Thailand vor Krönung in angespannter Lage
3. Mai 2019Für die Krönung von Maha Vajiralongkorn wird die Altstadt Bangkoks auf Hochglanz gebracht, mit Bambusbesen das Gebiet rund um den Palast minutiös sauber gewedelt. Straßenbemalungen werden frisch aufgepinselt und Bäume in königsgelbe Blumenbouquets gehüllt. Drei Tage lang wird die aufwendige Zeremonie dauern. Der wichtigste Tag ist der erste (Samstag), bestehend aus einer Reihe von buddhistischen und hinduistischen Ritualen. Dazu gehört unter anderem eine Segnung mit Wasser aus allen 76 thailändischen Provinzen. Danach wird Vajiralongkorn unter dem prunkvollen Baldachin die mit Diamanten besetzte "Krone des Sieges" übergeben, die er sich selbst aufsetzt.
Am Sonntag wird der als Rama X. frisch gekrönte Monarch auf einer Sänfte durch das historische Stadtzentrum Bangkoks getragen, vorbei an Hunderttausenden knienden Untertanen. Am Montag wird er auf dem Balkon des Königspalastes die "guten Wünsche des Volkes entgegennehmen" und sich seinerseits an dieses wenden.
"Höhepunkt des Jahres"
"Bereits die Vorbereitungen für dieses einmalige Ereignis sind interessant für uns. Den König live zu sehen wird für mich der Höhepunkt des Jahres!", freut sich eine obligat königsgelb gekleidete Zuschauerin aus einem Vorort Bankoks. Nur die wenigsten Thais haben ihn bislang leibhaftig gesehen, verbringt der 66jährige doch die meiste Zeit in seiner Wahlheimat Deutschland in seinem bayrischen Anwesen am Starnberger See.
Im historischen Stadtzentrum Bangkoks proben Tausende bunt gekleidete Höflinge und Soldaten bei brennender Hitze die prunkvolle Zeremonie. Hängt mal ein Ellbogen etwas lasch, schreitet sofort ein Offizier gegen diese Nachlässigkeit ein. Gleich neben dem Königspalast steht eine Einwohnerin, die sich "Bu" nennt, mit ihrem mobilen Getränkestand und versorgt die durstigen Soldaten mit hausgemachtem Thaitee auf Eis: "Der neue König wird wohl strenger herrschen als noch sein Vater", meint die Teeverkäuferin. "So viele Checkpoints wie jetzt gab es bei den zahlreichen Feierlichkeiten von Bumiphol jedenfalls nicht". Das liege bestimmt an seiner fundierten militärischen Ausbildung, fügt Bu wohlwollend an.
Neuer König ließ bereits seine Muskeln spielen
Abfällige Äußerungen über den König, seien sie auch noch so leise, können mit drakonischen Strafen geahndet werden. Obwohl König Vajiralongkorn nicht der gleiche Nimbus anhaftet wie seinem hochverehrten Vater, ist die Macht des 66jährigen nicht zu unterschätzen. So sorgte er Ende September 2018 dafür, dass der neue Armeechef General Apirat Kongsompong ihm direkt unterstellt wurde und dass mehrere Armeeinheiten in die Region des Palastes verlegt wurden.
Als seine ältere Schwester Ubolratana die amtierende Militärregierung Anfang Jahr mit ihrer geplanten Kandidatur als Premierministerin schockte, wurde sie postwendend von ihrem Bruder zurückgepfiffen. Das Königshaus stehe über der Politik, so die offizielle Begründung. Die "Thai Raksa Chart"-Partei, für welche die Prinzessin ins Rennen steigen sollte und die enge Verbindungen zum ehemaligen Regierungschef Thaksin Shinawatra unterhält, wurde kurz darauf gerichtlich aufgelöst.
Gegen den geflüchteten Thaksin, der aus dem Ausland immer noch die Geschicke der militärkritischen Opposition lenkt, folgten weitere Angriffe. Alle seine königlichen Auszeichnungen werden ihm entzogen. Am Abend vor den Wahlen wandte sich das Königshaus an seine Untertanen mit dem Appell, "gute Leute" zu unterstützen, um "schlechte Leute zu kontrollieren", damit letztere kein "Chaos" anrichten. Für Experten ein weiterer Seitenhieb Richtung Thaksin.
Opposition befürchtet Machenschaften
Die königstreue militärnahe "Phalang Pracharat"-Partei errang zwar Mitte März einen knappen Wahlsieg an der Urne. Unregelmäßigkeiten bei der vom Militär eingesetzten Wahlkommission ließen aber rasch Wahlbetrugsvorwürfe aufkommen. "Unter Einfluss des Militärs manipuliert die Wahlkommission das Wahlresultat. Die wahren Stimmen von Thailands Bürgern werden nicht respektiert", behauptet Tatchapong, Sekretär der oppositionellen "Young People for Social Democracy". Von Wählereinschüchterungen durch Militärs in Wahllokalen, Stimmenauszählungen in dunklen Hinterzimmern und Unterschlagung von Stimmzetteln ist die Rede. "Wir sammeln Unterschriften zur Auflösung der Wahlkommission", sagt Tatchapong. Über 850.000 Unterstützer hat die Onlinepetition bereits. Davon unbeeindruckt brütet die Wahlkommission seit Wochen an einem Proporzschlüssel für die Vergabe der Parlamentssitze. Die verwendete Auszählungsformel solle vor allem an den Sitzen der Opposition sägen, monieren Vertreter der militärkritischen "Future Forward"-Partei.
Prozesslawine gegen Konkurrenten des Militärs
Deren Chef Thanathorn Juangroongruangkit wurde vergangene Woche von der Wahlkommission angeklagt. Der Vorwurf lautet, er habe bei seiner Kandidatur Aktien einer Mediengesellschaft besessen, was gemäß thailändischem Wahlgesetz nicht erlaubt ist. Der 40jährige bestreitet den Vorwurf vehement. Thanathorn füllte das Vakuum des gestürzten Populisten Shinawatra als charismatischer Gegenpol zum Establishment und wurde somit zur Gefahr für die Regierungspläne der Armee. Ob der politische Senkrechtstarter disqualifiziert, freigesprochen oder gerichtlich angeklagt wird, wird noch entschieden. Aber damit nicht genug: Es sind bereits 16 weitere Klagen gegen Thanathorn und seine Partei anhängig. Sie könnten im Erfolgsfall die Auflösung der "Future Forward"-Partei bedeuten und damit die geplante demokratische Koalition scheitern lassen. Aber die gesamte Aufmerksamkeit richtet sich zunächst auf die Ansprache des neuen Königs am Montag.