Thyssen-Krupp bleibt auf Kurs
28. Januar 2016"Die Summe der Teile schafft mehr Wert, als jeder einzelne Geschäftsbereich es jemals könnte." So lautet die Devise von Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger, von der er auch bei der Jahreshauptversammlung nicht abzurücken gedenkt. Prosperierende Sparten des Unternehmens wie etwa Aufzüge oder der Autozulieferbereich stehen für Hiesinger definitiv nicht zum Verkauf.
Nach Jahren der Talfahrt sieht sich Hiesinger mit seinem Konzept des "diversifizierten Industriekonzerns" bestätigt, schreibt Thyssen-Krupp doch inzwischen wieder schwarze Zahlen. Mussten die Aktionäre in den Jahren 2013 und 2014 auf eine Dividende verzichten, so gibt es jetzt pro Aktie immerhin 15 Cent, vier Cent mehr als im Vorjahr. Unter dem Strich schüttet der Konzern fast 85 Millionen Euro an die Aktionäre aus.
Die Thyssen-Krupp AG zählt über 230.000 Aktionäre. Den größten Anteil mit etwas mehr als 23 Prozent hält die Krupp-Stiftung, die den Kurs von Heinrich Hiesinger stützt. Im Unterschied zum schwedischen Finanzinvestor Cevian, der mit rund 15 Prozent das zweitgrößte Paket besitzt.
Doch zusammen mit den Arbeitnehmervertretern führt an der Stiftung im Aufsichtsrat kein Weg vorbei. Insofern kann Heinrich Hiesinger, der einen Vertrag bis 2020 besitzt, die Verbund-Strategie fortführen. Sein erklärtes Ziel ist es, einen Gewinn vor Zinsen und Steuern in Höhe von zwei Milliarden Euro zu erreichen. Auf einen Zeitpunkt lässt er sich allerdings nicht festlegen.
"Schulden mehr als halbiert"
Hinter Thyssen-Krupp liegen verlustreiche Jahre. Die wohl größte Krise des Unternehmens resultierte aus dem Bau von zwei Stahlwerken in Übersee. Die Werke in Brasilien und den USA erwiesen sich als Fass ohne Boden. Statt der veranschlagten drei Milliarden kosteten Thyssen-Krupp diese Projekte über zwölf Milliarden Euro. In den Bilanzen klafften danach Schulden in Höhe von mehr als sechs Milliarden Euro. Für das Werk in den USA fand man nach langem Suchen einen Käufer.
Mittlerweile, so Hiesinger, konnte man die Nettoverschuldung auf 3,4 Milliarden Euro abbauen und zugleich die Eigenkapitalquote von sieben auf neun Prozent steigern. Kritikern ist das jedoch noch zu wenig. Im Vorfeld der Jahreshauptversammlung gab es zum Beispiel auch Forderungen, dass Großaktionäre wie die Krupp-Stiftung im Interesse der finanziellen Stabilisierung des Unternehmens auf die Ausschüttung der Dividende hätten verzichten sollen.
Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger sieht sich gleichwohl auf dem richtigen Weg. Schließlich kann er nach Jahren schwerer Verluste wieder schwarze Zahlen präsentieren. Der ausgewiesene Jahresüberschuss von 268 Millionen Euro entspricht einer Steigerung von ansehnlichen 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Selbst die Stahlsparte, mit der Thyssen-Krupp rund 30 Prozent der Umsätze erwirtschaftet, steuerte Gewinne bei. Der europäische Stahlbereich unter dem Konzerndach erzielte mit knapp 500 Millionen Euro Vorsteuergewinn eine deutliche Verbesserung.
Dabei hat man am Standort Duisburg erst unlängst 200 Millionen Euro in die technische Aufrüstung des größten Hochofens in Europa investiert. Doch beim Stahl fällt der Blick nach vorn mehr als skeptisch aus. Nach wie vor besteht ein hoher Importdruck, da China Überkapazitäten von mehr als 200 Millionen Tonnen pro Jahr zu Dumpingpreisen auf den Markt bringt. Preise, bei denen Stahlproduzenten in Europa nicht mithalten können.
"Komponenten und Aufzüge bringen Milliarden"
Beim Stichwort China sieht der Thyssen-Krupp aber nicht nur schwarz. Dass der Automobilmarkt in China weiter wächst, davon profitiert auch der Essener Konzern. So erzielt die Komponentensparte von Thyssen-Krupp rund 14 Prozent des Umsatzes in China. Tendenz steigend. Außerdem erweise sich der Automarkt auch in den USA als robust. Zu den wichtigsten Abnehmern in Deutschland gehören Automobilkonzerne wie VW, BMW und Mercedes. Unter Dach und Fach sind bereits Verträge in der Größenordnung von mehreren Milliarden Euro. Heinrich Hiesinger: "Die Komponentensparte hat so bereits über 60 Prozent des geplanten Volumens im Jahr 2020 durch Aufträge abgesichert."
Blendend läuft es für Thyssen-Krupp auch in der Sparte Aufzüge, die über ein Drittel des Umsatzes ausmacht. Hiesinger geht von einer Steigerung der Gewinnmarge auf 15 Prozent und damit von mehr als einer Milliarde im Ergebnis aus. Im zurückliegenden Geschäftsjahr lieferte die Aufzugssparte mit 800 Millionen Euro rund die Hälfte des operativen Konzerngewinns von knapp 1,7 Milliarden Euro. Ein Verkauf dieser Sparte kommt nicht in Betracht.
Denn gerade ein diversifizierter Industriekonzern, der integriert geführt werde, sei in der Lage, Kosten zu sparen. Zum Beispiel durch die Bündelung bei der Forschung oder dem Einkauf. Nur so habe man eine Einsparung von 2,7 Milliarden Euro erzielen können. Die Botschaft an die Aktionäre lautet: der eingeschlagene Kurs zahlt sich aus. Heinrich Hiesinger jedenfalls geht bei der Konzernprognose für das laufende Geschäftsjahr von einer Gewinnsteigerung von 13 Prozent aus.