, Sichel und Sombreo
Die drei Symbole standen für das Leben und die Bewegung der mexikanischen Landarbeiter in den 1920er-Jahren. Modotti kombinierte in dieser berühmten Aufnahme moderne Ästhetik und politischen Inhalt. Modotti, die selbst aus einer armen Familie stammte, befasste sich bereits als junge Frau mit Fragen sozialer Ungerechtigkeit und mit dem Leben benachteiligter Menschen.
Gefragte Porträtfotografin
Mit ihren Porträts für die reiche mexikanische Oberschicht verdiente die vielseitige Fotografin ihr Geld. Es war en vogue, vor ihrer Kamera zu posieren und sich von ihr in Szene setzen zu lassen. So wie Maria Marin de Orozco, Schwägerin von Diego Rivera.
Die Kommunistin Tina Modotti
1927 trat Modotti in die mexikanische Kommunistische Partei ein. Der Kontakt zur Sowjetunion (UdSSR) war eng: Hier ein Empfang mexikanischer Parteimitglieder in der sowjetischen Botschaft in Mexiko-Stadt, den Modotti fotografierte. Später, nachdem sie 1930 des Landes verwiesen wurde, arbeitete sie nur noch politisch für die Kommunistische Partei Moskaus.
Frauen und Kinder als Motiv
Das innige Motiv eines Babys an der Brust hat Tina Modotti wiederholt fotografiert. Für die 1920er- und 1930er-Jahre ein ungewohntes Fotomotiv. Ab 1928 hat die Künstlerin eine Beziehung mit dem im Exil lebenden kubanischen Revolutionär Julio Antonio Mella. Im nächsten Jahr wird er an ihrer Seite auf der Straße erschossen.
Mexikanerin bei der Arbeit
Der Prozess um den Mord an Mella wird von der Justiz genutzt, um Modotti in Verruf zu bringen - ihre politischen Aktivitäten und ihr als unmoralisch bezeichnetes Privatleben. Modotti reist nach Tehuantepec, eine Landenge zwischen Mittel- und Nordamerika, und fotografiert dort vor allem Frauen und Kinder in ihrem alltäglichen Leben.
Rückkehr nach Europa
1930 wird Modotti aus ihrer Wahlheimat Mexiko aus politischen Gründen ausgewiesen. Die USA wollen die Kommunistin nicht einreisen lassen, so dass sie mit dem Schiff weiter nach Europa reist. In das zunehmend faschistische Italien, ihr Heimatland, kann sie nicht zurück. Einige Monate bleibt Modotti in Berlin, wo sie u.a. dieses Foto im Berliner Zoo macht.
Abkehr von der Fotografie
1930 folgt Modotti dem italienischen Kommunisten Vittorio Vidali nach Moskau. Er arbeitet dort für die kommunistische Partei der Sowjetunion. Fortan ist auch Modotti nur noch für die Partei des Diktators Stalin im Einsatz. Ihre Karriere als Fotografin beendet sie. Frühere Aufnahmen, wie die Frau mit Fahne, werden weiterhin gedruckt, so wie auf der deutschen A-I-Z (Arbeiter-Illustrierte-Zeitung).
Im Auftrag Moskaus unterwegs
Von Moskau aus wurden Modotti und ihr Geliebter Vidali nach Paris, später nach Spanien geschickt. Hier unterstützten die beiden unter falschem Namen die Republikanischen Brigaden gegen den faschistischen Diktator Franco im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39). Danach reiste Modotti, unter falschem Namen, zurück nach Mexiko. Fotos wie vom Kloster von Tepotzotlan (um 1924) machte sie keine mehr.
Früher Tod, unverwechselbare Fotos
Von 1939 bis 42 lebte Modotti zurückgezogen in Mexiko, mit wenig Geld oder Kontakt zu alten Freunden. Da sie sich illegal im Land aufhielt, benutzte sie ein Alias. Am 6. Januar 1942 starb Tina Modotti mit 45 Jahren im Taxi. Ursache: Herzversagen. Ihr Freund Pablo Neruda schrieb ein Gedicht über den Verlust. Eine Ausstellung zeigte bereits im März 1942 in Mexiko-Stadt ihre unverwechselbaren Fotos.