Tesla, die Gigafactory und Grünheide
25. November 2019Grünheide ist eine beschauliche Gemeinde mit 8500 Einwohnern rund 40 Kilometer vor Berlin. Hier möchte der Tesla-Chef seine sogenannte Gigafactory bauen. Ab 2021 sollen aus der Fabrik Elektrofahrzeuge rollen. Die Region rund um Grünheide ist mit schönen Wäldern gesegnet, es gibt zehn Seen, zwei Flüsse - und nur eine öffentliche Tesla-Ladestation. Die liegt beinahe versteckt auf der Rückseite einer Tankstelle.
Peer Heineken braucht die öffentliche Steckdose nicht. Der 46-Jährige ist Besitzer eines Teslas und hat im Ortsteil Kagel seine eigene Ladestation. Der IT-Spezialist ist vor sieben Jahren aus Berlin hergezogen. Für seine zwei Söhne habe er sich gewünscht, dass sie "in einer heimeligen Umgebung mit Wald und Natur groß werden", erzählt er im Gespräch mit der DW.
Sein Job ermögliche ihm zu arbeiten, ohne dabei viel zu reisen. Und selbst wenn: Der neue Flughafen Berlin-Brandenburg entsteht ganz in der Nähe - so habe er es sich beim Umzug damals gedacht. Die vielen Verzögerungen beim Bau des Flughafens haben ihm dann einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Airport eröffnet voraussichtlich im Herbst nächsten Jahres - wenn alles nach Plan läuft.
Musk ist ein Dauerthema
Über den Unternehmer Elon Musk und seine zahlreichen Projekte hat die Familie schon oft und ausgiebig diskutiert. Auch schon, bevor vergangene Woche bekannt wurde, dass die neue Tesla-Fabrik in dem Ort entstehen soll, in dem die Familie lebt. Vor allem sein älterer Sohn Silas hat sich viel mit dem Unternehmer Musk und seinen Projekten beschäftigt. Er habe sich eine komplette Hörbuch-Biografie angehört und er beschäftige sich damit, was ausländische Medien über Musk, Tesla und SpaceX berichten.
"Mich fasziniert, dass Elon Musk das herkömmliche System aufräumt. Und er behält eine sehr jugendliche Art. Er mag zwar der reiche, erfolgreiche Businessman sein, dennoch kann er immer lustig und humorvoll mit den Dingen umgehen", schwärmt der 13-jährige Silas gegenüber der DW.
Die nun geplante Gigafacory hat in der Familie neue Diskussionen entfacht. Und diesmal betreffen sie die Pläne von Elon Musk direkt. "Ich hadere etwas mit mir", sagt Peer Heineken. "Auf der einen Seite finde ich Musk und seine Innovationskraft wirklich toll, und es wird sicherlich auch technologisch spannend, was hier passiert. Ich sehe aber auch das riesige Waldstück, was dafür hier abgeholzt wird. Und ich sehe unser beschauliches Grünheide, in dem man nicht weiß, wo die Reise hingeht, wenn hier auf einmal 10.000 Menschen täglich einfallen und eventuell tausend bis zweitausend neue Bewohner herziehen." Schon jetzt hätte man Probleme mit dem Nahverkehr und verstopften Straßen. Der Bau der neuen Fabrik wird wohl "Segen und Fluch zugleich sein", sagt Heineken.
Ein Schub für die Elektromobilität
Sein Sohn Silas sieht die Pläne überwiegend positiv. Grünheide könne dadurch eine bessere Infrastruktur und mehr Ladestationen bekommen. "Es wird sich noch einiges im Umkreis verändern müssen." Deutschland brauche generell mehr E-Autos und Elektromobilität. "Tesla kann sicherlich dabei helfen."
Sein Vater glaubt, dass auch die Kommunen gefragt sind. Die müssten bereit sein, die "Extrameile" zu gehen und die Region zu einer Art Vorbild für erneuerbare Energien, schnelles Internet, moderne Verkehrsanbindung und attraktive Freizeitmöglichkeiten zu machen.
So oder so - die Heinekens bleiben Tesla-Fans. Ihre Ladestation wird von einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach gespeist. Zwei Akkus speichern die Energie. Beim Kauf des Autos habe er ein bisschen die "Vernunft mit der Unvernunft" verbunden, erzählt Peer Heineken. "Ich wollte ein schönes, schnittiges Auto, aber eben auch eines, das ich mit Sonnenenergie zu Hause laden kann, ohne CO2-Fußabdruck. Es war keine schnelle Entscheidung, aber eine, die ich später nie bereut habe."
Sein Sohn legt noch eine Schippe drauf. Es sei das beste Auto, in dem er je gefahren sei. Die neue Fabrik in Grünheide sieht der 13-Jährige auch als persönliche Chance: "Ich würde auf jeden Fall in Erwägung ziehen, da mal eine Zeit lang zu arbeiten - und vielleicht ja sogar mein ganzes Berufsleben lang", schwärmt Silas.
"Bei mir in der Klasse sind viele Tesla-Fans. Meine Freunde habe ich mit meinem Enthusiasmus angesteckt", erzählt der Teenager mit einem Lachen. "Wir schmieden manchmal Pläne, wer dort was arbeitet."
Noch weiß niemand, wie die Fabrik das Leben in Grünheide verändern wird. Der IT-Ingenieur Peer Heineken glaubt, dass der Schritt von Elon Musk strategisch durchdacht ist. Die deutschen Autobauer seien unter Druck und "Musk hat natürlich die Zulieferer im Blick, von denen viele in Deutschland ansässig sind". Es sei aber auch seine Art, mit einem "Augenzwinkern" die Konkurrenz herauszufordern. "Für die deutsche Autoindustrie ist es hoffentlich ein Weckruf, mehr in E-Mobilität zu investieren."