Ansbach: Verdächtigem drohte Abschiebung
25. Juli 2016Der syrische Flüchtling, der sich in Ansbach in die Luft gesprengt hat, stand vor der Abschiebung nach Bulgarien. Dort sei der Mann vor seiner Einreise nach Deutschland ursprünglich registriert worden, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin mit. "Ich kann Ihnen zur Stunde nicht sagen, warum diese Abschiebung nicht vollzogen wurde", fügte er hinzu. Abschiebungen lägen in der Zuständigkeit der Länder.
Der 27-jährige, der in der Bundesrepublik erfolglos Asyl beantragt hatte, hat am Sonntagabend eine Bombe nahe einem Open-Air-Konzert gezündet. Er selbst starb dabei. Nach neuen Angaben der Polizei wurden 15 Menschen verletzt, vier von ihnen schwer. Bevor der Mann den Sprengsatz mit scharfkantigen Metallteilen in seinem Rucksack zur Explosion brachte, hatte er laut Ermittlern versucht, auf das Festivalgelände zu kommen. Dies wurde ihm aber verwehrt.
"Nachsicht mit allen Handelnden"
Das Motiv für den Angriff ist noch nicht bekannt. Für einen islamistischen Hintergrund gebe es bisher "keinen belastbaren Hinweis", sagte der Sprecher des Innenministeriums. Er bat zugleich um "Nachsicht mit allen Handelnden". Der bayerische Ressortchef Joachim Herrmann hatte in der Nacht erklärt, die Art der Explosion lege einen islamistischen Anschlag nahe. Der Syrer war allerdings wegen mehrerer Selbstmordversuche bereits in psychiatrischer Behandlung.
Unterdessen beschlagnahmte die Polizei mehrere Gegenstände in einer Ansbacher Flüchtlingsunterkunft. Ob es sich bei dem früheren Hotel um die Unterkunft des Täters handelte, wollte die Polizei nicht sagen. Mitarbeiter der Spurensicherung trugen mehrere Kisten, Säcke und Tüten unbekannten Inhalts aus dem Gebäude. "Im Umfeld des Verstorbenen sind Ermittlungen zugange, die wir aber derzeit noch nicht näher konkretisieren können", so ein Polizeisprecher. Auch am abgesperrten Tatort liefen die Ermittlungen weiter.
US-Militärs sichern Kasernen
Nach der Bombenexplosion wurden die Sicherheitsmaßnahmen am US-Militärstandort in Ansbach erhöht. Bestimmte Zugänge zu Kasernen sollen bis auf weiteres geschlossen bleiben. Die acht Kasernen mit rund 8000 Militärangehörigen bilden die strategische Luftverkehrsdrehscheibe für die US-Landstreitkräfte in Europa.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière warnte unterdessen davor, Asylbewerber generell mit dem Thema Terrorismus in Verbindung zu bringen. "Wir dürfen Flüchtlinge nicht unter Generalverdacht stellen, auch wenn es in einzelnen Fällen Ermittlungsverfahren gibt", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der "Funke-Mediengruppe". Aktuell gebe es "59 Ermittlungsverfahren wegen eines Verdachts der Verwicklung in terroristische Strukturen - und das bei vielen Hunderttausend neu angekommenen Menschen."
jj/sti (dpa, afp)