Thailands Junta allergisch gegen Kritik
7. Juli 2015Mit langsamen Schritten nähern sich die sieben Studenten einer Polizeiwache im Zentrum Bangkoks – die Arme umeinander gelegt, zum Zeichen der Geschlossenheit. Sie wollen Anzeige erstatten, wegen übertriebener Polizeigewalt. Was in demokratischen Ländern zum guten Recht eines jeden Staatsbürgers zählt: In Thailand unter der Ägide der Militärjunta wird es zum Politikum. Die Studenten werden umringt von Journalisten, Fotografen, Kamera-Teams. Vor der Polizeiwache treffen sie auf eine andere Gruppe von Demokratieaktivisten aus dem Nordosten des Landes.
Beide Gruppen hatten zum Jahrestag des Militärputsches im Mai 2014 friedlich für Demokratie demonstriert. In beiden Fällen schritt die Polizei ein. In Bangkok wurden dabei mindestens drei Menschen so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Etliche Aktivisten wurden festgenommen. Denn laut Verordnung der Militärjunta sind Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten.
Kritiker werden eingesperrt oder eingeschüchtert
Die Kundgebung vor der Bangkoker Polizeiwache endet spät in der Nacht. Die 14 Studenten rufen eine neue Demokratiebewegung aus und fordern die Menschen des Landes auf, mitzumachen. Das war am 24. Juni. Seit dem 26. Juni saßen alle 14 in Polizeigewahrsam. Angeklagt sind sie nicht etwa wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsverbot, sondern wegen Volksaufhetzung. Darauf stehen in Thailand bis zu sieben Jahre Haft. Das Verfahren soll vor einem Militärgericht und unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten werden. Am Dienstag wurden die Studenten zwar freigelassen, aber das Verfahren gegen sie läuft weiterhin.
International hat die Unerbittlichkeit der Generäle gegenüber den friedlich demonstrierenden Studenten für harsche Kritik gesorgt. Sowohl UN, EU als auch mehrere Menschenrechtsorganisationen haben das Vorgehen der Militärjunta scharf verurteilt. Die aber beeindruckt das offenbar wenig. Militärchef und stellvertretender Verteidigungsminister General Udomdej Sitabutr erklärte am Montag (06.07.20159, die Studenten hätten das Gesetz verletzt, deshalb sei die Regierung gezwungen; rechtliche Schritte einzuleiten. Angehörige und Unterstützer der Aktivisten berichten von Hausbesuchen der Militärs, um sie auf Linie zu bringen.
Öffentliche Diskussionen abgesagt
Aber nicht nur gegen Demokratieaktivisten gehen die Machthaber mit immer härterer Hand vor. Das Regime versucht auch, die Presse einzuschüchtern. Dem thailändischen Fernsehsender PBS droht eine Strafe, weil er über die Studentenproteste berichtet hatte. Den Büros des kritischen Online-Nachrichtendienst Prachatai, der regelmäßig über die Aktivisten berichtete, statteten Militärs einen Besuch ab, um sich über die Aktivitäten der Website zu erkundigen.
Anscheinend will die Militärregierung eine kritische Diskussion über politische Themen am liebsten komplett aus dem öffentlichen Raum verbannen. Kaum ein Tag vergeht, an dem es keine neuen Medienberichte über Repressionen, Drohungen und Verbote öffentlicher Veranstaltungen gibt, die auch nur im Entferntesten mit Politik zu tun haben könnten. Sogar Diskussionen an Universitäten über Themen wie die gesellschaftliche Rolle der LGBT-Gemeinde stehen unter strenger Beobachtung von Polizei und Militär. Veranstaltungen von NGOs oder politischen Stiftungen zu Themen wie Menschenrechten oder dem vielkritisierten Gesetz zum Verbot von Majestätsbeleidigung werden von den Behörden immer öfter verboten. Man habe Bedenken, Diskussionen über diese Themen könnten den öffentlichen Frieden stören, heißt es zur Begründung.
Kritische Fragen unerwünscht
Stattdessen fordert die Regierung die Bevölkerung bei jeder Gelegenheit zur Geduld auf. Journalisten, die General Prayut und seiner Clique kritische Fragen zu den vielen drängenden Problemen des Landes stellen, werden oft harsch abgekanzelt. "Alle Zeitungen greifen mich an. Keiner schreibt darüber, was ich getan habe", lamentierte Prayuth kürzlich, "und wenn doch, dann schreiben sie nur sehr wenig. Alle konzentrieren sich immer nur auf die Konflikte." Er tue sein Bestes, beteuerte er, aber fordert: "Sie müssen mir beim Denken helfen. Und Sie müssen mir Zeit geben, die Probleme zu lösen."
Wie lange er dafür noch Zeit brauche, auch darüber will General Prayuth künftig keine Auskunft mehr geben. "Der Premierminister möchte nicht mehr gefragt werden, ob er noch zwei weitere Jahre im Amt bleiben werde", teilte kürzlich ein Sprecher mit. "Den Premierminister interessiert diese Frage nicht und er wird sie künftig auch nicht mehr beantworten."