Taliban setzen Übergangsregierung ein
7. September 2021Der Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte auf einer Pressekonferenz in Kabul, man habe sich darauf geeinigt, ein Übergangskabinett zu ernennen und bekanntzugeben, "um die notwendigen Regierungsarbeiten durchführen zu können".
Mullah Mohammed Hassan Achund, der die Regierung führen soll, ist eines der Gründungsmitglieder der Taliban, war zuletzt in ihrem Führungsrat, der Rahbari Schura, und gilt als enger Vertrauter des Taliban-Führers Haibatullah Achundsada. Der aus Kandahar stammende Achund hielt bereits während der ersten Taliban-Herrschaft wichtige Posten und gilt als gemäßigt. Akhund war zudem enger Weggefährte von Mullah Omar, einer der Gründer der Taliban und Staatsoberhaupt während der ersten Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001.
Zwei Stellvertreter für Achund benannt
Zu einem von zwei Stellvertretern Achunds wurde Mullah Abdul Ghani Baradar ernannt, der bisherige Vizechef der Taliban, der 2020 für die Taliban das Abkommen mit den USA unter anderem über ein Ende des US-geführten Militäreinsatzes in Afghanistan unterzeichnet hatte. Zweiter Stellvertreter ist Maulawi Abdul Salam Hanafi, der zuletzt im politischen Büro der Taliban in Doha tätig war.
Die beiden bisherigen Taliban-Vizechefs Mullah Jakub und Siradschuddin Hakkani werden Verteidigungsminister beziehungsweise Innenminister. Hakkani ist Sohn des Gründers des Hakkani-Netzwerks, das die USA als terroristische Organisation einstufen. Für den Posten des Außenministers ist Abas Staniksai eingeplant.
33 Posten vergeben
Insgesamt besetzten die Taliban 33 Posten. Der Sprecher wies darauf hin, dass alle Posten in der Regierung zunächst kommissarisch vergeben wurden. Die Ernennung der verbleibenden Führungspositionen von Ministerien und Institutionen werde man nach "langer Überlegung" sukzessive bekanntgeben, sagte Mudschahid.
Die Ernennung von Achund zeige, "wie wenig wir im Westen über die Taliban wissen und ihre Entscheidungen voraussagen können", sagt der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig von der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network. Vor der Bekanntgabe waren die allermeisten Beobachter davon ausgegangen, dass Mullah Baradar Premierminister wird.
Die Taliban hatten nach massiven militärischen Gebietsgewinnen Mitte August die Macht in Afghanistan übernommen. Der bisherige Präsident Aschraf Ghani war kurz davor aus dem Land geflohen. Seit ihrer Machtübernahme bemühen sich die Islamisten um eine gemäßigtere Außendarstellung als zu Zeiten ihrer Schreckensherrschaft zwischen 1996 und 2001. Es besteht dennoch weiter die Sorge, dass die militante Gruppe ihre Herrschaft auf Unterdrückung und drakonischen Strafen gründen könnte.
kle/qu (rtr, ape, dpa)