Teheran verteidigt Fischerei-Deal mit China
2. September 2018Im Oktober 2017 teilte das chinesische Landwirtschaftsministerium auf seiner Webseite mit, dass fünf Fischereischiffe aus der Provinz Shandong in See gestochen seien und im November ihren Zielhafen Bandar Abbas erreichen würden. Bandar Abbas ist der iranische Hafen an der Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman.
In der Mitteilung des Ministeriums werden technischen Details der Schiffe und ihre Aufgaben näher beschrieben: Demnach verfügen die Schiffe über einen Elektroantrieb mit 1750 KW Leistung, eine Länge von 50 Metern und einer Ladefähigkeit von 722 Tonnen. Hauptsächlich sollen sie Schwert- und Tintenfisch fangen. Zum Verkauf auf dem chinesischen Markt.
Zum Schluss wird die politische Dimension der Fischfangflotte klar beschrieben: "Hiermit organisiert die Provinz Shandong erstmals eine Hochsee-Fischfangflotte zum Einsatz in iranischen Gewässern. Damit erweitert die Provinz Shandong ihre Fischfang-Operationen weit jenseits ihrer Küste und fördert wirksam die Fischerei-Kooperation mit anderen Ländern im Zuge der Belt and Road-Initiative."
Unruhe bei lokalen Fischern
Die iranischen Fischergemeinden scheinen aber von dieser Kooperation weniger angetan zu sein, wie jetzt bekannt wurde. "Dass es solch einen Pachtvertrag (zur Nutzung der Fanggründe im Persischen Golf) zwischen China und dem Iran gibt, sickerte durch, nachdem die Präsenz ausländischer Fischer- und Schleppnetzboote in den Gewässern von Chusistan (Nordspitze des Persischen Golfes) zu Unruhe bei der Lokalbevölkerung geführt hatte", schreibt die Exil-Webseite "Iran News Wire". Zuerst habe die Regierung in Teheran behauptet, dass die Schiffe iranischer Herkunft wären und Lizenzen der iranischen Fischereibehörde hätten. "Aber schon bald wurde klar, dass China alles jagt und wegfischt, was sich unter der Meeresoberfläche befindet", schreibt die regierungskritische Plattform "Iran News Wire", freilich ohne dies zu belegen.
Offizielle iranische Stellen sahen sich in den vergangenen Wochen, offenbar nach Protesten von Fischern und anderen Betroffenen, genötigt, verschiedene und sich teilweise widersprechende Stellungnahmen über die Präsenz chinesischer Fischerboote in iranischen Gewässern abzugeben.
Windungsreiche offizielle Stellungnahmen
So teilte Mohammad-Ali Hassanzadeh, stellvertretender Direktor der staatlichen Organisation für Häfen und Sonderwirtschaftszonen, mit: "Die Chinesen haben mit unserer Fischereiorganisation einen langfristigen Vertrag geschlossen. Ihre Fischerboote sind, anders als unsere Boote, mit einer Technologie ausgerüstet, die ihnen erlaubt, Fische in 200 Metern Tiefe zu fangen."
Demnach dürfte es sich um ein sogenanntes pelagisches Schleppnetz handeln, das zwischen Meeresgrund und Oberfläche geschleppt wird (in der Mitteilung auf der chinesischen Webseite war die Rede von "single-towing fishing operations", das heißt, jedes Boot schleppt sein eigenes Netz). Das pelagische Netz ist laut Greenpeace heute neben dem Grundschleppnetz das wichtigste Fanggerät in der Hochseefischerei. Eine Netzfüllung kann bis zu 500 Tonnen Fisch liefern, einschließlich riesiger Mengen an Beifang, eine der Gründe, warum diese Form der Fischerei stark kritisiert wird.
Im Gegensatz zu der oben zitierten Aussage des stellvertretenden Direktors der staatlichen Organisation für Häfen und Sonderwirtschaftszonen sagte Shapour Kakoulaki, Vertreter der iranischen Fischereiorganisation, gegenüber der Nachrichtenagentur ILNA: "Kein einziges ausländisches Schiff oder Boot, sei es aus China oder Indonesien oder sonst woher, darf sich in iranischen Gewässern bewegen, weil dies im Gegensatz zu militärischen Richtlinien und Sicherheitsvorschriften der islamischen Republik steht." Kakoulaki bestätigte gleichzeitig, dass "ein chinesischer Staatsbürger eine Firma im Iran eingetragen hat und laut Vertrag 80 chinesische Fischerboote in Irans südliche Gewässer bringen wird, die dort Fischfang betreiben werden."
Außenminister Sarif: Viele machen es so
Auch der iranische Außenminister Mohamed Dschawad Sarif äußerte sich in einem Interview des iranischen Fernsehens Ende August zu dem Thema, und zwar diplomatisch-indirekt: "Überall auf der Welt wird es erlaubt, Territorialgewässer zu nutzen, wenn einheimische Fischer nicht dazu in der Lage sind. Ich bin zwar in dieser Branche kein Experte, aber solche Nutzungen sind nicht unüblich. Man hat eine Quelle, nicht wie Öl, sondern eine Quelle von Lebewesen. Wenn man diese Quelle nicht nutzt und verbraucht, versiegt sie. Wenn man also nicht im Stande ist, diese Quelle selbst zu nutzen, muss man es anderen erlauben, in diesem Fall Fischfang zu betreiben. Viele machen es so."
Mit anderen Worten: Die Aktivität chinesischer Fangflotten dient letztlich sogar einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Fischgründe in iranischen Gewässern. Diese Sicht wird Teheran gegenüber Umweltschützern und der eigenen Fischereigemeinde wohl noch etwas besser begründen müssen - wenn sie es kann.